Belletristik Belletristik: Französische Pianistin legt autobiografischen Roman vor

New York/dpa. - Als Kind will Hélène Grimaud schwierig gewesen sein, einestörrische Einzelgängerin. In der Schule im französischen Aix-en-Provence fühlte sie sich fehl am Platz und stand immer im Abseits.Sie galt als unerzogen, unberechenbar und undiszipliniert. MitBallettstunden, Kampfsportarten und Tennis versuchten ihre Eltern,ihr ein Ventil für ihre überschüssige Energie zu bieten. Nichts half.Der «Urknall ihres Bewusstseins», wie Grimaud es nennt, passierteerst, als sie mit sieben Jahren zum ersten Mal vor einem Klavier saß.
«Spielen war für mich etwas vollkommen Natürliches, eineFortsetzung meines Wesens», schreibt Grimaud. «Ich stürzte mich aufPartituren, die ich wie Bücher verschlang (...) Ich drang mit meinerArt intuitiven Wissens in die Musk ein.» Bald wurde ihr Talenterkannt, und als Zwölfjährige studierte sie nach der Aufnahmeprüfungam Nationalen Musikkonservatorium in Paris bei bekannten Lehrern. Mit15 Jahren spielte sie ihre erste CD ein. Seitdem war die Karriere derFranzösin nicht zu stoppen: Sie tritt weltweit mit Meister-Dirigentenwie Daniel Barenboim, Kurt Masur, Christoph Eschenbach auf, wird vonTop-Orchestern begleitet. Chopin wurde ihr Lieblings-Komponist.
Dann traf sie auf die Wölfin Alawa, die sich ein Exzentriker inFlorida als Haustier hielt: Zwischen ihr und dem Tier entstand soforteine besondere Beziehung. Grimaud beschreibt sie fast mystisch. DieBerührung «ließ einen geheimnisvollen Gesang in mir aufsteigen, denRuf einer unbekannten und ursprünglichen Kraft», heißt es in ihremBuch. Zu dem Zeitpunkt war sie bereits in die USA übergesiedelt. Ausihrer Faszination für Alawa entstand der Wunsch, dieser vomAussterben bedrohten Tierart zu helfen. Eine Stunde von New Yorkentfernt gründete sie 1997 das «Wolf Conservation Center», ein vielbesuchtes Wolfsgehege mit Dokumentationszentrum. Dort hält sie vierWölfe Apache, Atka, Kaila und Lukas. Und dort lebt sie auch mit ihremLebensgefährten, dem amerikanischen Fotografen J. Henry Fair, wennsie nicht auf Tournee ist.
Die Pianistin besteht darauf, dass «Wolfssonate» keine pureAutobiografie ist. Zwischen den Erzählungen über ihren Werdegang hatGrimaud abstrakte Essays gestreut über die Beziehungen zwischen Naturund Kunst, Verantwortung, Religion, Komponisten und die Geschichteder Wölfe in Europa. Diese Passagen sind zwar interessant, manchmalallerdings etwas zu langatmig und unterbrechen den Erzählfluss. DerTon des Buches ist außerdem gelegentlich etwas schwülstig - so als obihr Temperament mit ihr durchgehen würde.
Hélène Grimaud: Wolfssonate Blanvalet Verlag, München 256 S., Euro 19,90 ISBN 3-7645-0196-0