Bernt Wilke Bernt Wilke: Licht der Landschaft
Leuna/MZ. - Den in Wittenberg geborenen Maler Bernt Wilke, der am Mittwoch seinen 60. Geburtstag feiert, zählt der hallesche Kunsthistoriker Wolfgang Hütt zu den Repräsentanten der mittleren Generation von DDR-Künstlern, die in ihrem Werk offen oder versteckt Kritik an den Verhältnissen übten. Dass er sie auch wörtlich äußerte, dafür hat Hütt Belege in den Akten von Stasi-Spitzeln gefunden. Hütt hebt Wilke aber auch künstlerisch heraus, da er in ihm die würdige Nachfolge Karl Erich Müllers sieht, dessen Meisterschüler er war.
Jetzt ist das alles im Lichte einer radikal veränderten Kunstszene neu zu betrachten. Die Gelegenheit dazu bietet die Galerie im Kulturhaus Leuna, die dem Jubilar an einer seiner wesentlichen Wirkungsstätten den Platz für eine von ihm selbst zusammengestellte retrospektive Auswahl zur Verfügung gestellt hat. Ein Werk ist auf knapp bemessenem Raum zu betrachten, das auf Repertoire-Stücke verzichtet, um den Maler ungeachtet von Glanzlichtern in seiner Bandbreite und Eigenart zu Geltung zu bringen.
Allerdings offenbaren sich zuweilen Unebenheiten, die ein Oeuvre unweigerlich kennzeichnen, wenn es, wie bei Wilke, inhaltlich und formal Ambitioniertes in eine Reihe mit eher konventionellen Werken stellt. In seinem malerischen Duktus unverkennbar an Traditionen der expressiven Moderne orientiert, erweist sich Wilke schon auch anteilsmäßig betrachtet in der Landschaftsmalerei heimisch. Die bereichert er um zahlreiche atmosphärische Studien unter nördlicher (Insel Poel) wie auch mediterraner Sonne (Mallorca).
Wilke ist aber niemand, der nicht mit Konventionen ringen würde. Es geht ihm um Gesellschaft und um moralische Werte. Dafür sucht er nach Ausdruck, der kraftvoll ist, gelegentlich aber ans Plakative stößt, etwa in seiner blutrot unterlegten Allegorie des biblischen Brudermord-Motivs. Wie bei Karl Erich Müller bleiben aber die Grenzen einer sozial- und gesellschaftskritisch aufgeladenen Haltung erkennbar, die mehr Biss bräuchte.
Auch die in der DDR so viel beachteten Bilder dem Verfall preisgegebener Straßen dringen nicht in jene zeitlose Abstraktion vor, die vergleichbare Arbeiten Otto Möhwalds kennzeichnen. Die literarisch inspirierten Zeichnungen etwa nach Günter Grass machen auf einer vordergründigen Ebene Halt, die dem freien Strich widerspricht. Sein zahlreiches Publikum aber wird in Leuna den Maler wiederfinden, der in Handschrift und Bandbreite die Sehnsucht nach klassischer Malerei befriedigt, die ihr Terrain selbstbewusst und mit sicherer Hand behauptet.
Bis 4. April, Di und Do 11-17, Mi 11-19, Fr 11-13 Uhr und nach Vereinbarung. Eröffnung heute um 17 Uhr.