Brandenburg Brandenburg: Russisch-orthodoxe Mönche ziehen in die Uckermark

Götschendorf/dpa. - Bis zu 30 Mönche werden hier beten und arbeiten, sagt der Initiator,Norbert Kuchinke. Im dünn besiedelten Nordosten Brandenburgs entstehtein einzigartiges Schaufenster in die Welt der Popen und Patriarchen.
Schmutzige Marmorstufen führen in hohe Räume, das alte Parkettknarzt. Durch spinnenwebenbehangene Fenster geht der Blick über dieverwitterte Freiterasse in einen Park, der zur Kuhweide verkommenist; der Blick zum Kölpinsee ist zugewachsen. Früher gab im Saal derAdel Empfänge, dann erholten sich hier NVA-Soldaten, später tagte derRat des Bezirks Frankfurt (Oder) in dem Gemäuer; futuristischeZwischendecken aus Gips künden von der DDR-Zeit. Zuletztinteressierte sich niemand mehr für den leeren Herrschaftssitz. Putzbröckelte, Gras wuchs in Dachrinnen. Götschendorfs Glanz verblich.
«Da werden die Mönche wohnen», sagt Kuchinke und weist aufein graues Dienstbotengebäude nebenan. «Außerdem wird ein Refektoriumangebaut, der Speisesaal.» Der markanteste Neubau soll schräg vor demSchloss stehen, direkt an der Hauptstraße am Dorfeingang: Eineromanische Kirche mit einem 27 Meter hohen Turm.
«Ich bin sehr gespannt darauf», sagt der Superintendent derevangelischen Kirche in der Region, Uwe Simon. Die Menschen in denwenigen Häusern im Dorf erwarteten zwar mit vorsichtiger Distanz dieneuen Mitbürger aus Russland, doch der Ort könne profitieren. «Undwenn es das ökumenische Gespräch belebt, freue ich mich sehr.»
Dafür müssten aber auch Gesprächspartner von außerhalb kommen,denn in der Region gehört nur noch etwa jeder Fünfte der Kirche an.Kuchinke träumt von Seminaren in dem Schloss, von politischen undreligiösen Diskussionen mit prominenten Sprechern aus Ost und West.Von Konzerten, einem Kloster-Café, Bio-Landwirtschaft und -Brauerei.
Das Dorf, das bislang allenfalls die Lastwagen des örtlichenBetonwerks erschütterten, soll Besucher aus ganz Deutschland locken,wo bislang lediglich bei München 16 Mönche und Nonnen der russischenAuslandskirche ein eher zurückgezogenes Klosterleben führen. AufBesucher hofft auch der für Götschendorf zuständige Amtsdirektor,Bernd Brandenburg. Für das Land, ja für die deutsch-russischenBeziehungen könne das kleine Dorf wirklich bedeutsam werden.
Buschige Augenbrauen hinter Brillengläsern, dünnes, nackenlangesgraues Haar, ein grobes weißes Leinenhemd ohne Kragen - der 67 Jahrealte Kuchinke hat das Äußere eines Intellektuellen, nicht einesBauherrn. In der Tat war der frühere Moskau-Korrespondent des«Spiegel» nur der Ideengeber und begleitet jetzt das Projekt. Dochwarum will der Katholik ein orthodoxes Kloster? «Ich liebe dieLiturgie, diese Gesänge», sagte der 67-Jährige. Ohnehin gebe es mehrGemeinsames als Trennendes zwischen Katholiken und Orthodoxen.
Die Kosten des Kloster-Projekts, das Kuchinke gemeinsam mit demPatriarchat von Moskau angeschoben hat, übernimmt nach seinen Wortenein Unternehmen aus der russischen Metallindustrie. Fünf bis sechsMillionen Euro würden gebraucht, Fördergeld aber nicht beantragt.Gekauft habe «der Sponsor» das Anwesen vom Bund für einen Euro. Dassdas Unternehmen den repräsentativen Bau auch zur Selbstdarstellungnutzen wird, schließt der Ideengeber nicht aus.
Bis dahin ist noch viel zu tun. Nach knapp drei Monaten Arbeit istder Keller trocken gelegt, neue Wasserleitungen ziehen sich durchGräben zwischen Containern. Ende 2008 soll das Kloster fertig sein,schon in diesem Jahr sollen die ersten Mönche kommen, um den Baumitzuerleben. In Worten des heiligen Augustinus spricht aus KuchinkeZuversicht: «Nur wer selbst brennt, kann andere entflammen.»