Soundgarden-Sänger Chris Cornell: Soundgarden-Sänger ist in Detroit gestorben

Los Angeles - Kurt Cobain war der Anführer, Eddie Vedder das Gesicht. Für Chris Cornell, der schon länger harte Gitarrenmusik gespielt hatte als die beiden späteren Grunge-Kollegen von Nirvana und Pearl Jam, blieb der Posten als Herz der neuen Musik, die Anfang der 90er Jahre mit Brachialgewalt in die Hitparaden drängte. Cornell rief nach dem Tod des Mother-Love-Bone-Sänger Andrew Wood die wichtigsten Protagonisten der Szene zusammen. Und spielte mit ihnen das Album „Temple oft the Dog“ ein, das bis heute als Klassiker des Genres gilt.
Soundgarden auf Dauer zu kantig für die Charts
Mit seiner Band Soundgarden, bei der er zuerst am Schlagzeug gesessen hatte, ehe er zu Mikrophon und Gitarre wechselte, stand Chris Cornell zwar kommerziell im Schatten der beiden großen Grunge-Bands. Aber als der Gruppe Mitte der 90er das ironisch „Superunknown“ (superunbekannt) betitelte 4. Album mit dem Hit „Black Hole Sun“ gelang, klang das nicht nur wie ein Nachruf auf den nur wenige Tage zuvor verstorbenen Nirvana-Sänger Cobain. Sondern Soundgarden schickten sich auch an, die größte aller Kapellen der aus Punk, Heavy Metal und Pop zusammengemixten neuen Stilrichtung zu werden.
Es ist dann anders gekommen. Chris Cornell, als Sohn eines Apothekers und einer Buchhalterin in einem Vorort von Seattle aufgewachsen, taugte nicht zum Aushängeschild einer Generation. Soundgarden, härter als Nirvana und schroffer als Pearl Jam, waren auf Dauer zu kantig für die Charts. „Früher haben wir mal auf Alternative-Rock-Festivals gespielt und passten da nicht so richtig hin, dann haben wir auf Metal-Festivals gespielt, und auch da nicht so richtig dazugehört“, beschrieb Cornell später. Daher sei ein Gefühl entstanden: „Wir gegen den Rest der Welt.“
Ein ungleicher Kampf, den die Band schon zwei Jahre nach dem Welterfolg mit „Superunknown“ verlor. Das Nachfolgealbum „Down on the upside“, das schon im Titel auf das seltsame Außenseitergefühl anspielt, das Hauptsongschreiber und Sänger Chris Cornell nie richtig loswurde, hielt den kommerziellen Erwartungen nicht stand. In „Blow Up the Outside World“ quälte sich Cornell durch verzweifelte Zeilen wie „ich habe alles gegeben“ und „nichts wird mir helfen, wenn ich mich nicht selbst finde“. Kurze Zeit später lösten sich Soundgarden auf.
Mit „Sunshower“ auf Soundtrack des Films „Mission Impossible II“
Cornell erfand sich als Liedermacher neu, auf seinem ersten Solo-Album „Euphoria Morning“ präsentierte er sich mit akustischer Gitarre und kurzem Haar, im Lied „Can't Change Me“ versprach er, sich treu zu bleiben. Der Erfolg war kleiner, doch er war da. Cornell heimste eine Grammy-Nominierung als bester männlicher Sänger ein und die Macher des Films „Mission Impossible II“ wählten sein Lied „Sunshower“ für den Soundtrack ihres Kinohits.
Chris Cornell kehrte wenig später zurück zu den lauten Tönen seiner Soundgarden-Zeit. Gemeinsam mit den Resten der Crossover-Band Rage Against the Machine gründete er das Bandprojekt Audioslave, das Rock-Balladen mit Krachern kombinierte und mit "Shadow on the sun" eine Art Nachfolger von „Black Hole Sun“ versuchte. Chris Cornell, inzwischen Mitte 30, war noch immer der kompletteste Sänger der Grunge-Ära, gleich stark im Laut und Leise, ein Gänsehaut-Shouter, der Hallen und Open-Air-Arenen mit einem Fingerschnipsen regierte.
Privat fand der Mann aus Seattle nach seiner Scheidung von der früheren Soundgarden-Managerin Susan Silver, mit der er eine Tochter hatte, bei Vicky Karayiannis sein Glück, mit der er Tochter Toni und Sohn Christopher (heute 12 und 11 Jahre alt) großzog. Musikalisch wurde es wieder ruhiger, der Songwriter Cornell war zurück, er wandelte auf den Spuren von Johnny Cash und zitierte nur mit der Gitarre das Temple-of-the-Dog-Motiv "Call me a dog". Ab 2010 gab es dann auch Soundgarden wieder, laut wie immer, fast in Originalbesetzung und auf „King Animal“, dem ersten neuen Album nach 16 Jahren, auch wieder kreativ wie in alten Tagen.
Plötzlich und unerwartet: Chris Cornell starb mit 52 Jahren in Detroit
Seine Alkoholabhängigkeit war überwunden, die Drogen, die lange seine Dämonen hatten verjagen sollen, bis sie selbst zu Dämomen geworden waren, blieben weg. Chris Cornell wechselte nun zwischen ruhigeren, kleineren Solo-Auftritten und der großen Festival-Bühne, die er mit Soundgarden bespielte. Auf „Higher Truth“ war er pünktlich zu seinem 50. Geburtstag bei sich selbst angekommen: Statt elektrischer Gitarren gab es nun Mandolinen und ein Besenschlagzeug, Cornell verzichtete auf große Produktionen und bot stattdessen intime Einblicke in sein Innenleben. Ein Weg, den der Mann, der seinen Weg zwischen dem Himmel des Rockruhms und der Hölle der dadurch bedingten Überforderung endlich gefunden hatte, weitergehen wollte. Für den Christian-Bale-Film „The Promise“, der sich mit dem Genozid an den Armeniern beschäftigt, hatte er den Soundtrack geschrieben, gerade war Cornell dabei, ein neues Album einzuspielen, mit dem er nach dem Ende einer noch laufenden Soundgarden-Tour auch wieder unterwegs sein wollte.
Chris Cornell starb nach Angaben eines Sprecher seines Manager Brian Bumbery am Mittwochnacht in Detroit. Laut Bumbery kam der Tod plötzlich und unerwartet, Cornells Familie sei schockiert. Über die Todesursache ist bisher nichts bekannt. Chris Cornell wurde 52 Jahre alt. (red)