Debütalbum Debütalbum: Kraftklub «Mit K» Nummer eins in Deutschland

Chemnitz/dpa. - Ein ordentliches Saufgelage sollte es schongeben, wenn es «nur» ein Platz in den Top Ten geworden wäre. «Fallses die Top Fünf wird, können wir den Tag danach sicher nicht mehrstehen», hatte Sänger Felix Brummer vorhergesagt, als er am Montag imKreis seiner Bandkollegen von Kraftklub noch ganz harmlos an einerTasse Kaffee in einem Chemnitzer Restaurant nippte. Wenig spätererfuhren die fünf Chemnitzer Anfang 20, dass sie jetzt die NummerEins in Deutschland sind - mit ihrem Debütalbum «Mit K». Der Brudervon Felix und Bassist der Band, Till Brummer, hat nun ein paar Wettenverloren. Geld gehe ihm zwar nicht flöten, er müsse nun aber «großepersönliche Leiden» ertragen. Was immer es ist: Es sollteverschmerzbar sein.
Dass Kraftklub nun, wie am Dienstag offiziell bekannt wurde, von 0auf 1 die Charts stürmte, ist der vorläufige Höhepunkt einerKarriere, die bislang nur eine Richtung kannte: steil bergauf. DieKritik liegt ihnen zu Füßen, von der derzeit aufregendsten deutschenBand ist gar die Rede. Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass diefünf Chemnitzer Kraftklub gründeten. Mit der Mischung ausIndie-Gitarrenrock und den zumeist im Rap-Duktus vorgetragenen Textenscheinen sie jedenfalls einen Nerv getroffen zu haben. Nach denersten Auftritten kommen schnell die nächsten, irgendwann sind sieVorband von Fettes Brot und den Beatsteaks und werden für Festivalsgebucht.
«Wir hatten nur 7 Songs, aber wir sollten dort 50 Minuten spielen.Wir mussten einfach mehr Lieder schreiben», erzählt Felix. Deshalbseien viele Lieder im Tourbus entstanden - und erst bei denSoundchecks eingespielt worden. «Wir wissen gar nicht, wie das ist,im Studio oder im Proberaum klassisch Songs zu erfinden.»
Für Preise hat jedenfalls schon die unorthodoxe Methode gereicht.2010 gewann die Band den New Music Award der ARD-Jugendwellen, 2011kam Kraftklub bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest mit der bisheute aus dem Hauptstadt-Radio nicht mehr wegzudenkenden Hymne «Ichwill nicht nach Berlin» auf den fünften Platz. Da galten sie längstnicht mehr als Geheimtipp - obwohl ihr Debüt-Album erst jetzt, am 20.Januar, auf den Markt kam. Ihre 13 Songs darauf haben sie seit langemschon live gespielt, zuletzt waren ihre Konzerte immer ausverkauft.
Felix ist Jahrgang 89 - wenn das keine Einladung an das Feuilletonzu einer Debatte um Selbstverständnis und Haltung ostdeutscherWendekinder ist. Er schreibt schließlich auch die Texte vonKraftklub, meistens allein, manchmal mit Co-Sänger und Gitarrist KarlSchumann. Es sind echte Slogans darunter, wie es sie seit denfrüheren Tocotronic-Songs nicht mehr gibt, die Zeilen sprühen vorWitz, Ironie - und charmanter Selbstüberschätzung. «Wir sind Deineneue Lieblingsband - die Lieblingsband Deiner Lieblingsband» heißt esda, oder «Unsere Eltern kiffen mehr als wir, wie sollen wirrebellieren? ... Wir sind geboren im falschen Jahrzehnt».
Ihren Herkunftsort tragen sie mehr als andere Bands vor sich her.Im Chemnitzer Restaurant schwören alle fünf, dass in ihrenPersonalausweisen als Geburtsort Karl-Marx-Stadt verzeichnet ist.Eigene Erinnerung an die Zeit vor dem Namenswechsel ihrer Heimatstadt1990 zurück zu Chemnitz kann zwar keiner von ihnen haben. Sie singentrotzdem davon, aus «Karl-Marx-Stadt» zu kommen, Verlierer zu sein,«original Ostler».
Durch die Touren, die ihnen laut Felix «das Allerwichtigste» sind,sind die Kraftklub-Mitglieder aber eh ständig auf Reisen. Ob sie nunwirklich, wie in ihrem Hit versprochen, nie nach Berlin umziehenwerden? Die Texte seien «keine in Stein gemeißelten Wahrheiten», sagtFelix. Er wolle sich auch nicht in einen «Käfig der eigenen Ansagen»sperren. Kraftklub, das ist für ihn auch immer so ein«Klassenfahrt-Ding», sagt er. Was danach kommt? «Wir sind Anfang 20und haben einfach die Möglichkeit, ganz, ganz krass aufregende Sachenzu erleben. Fünf Kumpels. Und das machen wir jetzt einfach.»
