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DDR-Geschichte DDR-Geschichte: An «Erichs Lampenladen» erinnert nur noch wenig

Von Maren Martell 18.04.2011, 07:21
Blick auf einige der typischen Kugellampen und die Westfassade im Palast der Republik in Berlin mit dem Emblem der DDR an der Fensterfront, aufgenommen im Juni 1976. Vor 35 Jahren, am 23.04.1976, wurde der Palast der Republik feierlich eröffnet. (ARCHIVFOTO: DPA)
Blick auf einige der typischen Kugellampen und die Westfassade im Palast der Republik in Berlin mit dem Emblem der DDR an der Fensterfront, aufgenommen im Juni 1976. Vor 35 Jahren, am 23.04.1976, wurde der Palast der Republik feierlich eröffnet. (ARCHIVFOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Berlin/dpa. - Das mächtigste Paar der DDR, Erich und MargotHonecker, schwangen zu Walzerklängen das Tanzbein: Mit fast 4000Gästen feierten sie am 23. April vor 35 Jahren den Palast derRepublik als neues «Haus des Volkes». Jahrelang tagte dort - eherunscheinbar - das DDR-Parlament. Die SED nutzte ihn für ihreJubel-Parteitage. In der Bevölkerung war der Prestigebau vor allemwegen seiner Restaurants, kulturellen Veranstaltungen und derBowlingbahn beliebt.

Inzwischen erinnert nicht mehr viel an den Palazzo Prozzo. Aufder Riesenbrache mitten in Berlin wächst seit seinem Abriss Rasen.Bis 2019 soll dort das Humboldt-Forum mit den historischen Fassadendes Stadtschlosses entstehen. Bei schönem Wetter liegen derzeit dieSonnenanbeter dort. Palast-Möbel und Gemälde lagern noch in Museum.

Für den Bau des Volkshauses hatte die DDR demonstrativhistorischen Boden genutzt: Einst stand dort die Residenz derpreußischen Könige, die im Krieg bei einem Bombenangriff beschädigtwurde. 1950 beschloss SED-Chef Walter Ulbricht die Sprengung. Derein Vierteljahrhundert später errichtete Palast der Republik wurdemit fast 500 Millionen Ostmark der teuerste Prachtbau derDDR-Geschichte. Weißer Marmor wurde gelegt, mehr als 10 000Kugelleuchten aufgehängt - daher der Spottname «Erichs Lampenladen».

In nur 32 Monaten Bauzeit ließ die DDR-Führung den 180 Meterlangen und 86 Meter breiten Beton- und Glasklotz hochziehen. Gut5000 Tonnen Asbest wurden dabei als Brandschutz verwendet. Gleichnach dem Mauerfall wurde der Palast deswegen dicht gemacht. Danachgab es eine heftige Debatte über seine Zukunft. Zwischendurch lebtedas Gebäude nochmal auf: Die für 87 Millionen Euro asbestentkernte,graffitiverschmierte Ruine wurde zum Schauort von mehr als 900Kunst-Events mit schätzungsweise 650 000 Besuchern.

2006 besiegelte der Bundestag schließlich das Aus des Palastes.Wenige Wochen später rückten die Abrissbagger an. Tonnenweise Kiesmusste dann in das Abrissloch gekippt werden, um den benachbartenBerliner Dom nicht zu gefährden.

Für viele Ostdeutsche ging mit dem Palast-Abriss ein Stück ihrerGeschichte verloren. Das Gebäude am früheren Marx-Engels-Platz warauch als kultureller Treffpunkt angesagt: Stars wie Harry Belafonte,Katja Ebstein und Udo Lindenberg traten dort auf.

Der Abriss verschlang nochmal 32 Millionen, weil weitereAsbestreste gefunden wurden. Die Betonteile wurden geschreddert undfür den Straßenbau verwendet. Die braungetönten Fensterscheibengingen kostenlos an Museen und Universitäten. Auch zahlreicheKünstler transportierten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklungzufolge die bis zu 290 Kilogramm schweren Doppelglasscheiben ab.

Einige Stühle, Büromöbel und Gemälde befinden sich heute imDeutschen Historischen Museum in Berlin, darunter auch die «GläserneBlume» sowie das große Porzellanrelief aus dem Palastrestaurant.Außerdem lagert im Museumskeller der rostige Stahlrahmen, der einstan der Palastfassade das DDR-Staatswappen mit Hammer, Zirkel undÄhrenkranz hielt. Das Emblem war bereits 1990 an das Haus derGeschichte in Bonn gegangen. Türen, Fahnen und Lampen sowie dielegendäre Milchbar liegen weiter in ehemaligen Kasernen inBerlin-Spandau.

Suppenteller, Kaffeekannen, Mokkatässchen oder Tischdecken ausdem Palast hatte jahrelang ein Antiquitätenhändler am Kurfürstendammverkauft. Abnehmer dafür fand er sogar in Australien, Japan und denUSA. Ganze Kaffeegedecke oder Besteckgarnituren werden immer noch imInternet angeboten. So gibt es Original-Kuchenteller mit Goldrandund «PdR»-Signet für 18 Euro. Die Glas-Leuchten im Stil der 70erJahre sind für 115 Euro zu haben.