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DDR-Schlagerduo H&N DDR-Schlagerduo H&N: Baby aus Halle sie kommen!

Von andreas Montag 07.05.2013, 18:38
Holger Flesch (r.) und Norbert Endlich sind H&N.
Holger Flesch (r.) und Norbert Endlich sind H&N. warner music/mathias bothor Lizenz

halle/MZ - Jetzt wird es ernst für eine Hallenserin, Mitte der Vierzig muss die Frau inzwischen sein. Und vielleicht immer noch „so lieb, so wuschlig und so zart“? Oder eher hart? Wer weiß. Das Schlagerduo H&N jedenfalls, in den letzten Jahren der DDR ein Knaller im hausgemachten Popgeschäft, kehrt jetzt nach 25 Jahren aus der Versenkung zurück. Und ihren größten Hit haben Holger Flesch und Norbert Endlich natürlich immer noch drauf: „Baby aus Halle, du machst mich alle“. Dieses flotte Werk haben die Künstler für ihr Comeback-Album eigens neu aufgenommen. Und nach Halle kommen sie demnächst selbstverständlich auch: Weißenfels, Bitterfeld, Halle-Neustadt steht für den Dienstag kommender Woche auf dem Zettel für die Autogrammstundentour der beiden Mittfünfziger. Um 17 Uhr sind sie gegenständlich zu besichtigen im Neustadt-Centrum, Zeit genug also für das Baby aus Halle, sich ein bisschen hübsch zu machen. Herzklopfen kostenlos, heißt die Parole.

„Früher Oder Später“ haben H&N ihren neuen, von Warner Music produzierten Tonträger genannt, am Freitag soll die Scheibe in den Handel kommen und wird im Voraus mit einigem Aufwand ins Licht der Öffentlichkeit gerückt.

Am Samstag sind Flesch und Endlich „Willkommen bei Carmen Nebel“ im ZDF. Das ist die Fernsehunterhaltungs-Ikone dem Duo aus dem Osten, woher sie schließlich selber kommt, wohl schuldig. Gut möglich, dass sie in ihren Anfangsjahren als Moderatorin beim DDR-Fernsehen schon einmal mit den Herren von H&N zu tun gehabt hat.

Das Titellied des Albums „Früher Oder Später“ erzählt vom glücklichen Wiederfinden der soften Barden, sie haben sich das Stücklein sozusagen in eigener Sache auf die Leiber geschrieben. Mit ihrer „Reunion“, wie man den Entschluss von Künstlern neudeutsch nennt, nach einer kürzeren oder längeren Zeit des mehr oder weniger erfolgreichen Getrenntseins wieder gemeinsam die Bühnen und Hitparaden erstürmen zu wollen, bestätigen Flesch und Endlich im Übrigen nur einen bemerkenswerten Trend, der zumal den Osten der Republik seit Jahren prägt und immer noch stärker wird.

Die Idee wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift, lernte jedes DDR-Schulkind von den Klassikern des Marxismus-Leninismus. Wie recht sie doch hatten! Dass ausgerechnet die Popmusik diesen Beweis antreten würde - und sozusagen posthum, das überrascht dann doch. Jedenfalls auf den ersten Blick.

Beim näheren Hinsehen wird man allerdings eine Logik erkennen, die der Nostalgie als Antrieb innewohnt. Zunächst, nachdem die DDR in Agonie gelegen hatte und dann von der politischen Landkarte verschwand, wollten nur wenige Mitbürger an ihre Ost-Vergangenheit erinnert werden. Rasch war das Malimo-Jäckchen abgeworfen und der Blick gen Westen gerichtet - wo all die schönen Dinge warteten, die man, freilich für „richtiges“ Geld, nun auch haben konnte. Später kam, nicht nur immer wieder sonntags, die Erinnerung. Da waren mit der eigenen Biografie auch die alten Lieder wieder da.

Holger Flesch und Norbert Endlich, beide vom Jahrgang 1958 und aus Thüringen stammend, hatten den Sprung schon zwei Jahre vor Ladenschluss geschafft. Beide waren als H&N seit den frühen 80er Jahren gut unterwegs gewesen im DDR-Unterhaltungsstadl. Im März 1987 kehrten die Dauervisum-Inhaber von einer Gastspielreise durch die Bundesrepublik nicht in den Arbeiter- und Bauernstaat zurück. Den Grund werden viele ihrer Landsleute durchaus neiderfüllt verstanden haben: Die Musiker fühlten sich gegängelt und unfrei im real existierenden Sozialismus. Und sie wollten einmal nach L. A., Los Angeles, die Stadt der Engel und der Träume, die dann in der Realität am Sunset Boulevard auch mal platzen können. Aber man muss es wenigstens einmal ausprobiert haben dürfen.

Flesch und Endlich haben im Westen zunächst versucht, als H&N weiterzumachen, aber die Marke war auf diesem Markt eben keine Marke. Sie nannten sich fortan Boys Next Door und liefen 1988 schließlich doch auseinander, nachdem sie Roy Black noch den Song „Kein Morgen danach“ komponiert hatten. Holger Flesch zog es in die Welt, Norbert Endlich arbeitete als Komponist und Produzent - auch für seine Tochter Ella Endlich und für Roland Kaiser.

Nun, ein Vierteljahrhundert älter, sind sie wieder unter ihrem alten Namen am Start und wollen auf der Retro-Welle mitsurfen, die von Kap Arkona bis zum Fichtelberg schäumt. Ein bisschen ist es ja wie im Märchen: Je mehr Ostkünstler von dem Kuchen essen, um so größer scheint er zu werden.

Denken wir nur an Ute Freudenberg, die mit ihrer „Jugendliebe“ zwar ein bisschen in die Jahre, aber eben auch bestens durch die Zeiten gekommen ist. Und Silly ist mit Anna Loos an Stelle der verstorbenen Sängerin Tamara Danz so erfolgreich wie früher. Auch altgediente Bands wie die Puhdys und City sind bestens im Geschäft. Sie waren zwar nie wirklich weg vom Fenster, aber in den ersten Jahren nach der Wende fielen die Brötchen deutlich kleiner aus.

Kein Problem für Künstler, die gut gewirtschaftet und am besten noch ein zweites Standbein hatten - ein Studio zum Beispiel, in dem sie andere Musiker produzierten. Dann, erinnert sich Toni Krahl von City, ging es langsam wieder bergauf: Erst spielte man in kleineren Hallen in kleineren Orten, schließlich wuchs sich das Interesse aus. Und heute darf es schon mal ein Open-Air-Konzert sein, zu dem sich Tausende auf die Socken machen. Auch jüngere Leute sind darunter, die von ihren Eltern die Liebe zum westdeutschen „Tatort“ abgeschaut und sich deren Sinn für den Ost-Pop aus den Siebzigern zu eigen gemacht haben. So wächst zusammen, was zusammen gehört.

Nun treten also H&N auf den Plan, mit neuen Schlagerliedchen, die zu klopfenden Computerbeats von der Liebe und ein bisschen von der Weisheit der Jahre berichten. Und ein paar alte Hits sind auch dabei, das Baby aus Halle mag jauchzen vor Glück. Das ist doch ein wirklich positiver Schluss in schwierigen Zeiten wie diesen.

Das Duo H&N mit Fotos, TV- und Autogrammterminen im Netz:www.hnmusik.de