Container in Berlin-Adlershof Container in Berlin-Adlershof: Sat.1 startet "Promi Big Brother"

Die Promis
Man muss am Ende der Sendung starten, um die Promi-Hierarchie richtig wiederzugeben: David Hasselhoff als einziger internationaler Star darf kurz vor Ende der Sendung einziehen. Zum Grauen aller Knight Rider-Fans stürmt "The Hoff" zu "I've been looking for freedom" gegen 23.30 Uhr die Bühne, gesteht Cindy von Marzahn kurz seine Liebe und ordnet eben noch den Satz "Ich bin ein Berliner" als letzte Worte in Freiheit in einen ganz neuen historischen Kontext ein. Natürlich trägt er dabei die Lederjacke, mit der er in der Silvesternacht 1989 an der Berliner Mauer auftrat. Dann wird es kniffelig für Hasselhoff, denn von der restlichen Besetzung dürfte er niemanden kennen. Doch er versteht beim ersten Blick auf seine Mitgefangenen auch ohne "K.I.T.T.", wo er gelandet ist: "Celebrity Rehab", sagt er. Und scheint sich danach wunderbar zu akklimatisieren.
Moderatorin Marijke Amado und Schauspieler Martin Semmelrogge folgen auf der Bekanntheitsskala. "Ich gehe vom offenen Vollzug in den geschlossenen", beschreibt Semmelrogge seine Situation. Und sorgt kurz für den einzigen Moment, bei dem der Big Brother-Zuschauer etwas lernen kann, als Olli Pocher nachfragt, was "offener Vollzug" eigentlich genau bedeute. Semmelrogge kann Paragrafen und erklärt sie ausführlich. Das ist erhellend, aber natürlich vollkommen unpassend für das Format. Das erkennt auch Cindy von Marzahn schnell: "Tolle Geschichte, ich unterbrech ja nur ungern", sagt sie und schickt Semmelrogge ins Haus.
Die anderen Kandidaten
Das Verheerende an einem Fremschäm-Format wie Promi Big Brother ist, dass es niemals seinem Namen gerecht werden kann. Wer auf der Höhe seiner Prominenz ist, gibt sich für die Rund-um-Überwachung in der Regel nicht her. Also versammeln sich wie im Dschungelcamp B-, C-, und Z-Promis um einen kleinen Kern verzweifelter, wirklicher Prominenter. Dazu zählen in diesem Fall: Die vor allem durch ihre Beziehung zu Heiner Lauterbach und Big Brother-Teilnehmer Alex Jolig zu Ruhm gelangte Jenny Elvers-Elbertzhagen, "No Angel" Lucy Diakovska gefolgt von den Castingshow-Absolventen Percival Duke (The Voice) und Sarah Joelle (DSDS), Natalia Osada von "Catch the Millionaire", Jan Leyk von Berlin Tag und Nacht und Boxer Manuel Charr. Youtube-Clickhit Simon Desue soll wohl das Zielgruppen-Alter auf neue Mindestgrenzen senken, ist vom Promistatus aber noch weit entfernt. Und ob die Teilnahme von "Fancy", einem süddeutschen Sänger, nicht doch ein Witz sein soll, da ist man sich bis zum Ende der Sendung nicht ganz so sicher.
Mögliche Störfaktoren
Erstens: Der Hund. Marijke Amado konnte nicht auf ihren kleinen gekringelten Jotte verzichten. 350 "Kacktüten" habe sie zwar eingepackt. Da die natürlichen Bedürfnisse eines Tieres nicht nur in Bezug auf die Körperausscheidungen aber dem abgeriegelten System widersprechen, dürfte Jotte in den kommenden Tagen wohl noch für Aufregung sorgen.
