«Das Bauhaus am Kiosk» «Das Bauhaus am Kiosk»: Projekt zu Typografie und Zeitschriften-Gestaltung erarbeitet

Erfurt/Berlin/dpa. - «Es ist eines der wenigen Gebiete,die bisher so gut wie nicht behandelt wurden», sagte der ErfurterKommunikationswissenschaftler Patrick Rössler in einem dpa-Gespräch.Zusammen mit Studenten mehrerer Fachrichtungen hat er an derUniversität Erfurt das Projekt «Das Bauhaus am Kiosk» erarbeitet. DieSonderschau über die Zeitschrift «die neue linie» ist noch bis zum 16. April im Bauhaus-Archiv in Berlin zu sehen.
Die Lifestyle-Illustrierte erschien von 1929 bis 1943 underschloss die Ideen des Bauhauses einem breitem Publikum. «DieBildsprache ist erstaunlich aktuell, obwohl die Zeitschrift 70 Jahreauf dem Buckel hat», sagte der 42-Jährige. «Kleinschreibung, großeFotos, angeschnittene Fotomotive und asymmetrisch gestalteteDoppelseiten zeichnen die Zeitschrift aus, die in einer Auflage von40 000 Stück pro Heft für eine Reichsmark am Kiosk verkauft wurde».
Die Bauhäusler Laszlo Moholy-Nagy und Herbert Bayer prägten mitihren Ideen «die neue linie». «Bauhaus-Gründer Walter Gropius entwarfsogar ein "Haus der neuen Linie", das für 27 800 Reichsmark angebotenwurde. Ich weiß allerdings nicht, ob das sonnendurchflutete Hausjemals gebaut wurde», sagte Rössler. Er hat in mühevoller Kleinarbeitalle Ausgaben der im Leipziger Bayer-Verlag erschienenenIllustrierten gesammelt. Auch andere Bauhäusler hätten für dieZeitschrift geschrieben, deren Themen Mode, Reisen, Architektur,Innenraum-Gestaltung und Koch-Tipps waren. «Es gab Erzählungen undSchallplatten-Kritiken, aber erstaunlicherweise kaum Film-Kritiken.»
«Die Nationalsozialisten benutzten die Zeitschrift als eine ArtAushängeschild», sagte Rössler. Es sollte den im Land gebliebenenIntellektuellen und dem Ausland ein gewissen «Freigeist» suggerieren.Deutlich werde dies bei den Ausgaben zur Olympiade 1936. Es sei vomRegime inhaltlich und in der Wortwahl nicht eingegriffen worden.«1943 wurde "die neue linie" wie alle anderen Zeitschriften bis aufdie Parteipresse aus Papiermangel eingestellt.»
Moholy-Nagy, von 1923 bis 1928 Meister am Bauhaus, entwarf denUmschlag für die erste Ausgabe des Septemberhefts 1929: Es zeigt eineelegante Dame, die durch eine Glasfront auf ein Gebirgsmassiv blickt.Die Fotomontage mit den in aufwendigem Silberdruck reproduziertenFensterkreuzen war ein Bruch mit den damals gültigen Regeln derCovergestaltung für die Massenpresse, sagte der Professor. DieErfurter Studenten nahmen das Motiv für Ausstellung und Katalog aufund reproduzierten in die Glasfenster Titelfotos der «neuen linie».
Das Projekt des Studiums Fundamentale vereinte künftigeKommunikationswissenschaftler, Pädagogen und Kunsthistoriker. Sieentwarfen den Katalog, fertigten Schaufenster mit zeitgenössischerKleidung und echten Modepuppen und bauten einen Kiosk. Ein Wohnzimmerzeigt Klassiker unter anderem von Marcel Breuer. Das Bauhaus-Archivunterstütze das Vorhaben, das dem Haus eine große Besucherresonanzbeschere, sagte Rössler. Ob die Sonderschau noch einmal zu sehen seinwird - etwa 2009 zu 90 Jahre Bauhaus Weimar - stehe noch in denSternen. «Ich bin froh, das wir das einmal hingekriegt haben.»