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Literatur Roman „Dream Count“: Frauen, denen Männer passieren

Die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie wurde zu einer feministischen Ikone der 2010er. Ihr erster Roman seit einem Jahrzehnt rückt einen berühmten Vergewaltigungsvorwurf in neues Licht.

Von dpa 11.03.2025, 09:32
Adichie steckt in ihren vierten Roman viel Persönliches.
Adichie steckt in ihren vierten Roman viel Persönliches. Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/ZB

Frankfurt am Main - Für die Zahl verflossener Bettgefährten hat sich im Englischen der makabre Begriff „body count“ eingebürgert. Das bedeutet Körper- oder Leichenzahl und bezog sich ursprünglich auf Opfer auf dem Schlachtfeld. Im neuen Roman von Chimamanda Ngozi Adichie wird daraus der Titel „Dream Count“: Sie zählt lieber die Träume, die mit den Männern einhergingen und mal wegen, mal trotz ihnen und manchmal auch ganz ohne sie platzten.

Adichie, die seit dem Erscheinen ihres Weltbestsellers „Americanah“ 2013 beide Eltern verloren und drei Kinder zur Welt gebracht hat, steckt in ihren vierten Roman viel Persönliches. Drei der vier Frauen, deren Lebens- und Liebesgeschichten das Buch verfolgt, bewegen sich wie die Autorin nahtlos zwischen gut situierten Lebenswelten in Nigeria und den USA. Die Schriftstellerin, die Anwältin und die Bankerin hadern jeweils auf eigene Weise damit, Töchter zu sein und Mütter zu werden - oder nicht.

Seinen stählernen Kern findet das Buch aber bei der Vierten, die den Spannungsbogen zwischen den oft intim und scharf beobachteten, aber etwas dahinplätschernden Anekdoten liefert: Das Leben der Asylbewerberin Kadiatou aus Guinea bricht zusammen, als sie als Zimmermädchen von einem nackten VIP-Hotelgast aus Frankreich überfallen wird. Viele Details entstammen dem Fall um den Vergewaltigungsvorwurf, der den damaligen IMF-Direktor und Präsidentschaftsanwärter Dominique Strauss-Kahn 2011 die Karriere kostete.

„Als das Verfahren eingestellt wurde, die Anwälte sie öffentlich eine Lügnerin nannten, (…) verwandelte sie sich in meiner Vorstellung zu einem Symbol, zu einer Person, die von einem Land, dem sie vertraut hatte, im Stich gelassen worden war“, erklärt Adichie im Nachwort, in dem sie klarstellt, dass ihre Figur trotz alledem fiktiv ist. Inspiriert habe sie dennoch das Verlangen, „ein Unrecht wiedergutzumachen, und sei es noch so indirekt“.

Chimamanda Ngozi Adichie wurde 1977 in Nigeria geboren. Sie lebt im nigerianischen Lagos und bei Baltimore in den USA. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Blauer Hibiskus“, „Die Hälfte der Sonne“ und „Americanah“ sowie ihr Vortrag „We Should All Be Feminists“ (auf Deutsch erschienen als: „Mehr Feminismus! Ein Manifest“). Ihre Werke wurden in mehr als 55 Sprachen übersetzt. Für ihre Bücher wurde sie mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet und in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.