Comic Comic: Die spinnen, die Römer
Halle/MZ. - So beginnt seit 50 Jahren jeder Band von Asterix und Obelix. Ihr allererstes Abenteuer erschien am 29. Oktober 1959 in der französischen Jugendzeitschrift "Pilote". Zum runden Jubiläum ist jetzt der 34. Band der unendlichen Erfolgsgeschichte mit dem Titel "Das Goldene Buch" erschienen. Im Mittelpunkt der Handlung steht natürlich der Geburtstag des kleinen Galliers.
Auf die Idee für ihre gewitzten Comic-Helden waren Texter René Goscinny und Zeichner Albert Uderzo bei einigen gemeinsamen Gläschen gekommen. Asterix, 119 Zentimeter groß, ein listiger Krieger mit Helm, Gürtel und Schwert, steckt voll sprühender Intelligenz. Der Name ist eine Kombination der griechischen Bezeichnung Asteriskus ("Sternchen") und der Endsilbe -rix, was im Keltischen so viel wie König bedeutet. Andere Quellen behaupten, in Anlehnung an den gallischen Arverner-Häuptling Vercingetorix sollten die Namen der Charaktere alle auf -ix enden.
Asterix' verlässlicher Freund Obelix besitzt einen starken Körperbau und eine Vorliebe für Prügeleien, Hinkelsteine und Wildschweinessen. Er trägt stets eine enge, blau-weiß gestreifte Hose. Entgegen der geschichtlichen Wahrheit trotzen die Dorfbewohner Cäsar und seinen Legionen, denn sie verfügen über einen Zaubertrank, der ihnen zeitweise übermenschliche Kräfte verleiht. Nur Obelix bleibt unbesiegbar, weil er als Kind in das Gebräu geplumpst war. Auf ihren Reisen erleben der kleine und der dicke Gallier die ungewöhnlichsten Abenteuer und treffen Persönlichkeiten wie Kleopatra oder Odysseus.
Generationen von Latein-Schülern mussten sich durch die Texte aus dem Gallischen Krieg (De Bello Gallico) von Gaius Julius Cäsar quälen, jetzt erlangten sie durch die Asterix-Hefte plötzlich einen völlig neuen Zugang zum historischen Thema. Comics waren bis dahin gesellschaftlich anrüchig und wurden als "Schund" abqualifiziert. Nun fanden auch Intellektuelle - sogar Lehrer - Gefallen an den Bildergeschichten, die mit Zitaten, Anspielungen, Running Gags und Wortwitz gespickt waren.
So stieg Asterix zum meist verbreiteten Comic Europas auf. Bis heute erschienen 33 Bände in rund 100 Sprachen und Dialekten, weltweit wurden mehr als 325 Millionen Exemplare verkauft - davon über 80 Millionen in Deutschland. Gerüchten zufolge ist "Asterix" damit so erfolgreich wie die Bibel.
Nach Goscinnys überraschendem Tod 1977 im Alter von nur 51 Jahren führte Uderzo die Comicreihe ab Band 25 allein weiter, zusätzlich auch als Autor. Er gründete mit der Witwe von Goscinny den Verlag Les Editions Albert-René. Kritiker vermissen jedoch seitdem den Humor und das erzählerische Können Goscinnys, loben aber die konstant hohe zeichnerische Qualität der Geschichten. Obwohl Uderzo als Autodidakt nie eine Kunsthochschule besucht hat und sogar farbenblind ist.
An die Anfänge der gallischen Helden erinnert sich der heute 82-Jährige: "Wir wollten den amerikanischen Comics etwas typisch Französisches gegenüberstellen." Das ist gelungen. Sprüche wie "Beim Teutates", wenn die Gallier den Römern mal wieder auf die Pelle rücken oder "Die spinnen, die Römer", wenn Obelix gegnerische Soldaten vermöbelt, wurden zu geflügelten Worten. Selbst General de Gaulle soll seine Minister mit Figuren aus dem gallischen Dorf verglichen haben. Bei Asterix verraten die Namen meist etwas über Eigenschaften oder Funktionen: "Majestix" ist der Häuptling, "Troubadix" der Barde, "Methusalix" der Dorfälteste, "Miraculix", der Druide. Wenn auch die deutsche Übersetzung nicht immer an die Genialität des französischen Originals heranreicht.
Der Siegeszug der Comic-Figuren, die von ihrem gallischen Dorf aus dem Imperium der Römer trotzen, reicht inzwischen weit über die Bildbände hinaus. Ein riesiger Merchandising-Markt mit Asterix-Motiven auf T-Shirts, Tassen und Tapeten schafft Millionen-Umsätze. Dabei blieben auch Plagiate nicht aus, besonders in den 70er Jahren mit zeitgemäßen Titeln wie "Asterix und das Atomkraftwerk" oder "Asterix und die 35 Stunden-Woche". Wegen unerlaubter Benutzung von Lizenzfiguren verschwanden diese aber schnell wieder von der Bildfläche.
Außerdem wurden acht Zeichentrickfilme und drei Realverfilmungen fürs Kino in Szene gesetzt. "Asterix erobert Rom" war 1976 mit knapp 7,2 Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres in Deutschland. 1989 eröffnete in der Nähe von Plailly, rund 35 Kilometer nördlich von Paris, der 20 Hektar große Vergnügungs- und Freizeitpark "Parc Asterix". Nur im Ursprungsland des Comics, in Amerika, bleibt den Galliern der große Durchbruch bisher verwehrt.
Nun hofft der Stuttgarter Ehapa-Verlag, der die deutschen Ausgaben herausgibt, dass der neue Band sich in die Reihe der Klassiker einordnen kann. Was sich schließlich auch alle Fans wünschen, denn das letzte Asterix-Heft "Gallien in Gefahr" war heftig in die Kritik geraten. Darin führten die französischen Helden eine Art symbolischen Kampf gegen die aktuelle Comic-Entwicklung mit japanischen Mangas und US-Superhelden.