Zweitens: Der Platz. Auch wenn die dominierende Farbe im Luxus-Container Gold ist: Das Big Brother-Prinzip, auf engstem Raum zusammengepfercht zu sein, gilt auch hier. Niemand schläft allein. Jenny Elvers, die sich schon häuslich eingerichtet hatte ("Wo sind denn hier die Töpfe?") findet es jedenfalls gar nicht amüsant, als Marijke Amado ihr wegen einer bestandenen Aufgabe auch noch eine Nacht im Doppelbett mit Sarah Joell verschreibt.
Drittens: Die Süchte der Kandidaten versprechen echte Dramatik im Haus: Mit Jenny Elvers, Martin Semmelrogge und David Hasselhoff stehen drei ehemalige Alkoholiker vor dem größtenteils mit Bier und Sekt gefüllten Kühlschrank. Alle drei betonen, trocken zu sein (Semmelrogge: "Seit 20 Jahren", Elvers: "Seit einem Jahr"). Hasselhoff kündigt an, bei Red Bull bleiben zu wollen. Außerdem sind einige Raucher unter den Kandidaten. Während Millionärs-Jägerin Natalia und Percival Duke so schlau waren, Zigaretten einzuschmuggeln, haben andere sie im vorauseilenden Gehorsam zuhause gelassen - und rauchen trotzdem fleißig mit.
Die Aufgaben
Das Leben könnte so schön sein im Big Brother-Container, neben kleinen Lachshäppchen, mit einem Glas Champagner in der einen und (noch) einer Kippe in der anderen Hand. Doch da gibt es ja noch diese demütigenden Aufgaben zu bestreiten. Einziges Ziel: Die Störung der Gruppendynamik zwecks größerer Dramatik im Haus.
Als Erstes trifft es Marijke Amado. Sie muss in den Strafbereich, weit weg von den Lachshäppchen, in den "Schweinestall" wie sie es nennt, der im Freien tatsächlich mit Stroh ausgelegt ist. Während alle anderen sich drinnen vergnügt kennenlernen, darf Amado über einen Bildschirm die Lage im Haus nur beobachten und nichts hören. Am Ende muss sie entscheiden, welche Kandidaten zusammen in einem Doppelbett schlafen sollen. Amado analysiert die Liebeslage im Container zwar treffend und amüsant ("Semmelrogge würde zu jedem passen", "Mit dem David würde ich mir ja auch ein Doppelbett teilen"), nutzt die Chance aber lieber gleich, um ihre zukünftigen Mitbewohner zu erziehen: Jenny Elvers und Sarah Joelle haben sich ihr zu früh zu häuslich eingerichtet ("Die sollten warten, bis alle da sind") und sollen deswegen zusammen schlafen. Gefundenes Fressen für die Regie: Sobald Amado am Ende der Sendung endlich zu der Truppe stoßen darf, verkündet die tiefe Stimme des "Big Brother" ihre Entscheidung - natürlich erwähnt sie dabei auch, dass Amado Elvers und Sarah Joelle die zweifelhafte Ehre verschafft hat. Und so werden fünf Minuten vor Ende der Sendung die ersten tödlichen Blicke ausgetauscht.
Als Zweites müssen die bis dahin einzigen Bewohner des Hauses Martin Semmelrogge, Percival Duke, Natalia und Sarah Joelle die "bestialische Brandmauer" überwinden. Ganz so martialisch wie der Name ist die Aufgabe natürlich nicht. Doch immerhin müssen die Vier mit einem brennenden Körperteil einen Parcours durchqueren. Über Twitter und Facebook dürfen die Zuschauer entscheiden, wen es am härtesten treffen soll. Die Mehrheit entscheidet sich für Sarah Joelle, die bis dahin aus der Gruppe nur durch ihr Outfit hervorstechen konnte. Semmelrogge und Percival meistern ihren Parcours jeweils mit brennendem Arm, Sarah Joelle ist mit brennendem Bein zu langsam. Natalia, die mit einem in Flammen stehenden Helm einen Stuhl ins Ziel steuern soll, fährt in die Bande, hat aber immer noch ein "YOLO" auf den Lippen. Die für den Frieden im Haus wohl weitreichende Folge: Zwei ihrer Koffer werden nicht an die Bewohner ausgehändigt. Welche Bewohner das sein werden, wird aber erst morgen entschieden.
