Conrad Felixmüller im Museum Gunzenhauser Conrad Felixmüller im Museum Gunzenhauser: Der Maler, der nicht ins Bild passen wollte
chemnitz/MZ. - Als Stadt der Moderne wird Chemnitz vor den Autobahnausfahrten beworben. Keine schlechte Reklame für die sächsische Stadt, die sich selbstbewusst gegen das Image eines uncharmanten Ortes mit großer Industriegeschichte stemmt, der durch Kriegszerstörung und die Überformungen sozialistischer Stadtplanung sein Gesicht verloren hat.
Tatsächlich ist es Chemnitz gelungen, bildungsbürgerliche Identität neu zu generieren - dies zumal durch die weit über die Region hinaus strahlende Ausstellungspolitik der Städtischen Kunstsammlungen und ihrer "Generalin" Ingrid Mössinger. Ein verdienter Glücksfall für die Stadt, der durch den Zugewinn der Sammlung Gunzenhauser, für die man ein eigenes Museum spendiert hat, noch bedeutsamer geworden ist.
Jetzt wird dort eine Ausstellung mit Werken des 1897 in Dresden geborenen Malers Conrad Felixmüller gezeigt, eines wahrhaftigen Jahrhundertkünstlers, insgesamt 116 seiner Werke gehören neben Konvoluten von Dix und Jawlensky zum kostbaren Bestand der Sammlung Gunzenhauser. Das erklärt die Präsentation der zudem reich mit Leihgaben bestückten Schau in Chemnitz überaus schlüssig.
Gleichwohl hätte man sich eine solche Ausstellung sehr wohl auch in Halle vorstellen können - immerhin ist der Maler dort mehr als zehn Jahre lang, bis zu seiner Emeritierung 1962, als Universitätszeichenlehrer tätig gewesen. In der Moritzburg war 1949 auf Wunsch des sachsen-anhaltischen Bildungs- und Kunstministeriums eine der ersten größeren Nachkriegsausstellungen für Felixmüller eingerichtet worden, wenn auch mit zwiespältigem Echo. Der Künstler sei, liest man im Katalog zur Chemnitzer Schau, in Halle nicht recht gelitten gewesen, zumal bei den ansässigen Kollegen nicht, was einem angesichts der großartigen Bilder einerseits verwundert, angesichts einer halleschen Verwerfung der besonderen Art aber auch wieder nicht: Wer nicht aus dem eigenen Stall kommt, hat im Schatten der Burg allemal um Anerkennung zu kämpfen.
Felixmüller, der eigentlich Konrad Felix Müller hieß und seinen Namen 1924 offiziell ändern ließ, hat das nicht abgeschreckt, er hatte nie gut ins Bild passen wollen und war deshalb an Kummer gewöhnt. Trotz der Zurückhaltung, mit der man ihn, den "gelernten" Expressionisten von Rang und später von den Nazis als "entartet" Verfemten in Halle aufnahm, hat er es nicht nur als ständiger Gast in der Stadt ausgehalten, sondern ihr auch ein paar köstliche Bilder abgesehen.
Eines zeigt den Markt im Jahr 1950, ein anderes, fünf Jahre später gemaltes, eine "Demonstration auf der Straße". Rührend klein, gar nicht machtvoll, zieht der Zug den Hansering entlang. So ließ sich freilich kein Staat mit Felixmüller machen. Wegen seines Frühwerks und der fehlenden Bereitschaft, den sozialistischen Aufbau den politischen Erwartungen entsprechend ins Bild zu bringen, geriet der Maler ins Visier der Kunstpolizisten. Das Totschlagwort Formalismus hat auch ihn getroffen.
Dabei hatte man in der jungen DDR so große Erwartungen in den Mann gesetzt: Er war als Maler und Zeichner renommiert, er hatte ein ausgeprägtes Interesse an sozialen Themen, was eine Vielzahl seiner großartigen Porträts und die Wahl von Sujets aus dem Arbeitermilieu auch in der Chemnitzer Schau belegt. Und er hatte nicht mit den Nazis paktiert. Aber Felixmüller, der schon als 15-Jähriger wie ein Wunderkind behandelt und zum Zeichenunterricht auf die Königliche Kunstgewerbeschule in Dresden geschickt worden war, hat sich niemals vereinnahmen lassen wollen, es ging ihm gegen die Natur der künstlerischen Freiheit.
So ist der Mann, der 1944 bei einem Bombenangriff seine Berliner Wohnung verloren hatte und bis 1961 in Tautenhain bei Geithain in Sachsen lebte, ein Wanderer geblieben, so beständig er in seiner Meisterschaft als Maler war. 1967, mit 70 Jahren, hat er schließlich der DDR gekündigt und ist nach Westberlin gezogen. Zehn Jahre sind ihm noch geblieben. Und nun der Nachruhm, der stetig wächst.
Museum Gunzenhauser Chemnitz, Falkeplatz, Di-So 11-18 Uhr, Eintritt 7 Euro, ermäßigt 4,50 Euro.