Bärbel Wachholz Bärbel Wachholz: «Ulbrichts Nachtigall»

Auerbach/Berlin/dpa. - Ein Scheich war fasziniert von ihrerSchönheit und der tollen Stimme: Für 300 Kamele sollte sie die Seinewerden. Auch der erste Mensch im All, Juri Gagarin, verehrte dieschlanke Blondine und reiste samt Blumenstrauß zu ihren Konzerten.DDR-Schlagersängerin Bärbel Wachholz (1938-1984) führte ein Leben imRampenlicht. Die schillernde Frau, die im Sozialismus eine damalsungewöhnliche Showkarriere hingelegt hat, fasziniert heute noch.
Mythen, Klatsch und Tratsch ranken sich um das Leben der im Altervon 46 Jahren gestorbenen Künstlerin. Der Sachse Joachim Lang - biszur Pensionierung Leiter der Geschäftsstelle der Industrie- undHandelskammer (IHK) Auerbach - erinnert jetzt an sein Idol. In einemgut 420 Seiten starken Buch lässt der 61-Jährige das Leben seinesStars Revue passieren - und beleuchtet zugleich die Zeit von WalterUlbricht bis zu Erich Honecker.
Lang nutzt sein im Laufe der Jahrzehnte zusammengetragenes Archivund befragte etwa 120 Zeitzeugen. «Es ergibt sich ein Bild, wie derStar wirklich war», sagt Lang. «Ich sehe Bärbel Wachholz nicht nurrosarot, auch unbekannte Seiten sollen dargestellt werden.»
Als 17-Jährige nahm die gelernte Fotografin aus Eberswalde(Barnim) an einem Talentwettbewerb teil. 1959 schrieb dann derKomponist Gerd Natschinski den Song «Damals». Der Text kam vonRudolf-Günter Loose, der auch «Marmor, Stein und Eisen bricht» fürDrafi Deutscher schrieb. Die Ost-Sängerin begeisterte damit Hörer inOst und West, eroberte die Hitparade von Radio Luxemburg. Ihre Titelerschienen im Osten bei der Schallplattenfirma Amiga, im Westen beiFontana. «Ihre Ausstrahlung machte atemlos: Kam sie auf die Bühne,zog sie alle in ihren Bann», schwärmt Lang.
Zur Zeit ihrer größten Erfolge in den 1950er und 1960er Jahrenwar Wachholz in der DDR ein Star. Mit allem, was dazu gehörte:Reisen, stadionfüllende Auftritte in Ost und West, Auszeichnungen undDesignerkleider, die von DDR-Frauen an den heimischen Nähmaschinenkopiert wurden.
Dann das tragische Ende: «Wegen ihres Erfolges auch im Westenwurde sie argwöhnisch beobachtet», erklärt Lang. Zwei missglückteRepublikfluchten brachten der erfolgsverwöhnten Frau Berufsverbot.«Keine Auftritte, Einsamkeit, Alkohol», beschreibt Lang denTeufelskreis. Anfang der 1970er Jahre durfte sie wieder aufdie Bühne zurück: mit intensiver Stimme wie einst, allerdingsgezeichnet von gesundheitlichen Problemen.
Lang lässt in seinem Buch das «Who is Who» der deutschenSchlagerbranche zu Wort kommen. Entertainer Lutz Jahoda schreibt:«Bärbel Wachholz war ein Phänomen: Sie war plötzlich da, keineAnfängerin, sondern schon perfekt.» Selbst Sängerin Dagmar Fredericgibt freimütig zu, dass sie der Stern war, zu dem sie aufschaute.
DDR-Schlagerstar Frank Schöbel («Wie ein Stern») hat eine ganzpersönliche Erinnerung an Bärbel Wachholz: Als er 14 Jahre alt war,bekam er von ihr ein Küsschen auf die Wange. «Und war wohl einbisschen in sie verliebt», erzählt der Sänger.
Joachim Lang, «Das offizielle Bärbel Wachholz Buch», ISBN978-3-00-032397-3, 29,95 Euro