Bundeskulturstiftung Bundeskulturstiftung: Der Sonne entgegen
Halle/MZ. - Es ist gut dreihundert Jahre her, seit unterden Vorzeichen des Pietismus August HermannFrancke seine bald weltumspannende wohltätigeund missionarische Stiftung einrichtete. Nunzieht die neue Repräsentanz deutscher Weltoffenheitin Kunst und Kultur zunächst einmal mit ihrerLeitungsebene in ein Büro im Haus mit demBibelzitat. Ein Wort von Günter Grass hatgenügt, dem guten Vorsatz der Bundesregierungein Zuhause zu geben, nämlich mit der Gründungder Bundeskulturstiftung keinen Berlin-orientiertenZentralismus zu betreiben. So wollen sichdie alte und die neue Stiftung nicht nur innachbarschaftlicher, sondern auch in gegenseitigerBeziehung ihren doch sehr verschiedenen Aufgabenwidmen.
Darüber, so viel war beim pressebegleitetenkleinen Zeremoniell deutlich, sind alle froh.Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD),der dem Staatsminister die "in Rekordzeit"erstellte Genehmigungsurkunde der neuen Stiftungüberreichte, freut sich für Sachsen-Anhalt.Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler (SPD) siehtfür Halle neue Standortvorteile. Jan-HendrikOlbertz, Direktor der Franckeschen Stiftungen,erhofft sich Impulse. Und allen voran JulianNida-Rümelin selbst. Aus seinem Blick istder Aufbruch in Halle nicht nur ein Signaldes De-Zentralismus, sondern auch eine Hinwendungzur Kulturentwicklung im Osten.
Ein "Modell staatsferner Kulturförderung"nannte er die Kulturstiftung, "orientiertan Fachkompetenz und Autonomie". Jurys undKuratoren sollen die zunächst zehn bis 20Mitarbeiter bei der Auswahl der Projekte unterstützen,mit der die Stiftung auf Gebieten agierenwill, "die unstreitig in die Bundeskompetenzfallen", so der Minister. Die Rücksichtnahmeauf die immer noch argwöhnischen Bundesländer,die um ihre Kulturhoheit fürchten, ist auchin der Leitungsstruktur zu erkennen. Für denStiftungsrat sind außer dem Staatsministerund Vertretern des Bundestags auch Delegierteder Länder, der "Kulturstiftung der Länder"sowie der kommunalen Spitzenverbände vorgesehen.
Dass aber die Einrichtung alles andere alsunauffällig zu Werke gehen will, zeigt sichim Etat. Gestaffelt über mehrere Jahre sollder Haushalt von zunächst 13 Millionen Euroüber 25 Millionen im kommenden Jahr bis zujener Summe von damals 75 Millionen Mark (38,3Millionen Euro) aufsteigen, die Nida-Rümelinvon Anfang an politisch eingefordert hatte.Das führt er als Beweis für den "hohen Stellenwert"an, "den die Bundesregierung der Kultur einräumt".
Aber noch vier Wochen, bevor laut Nida-Rümelinder Gründungsstab ernannt sein soll, hältsich der Staatsminister mit konkreten Angabendarüber zurück, wie denn die Inhalte jenerBehörde aussehen, die nach seinen Worten "eineigenständiges Profil" entwickeln will. Darüberkönnten eventuell Personalien Auskunft geben,aber nichts wird verraten über die zwei oderdrei "kulturellen Persönlichkeiten", die demStiftungsrat Glanz geben sollen, geschweigedenn über Namen der Leitungsebene.
"Kulturelle Integration" und "Intensivierungdes internationalen Kulturaustauschs" nenntNida-Rümelin fürs erste als die Schwerpunkteder Arbeit. Ebenso wenig will er zum Aspektder Förderung der zeitgenössischen Kunst sagen,die schon im ersten Konzept vom Juni des vergangenenJahres einer damals noch "Nationalstiftung"genannten Einrichtung eine hervorgehobeneRolle spielte. So erscheint die Bundeskulturstiftungnach wie vor als eine abstrakte Größe, dieder Öffentlichkeit schwerlich zu vermittelnist.
Doch der Denkprozess läuft offenbar auf Hochtouren.Und dass die Öffentlichkeit nicht wird rätselnmüssen über die Stiftungsarbeit, dafür sollgesorgt sein. "Transparenz" ist für Nida-Rümelinoberstes Gebot. Alle Entscheidungen des Stiftungsrateswürden umgehend vorgestellt.