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Neuer Tonträger vom "Boss" Bruce Springsteen und sein neues Album: "Springsteen on Broadway"

Von Steffen Könau 06.01.2019, 11:00
Eine akustische Gitarre, ein Flügel und bei einigen Songs Ehefrau Patti Scialfa als Duettpartnerin, das war alles, was Bruce Springsteen brauchte, um seine Fans in 236 Shows am Broadway zu verzaubern.
Eine akustische Gitarre, ein Flügel und bei einigen Songs Ehefrau Patti Scialfa als Duettpartnerin, das war alles, was Bruce Springsteen brauchte, um seine Fans in 236 Shows am Broadway zu verzaubern. Rob de Martin

Halle (Saale) - Keinen einzigen Augenblick, sagt der Mann mit der Gießkannenstimme, habe er richtig hart gearbeitet. Im ganzen Leben keinen einzigen Moment! Bruce Springsteen, 69 Jahre alter Superstar der zweiten Welle der Rockrevolution, legt ein Grinsen in die Stimme. Nicht einmal fünf Tage die Woche! Nicht einmal regelmäßig ins Büro!

Ein Triumph für den Sohn eines Busfahrers, der vor 50 Jahren seine ersten kurzlebigen Bands gründete. Und heute mit 130 Millionen verkauften Tonträgern eine Rockikone ist wie Bob Dylan, Elton John und Neil Young.

Nur einer wie er, gereift auf kleinen Bühnen und in riesigen Arenen, kann wagen, was Bruce Springsteen gewagt hat. 236 mal ist der Vater von Hits wie „Born in the USA“ und „Thunder Road“ in einer der längsten Reihe von Auftritten eines einzigen Künstlers im „Walter Kerr Theatre“ am Broadway in New York aufgetreten.

Neues Album vom Boss: "Springsteen on Broadway"

Das Soundtrack-Album „Springsteen On Broadway“ zeigt nun einen Zusammenschnitt des Programms, das Springsteen, der sich hier selbst einmal ironisch „Mr. Born to run“ nennt, mit klassischen Songs aus seiner Karriere und locker nacherzählten Geschichten aus seiner Autobiografie „Born To Run“ bestreitet.

„Springsteen On Broadway“, im Laden ein Monster aus vier LPs, zwei CDs und dazugehörigen Download-Codes, ist damit kein Live-Album und keine Unplugged-Show, sondern eine fast schon intime Begegnung mit einem Unbeugsamen. Springsteen hat auf seinen Erfolg lange warten müssen und er wurde dann, als er endlich kam, beinahe fortgespült von der Woge aus Begeisterung, die um die Welt brandete.

Er zweifelte anschließend, ging künstlerisch in die Irre und erfand sich schließlich doch als der Monolith wieder, der er von Anfang war: kein musikalischer Erneuerer oder auch nur Erfinder. Sondern ein unprätentiöser, nur sich selbst verpflichteter Erzähler amerikanischer Geschichten voller Autos, Mädchen, Kämpfe und Enttäuschungen.

Es ist kein Triumphgesang, den der immer noch rank und schlank aussehende Mann aus New Jersey hier anstimmt. Fast ebenso lang wie die Lieder, die er singt, sind die Zwischentexte, die er vorträgt wie ein Märchenerzähler auf einem mittelalterlichen Marktplatz.

Bruce Springsteen ist hier nahbar wie nie, selbstironisch, er nimmt sich und das, wofür er gehalten wird, mit hörbar großer Wonne auf die Schippe. Dank der Audiomischung von Produzentenlegende Bob Clearmountain sitzt der Hörer direkt im Saal, jede Hand, die sich rührt, bekommt hier ein eigenes Geräusch, jeder Saitenrutscher unter Springsteens Finger findet direkt ins Ohr.

Springsteens legendär lange Konzertserie

Ein analoges Erlebnis, angerichtet im Kerr-Theater, das 1929 eröffnet wurde und heute mit seinem 975 roten Samtsesseln hinter der Waschbetonfassade wie aus der Zeit gefallen wirkt. Selbst Springsteen, der vor der Premiere der Bühnenproduktion gerade von seiner größten und erfolgreichsten Stadiontour zurückgekehrt war, hatte nicht geahnt, wie erfolgreich sein Ausflug auf die kleine Bühne sein würde. Ursprünglich sollten der Premiere im Oktober 2017 acht Wochen mit Konzerten folgen. Nach dreimaliger Verlängerung endete die längste Konzertserie eines Rock-Superstars schließlich erst am 15. Dezember.

Springsteen erzählt von seiner 92 Jahre alten Mutter, die Alzheimer hat, aber immer noch tanzt. Und von einem Soldaten in Vietnam. Er singt „Thunder Road“ als zerschossenes Klavierstück mit Mundharmonika und „Tenth Avenue Freeze-out“ zelebriert er als bewegende Messe für seinen vor sieben Jahren verstorbenen Saxophonisten Clarence „Big Man“ Clemons. Gleich anschließend noch ein Liebeslied aus den Tagen, als er Patti Scialfa kennenlernte, bis heute seine Frau.

Weniger als viele andere Songs bei seinen Broadway-Auftritten demontiert Springsteen „Tougher Than the Rest“, das er wie die darauffolgende Kennenlern-Hymne „Brilliant Disguise“ zusammen mit Patti Scialfa als Duett singt wie damals, vor 30 Jahren, auf der Radrennbahn in Ostberlin. (mz)

Das neue Boradway-Album von Bruce Springsteen.
Das neue Boradway-Album von Bruce Springsteen.
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