Schließlich muss Lucy, ehemals "No Angels"-Mitglied, das Haus mit einem Knopf im Ohr betreten - und die Aufgaben erfüllen, die ihr eingeflüstert werden. Ein wandelnder, ferngesteuerter Störfaktor also. Es bleibt aber erst einmal harmlos: Lucy muss einen der Anwesenden auswählen, ihn auf den Mund küssen und ihm gestehen, ein Fan von ihm zu sein. Sie wählt Jenny Elvers, die gerade neben ihr steht, erledigt das Ganze unspektakulär und schafft es sogar irgendwie, Elvers nicht vollkommen zu verschrecken, als sie die Aufgabe immer und immer wieder wiederholen soll.
Der Sex
...ist eines der wichtigsten Elemente im Big Brother-Haus. Schließlich ist es der Gipfel des Voyeurismus - also des gesamten Formats - zwei Menschen beim intimsten Akt mit Wärmebildkamera unter der Bettdecke beobachten zu können. Die Promis bleiben nur zwei Wochen im Haus - ob das für den nötigen Hormonstau sorgt, ist fraglich.
Größtes Sex-Potential bisher haben Percival Duke und Marijke Amado. Der "The Voice"-Sänger gesteht im Vorhinein freimütig, dass er mit Männern und Frauen schläft. "Ich bin da offen." Allein von der Anzahl der möglichen Gespielen im Haus sind Percys Chancen also vergleichsweise erhöht. Doch auch Mini-Playback-Show-Star Marijke Amado überrascht: "Vielleicht findet Marijke ja noch einen Mann im Haus, das wär ja was!", sagt sie schon vor dem Einzug. Wer von den Inahftierten ihr Typ ist, wird bald klar: Mit David Hasselhoff, "da würde ich auch ins Doppelbett gehen". Als sie aber endlich mit Jotte aus dem "Schweinestall" befreit wird, herrscht erstmal Eiszeit in Sachen Flirt zwischen den Beiden. Auf Amados penetrantes "David, David, David, David" reagiert Hasselhoff gar nicht und ist auch von der Idee, ihm Jotte persönlich vorzustellen, nur mittelmäßig begeistert. Kopf hoch, Marijke. Es bleibt ja noch Martin Semmelrogge.
Die Moderatoren
Pocher gräbt tief im Trash-TV und spielt im Gespräch mit einem irritierten David Hasselhoff nicht nur einmal auf dessen volltrunkenes Skandalvideo mit Burger an. Zum Glück zügelt Cindy von Marzahn, zeitweise als pinke Freiheitsstatue gekleidet, Pocher rigoros wann immer er droht, vollkommen über die Strenge zu schlagen. Das erinnert in unangenehmer Weise an die Schmidt-und-Pocher-Zeiten und sollte Pocher wiederum äußerst peinlich sein.
Das Fazit
Eine Sendung mit Überlänge und vielen überflüssigen, angeblichen Prominenten. Für Dynamit ist aber erst einmal gesorgt, die ersten Zündschnüre brennen sogar schon. Die Befehlsgewalt über Twitter und Facebook an die Zuschauer abzugeben, könnte in diesem Fall voll als Markenkleber aufgehen. Für morgen früh hat das Publikum online schon mal entschieden: Die Bewohner bekommen kein Luxusfrühstück, sondern Kohlsuppe. Wen die Auswirkungen dieses Mahls auf den Gemeinschaftsschlafraum wirklich interessieren sollten, kann morgen um 22.15 Uhr wieder einschalten.
Promi Big Brother, von Montag bis Sonntag, 22.15 Uhr, auf Sat.1