Berlin Berlin: Erwin Geschonneck ist tot

Berlin/dpa. - Zu seinen bekanntesten Filmen zählt «Jakob der Lügner» vonFrank Beyer (1974), der als einziges Werk in der Geschichte der Defafür einen Oscar nominiert wurde. Geschonneck, der einen Großteil derGeschichte der DDR-Filmgesellschaft mitgeschrieben hat, machte sich
als Charakterdarsteller, aber auch mit hintergründig-humorvollenRollen einen Namen. Er erhielt mehrmals den DDR-Nationalpreis undeinige Jahre nach der Wiedervereinigung auch das Filmband in Gold derBundesrepublik.
Geschonneck war in mehr als 100 Rollen in Film und Fernsehensowie auf der Bühne zu sehen, darunter in «Karbid und Sauerampfer»,«Das Beil von Wandsbek», «Gewissen in Aufruhr» und «Nackt unterWölfen». Zum letzten Mal hatte er 1995 in der von seinem Sohn Mattigedrehten Tragikomödie «Matulla & Busch» vor der Kamera gestanden.
Im Dezember 2006 wurde der große alte Mann des ostdeutschen Filmsan seinem 100. Geburtstag mit einer Hommage in der Akademie derKünste geehrt. Die Akademie würdigte Geschonneck am Mittwoch als«aufrechten, unbeugsamen Zeitgenossen». «Gleichgültigkeitverabscheute er, wo immer sie sich breitmachte», hieß es in derMitteilung. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)sagte, Geschonneck sei mit mit Leib und Seele ein Volksschauspielergewesen, mit einer «aufrechten politischen Überzeugung». «Bis inshohe Alter hinein blieb er sich treu», hob Wowereit in einerMitteilung hervor. «Er bleibt uns unvergessen.»
Lothar Bisky und Gregor Gysi (Linke) trauerten «um einengroßartigen Menschen, einen Künstler, der das 20. Jahrhundertintensiv durchlebt und geprägt hat». Geschonneck habe die PDS in den90er Jahren begleitet und sei bis zuletzt Mitglied der Linkengewesen, betonte die Parteispitze. Geschonneck habe sowohl das«antifaschistische Filmerbe» geprägt, als auch darstellerisch dieWidersprüche in der DDR-Gesellschaft «voller Leidenschaftkommentiert».
Der in Ostpreußen geborene Jung-Kommunist Geschonneck war beiMachtantritt der Nazis 1933 in die Sowjetunion geflüchtet. Nachdemihn sein Zufluchtsland auswies, geriet er 1939 in Prag in die Fängeder Gestapo. Durch drei Konzentrationslager getrieben überlebte erden Untergang der «Cap Arcona» mit mehreren tausend KZ-Häftlingen anBord in der Lübecker Bucht wenige Tage vor Kriegsende.
Seine Karriere als Schauspieler begann nach 1945 bei Ida Ehre inHamburg sowie am Berliner Ensemble unter Bertolt Brecht. Seine letzteRuhe findet Geschonneck auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof inBerlin, dem traditionsreichen Künstlerfriedhof. Dort hatte er sichnoch zu Lebzeiten eine Grabstelle reservieren lassen, neben dem Grabvon Brecht und Helene Weigel.