Berlin Berlin: Neues Leben im Palast der Republik vor dem Ende

Berlin/dpa. - Seit 14 Jahren ist der Palast der Republik inBerlin geschlossen und ebenso lange dauert der Streit über Erhaltoder Abriss des einstigen Vergnügungshalle der Ost-Berliner, die auchSitz der DDR-Volkskammer war. Kaum hatte der Bundestag schließlich imJuli 2002 mit großer Mehrheit für seinen Abriss votiert, um infernerer Zukunft (wenn die Haushaltskasse wieder stimmt) einen Neubauin der Fassade des historischen Hohenzollernschlosses zu errichten,erwachte die asbestsanierte Ruine neben dem Berliner Dom zu neuem,ungeahnten Leben.
Von «kultureller Zwischennutzung» war die Rede, was die Sachlagevor dem nunmehr für 2005 geplanten Abriss nicht ganz trifft,«Endabnutzung» ist wohl richtiger. «Best before» ist nun das Mottoder Veranstalter, bevor der letzte Vorhang fällt - Sektbar und roterTeppich inklusive.
Seit Monaten erfreuen sich zahlreiche kunterbunte Veranstaltungenin «Erichs Lampenladen», wie der von 1973 bis 1976 erbaute Palast vonder DDR-Bevölkerung wegen des Lichtermeeres in Honeckers populärerVorzeigestube auch genannt wurde, großer Beliebtheit. Mal gab eseinen Sängerwettstreit mit Arbeiterliedern, dann traten die Bläserder New Yorker Philharmoniker auf, es gab eine «Nacht derKomödianten» und Filmabende, dann wurde der Palast auch mal«geflutet», wie die Veranstalter etwas großspurig ankündigten, alssie das Erdgeschoss unter Wasser setzten, um Besucher mitSchlauchbooten durch eine imaginäre Stadtlandschaft zu fahren.
Sogar die hochoffiziellen Berliner Festspiele finden gefallen andem pittoresken Aufführungsort und wollen dort Frank Castorfs Fassungvon Alfred Döblins «Berlin Alexanderplatz» zeigen. Und Altrocker UdoLindenberg träumt jetzt davon, noch einmal wie zu DDR-Zeiten imPalast der Republik aufzutreten, in Erinnerung an seinen legendärenAuftritt 1983 bei einer «Künstler für den Frieden»-Aktion. EinzelneProjekte im Palast erfreuen sich sogar einer finanziellenUnterstützung aus dem (vom Bund getragenen) Hauptstadtkulturfonds,auch wenn Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) unterdem Druck der Bundestagsabgeordneten steht, die auf den Abrisspochen. Ob CDU-Chefin Angela Merkel oder Grünen-Politikerin AntjeVollmer, sie wollen zügige «tabula rasa». Bundeskanzler GerhardSchröder (SPD) fand die Palast-Ruine schon immer ein Ärgernis.
Eine private Initiative «Volkspalast» hat bisher dabei die Regieübernommen, die nun bis zum endgültigen Aus im Sommer oder Herbst2005 vom Museumspädagogischen Dienst abgelöst werden soll, der inBerlin die traditionelle «Lange Nacht der Museen» veranstaltet. Beider letzten Nacht Ende August strömten allein 15 000 Besucher in denPalast, der mit in das Besucherprogramm einbezogen wurde.
Jetzt will Wolf Kühnelt vom Museumspädagogischen Dienst (MD) inBerlin im Endspurt noch einmal alles bündeln und den Berlinern einenbunten Abschiedsstrauß von Veranstaltungen bieten, die auch vonSponsoren unterstützt werden sollen. «Warum denn nicht Outdoor-Ausstatter, die mit Rucksäcken an der Fassade herumkraxeln und dorteine Messe veranstalten, oder Geländewagen, die die breitenPalasttreppen hoch und runter fahren. Und Bertelsmann liegt dochgleich gegenüber und hat vielleicht auch Interesse anVeranstaltungen.»
Dabei soll an diesem «Ort der heute noch nachspürbaren Geschichte»auch einiges Wissenswerte über die Berliner Geschichte vermitteltwerden, «lernen ohne belehrt zu werden». Ein «großes Kulturinstitut,das eine große Vergangenheit hat, aber keine Zukunft, soll nocheinmal für kurze Zeit lebendig werden. Das ist keine geriatrischeHilfsmaßnahme für den Palast, aber ein Aufblitzen vor derallerletzten Langen Nacht im Palast Ende August 2005, zum 15.Jahrestag der Schließung des Hauses.»