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Beerdigung Beerdigung: Schriftsteller Wolfgang Hilbig in Berlin beigesetzt

09.06.2007, 14:35

Berlin/dpa. - Der Schriftsteller Wolfgang Hilbig («EineÜbertragung», «Das Provisorium») ist am Samstag auf demDorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beigesetzt worden. Er war am2. Juni im Alter von 65 Jahren einem Krebsleiden erlegen. Auf derTrauerfeier ehrten ihn unter anderem die Verlegerin Monika Schoellerund Autoren wie Ingo Schulze, Volker Braun, Adolf Endler und KatjaLange-Müller. Sie lasen Gedichte Hilbigs und Auszüge aus einigenseiner Prosastücke. Der Bogen spannte sich dabei von dem 1969entstandenen Text «Abwesenheit» bis zu seinem letzten im März diesesJahres entstandenen Gedicht über die Auseinandersetzung mit demeigenen Schaffen im Angesicht des nahenden Todes.

Hilbig wurde unweit der Grabstätte des 2004 verstorbenenPublizisten und Politikers Günter Gaus beigesetzt, mit dem erbefreundet war. Unter den etwa 250 Trauergästen warenFamilienangehörige, Freunde und Kollegen. Auf dem historischenFriedhof sind auch die Gräber der Schriftsteller Bertolt Brecht,Heinrich Mann, Anna Seghers, Stephan Hermlin und Heiner Müller, derPhilosophen Hegel und Fichte, des preußischen Baumeisters KarlFriedrich Schinkel sowie von Bundespräsident Johannes Rau.

Hilbig gilt als einer der großen deutschen Sprachkünstler derletzten Jahre. In seinem bekanntesten Werk, dem Roman «Ich» von1993, schrieb Hilbig über einen Lyriker, der als Spitzel für dieStasi arbeitet. Das Buch wurde von der Kritik als«Gesellschaftsroman über die Endzeit der DDR» und als «Fest für diedeutschsprachige Gegenwartsliteratur» gelobt. Zentrales Thema des1941 im sächsischen Industriestädtchen Meuselwitz bei Leipziggeborenen und über die Arbeiterkulturschulung in der DDR zum Dichtergereiften Hilbig war das Beharren auf Individualität. 1985 siedelteHilbig von Ost nach West-Deutschland über.

Die «Süddeutsche Zeitung» nannte ihn «den letzten großendeutschen Dichter, von dem man hätte sagen können: Er war ein Naiverim Sinne Schillers.» Die «Tageszeitung» sah in seinerHeimatlosigkeit einen Ursprung seiner Sprachwut und schrieb: «ImOsten war er voller Hoffnung auf die große Freiheit, und im Westenvoller Sehnsucht nach dem Osten.»

Hilbig wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit demKranichsteiner Literaturpreis (1987), dem Ingeborg-Bachmann-Preis(1989), dem Fontane-Preis der Berliner Akademie der Künste (1997)und mit der wichtigsten deutschen Literaturauszeichnung, dem Georg-Büchner-Preis (2002). Den Erwin-Strittmatter-Preis des LandesBrandenburg konnte Hilbig im vergangenen Mai schon nicht mehrpersönlich entgegen nehmen.