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Bad Kösen im Burgenlandkreis Bad Kösen im Burgenlandkreis: Niemand will Paul Schultze-Naumburgs Erbe

Von Günter Kowa 11.08.2013, 19:45
Bibliothek von Paul Schultze-Naumburg in Saaleck, 20er Jahre
Bibliothek von Paul Schultze-Naumburg in Saaleck, 20er Jahre Repro/MZ Lizenz

naumburg/MZ - Gute fünf Jahre liegt der Versuch zurück, die „Stiftung Saalecker Werkstätten“ unter veränderten Vorzeichen neu zu beleben und damit der Wirkungsstätte des Architekten und NS-Vordenkers Paul Schultze-Naumburg (1869-1949) eine neue Bestimmung zu geben. Am Anwesen hoch über den Saalefelsen bei Bad Kösen deutet aber der Anschein darauf hin, dass diese Initiative zum Scheitern verurteilt ist.

Das Haus, das Schultze-Naumburg neben dem eigenen Wohnsitz als Ateliergebäude errichtete, findet seit Jahren keine Verwendung. Das Grundstück dient zunehmend als lokale Müllhalde und ist zudem höchst gefährdet, da die Kalksteinklippen bröckeln und nur notdürftig mit einem Zaun gesichert sind.

Das benachbarte Grundstück mit dem eigentlichen Wohnhaus, dem Garten und dem als Wohnungen vermieteten Flügel der einstigen Werkstätten gehört nicht ansässigen Privateigentümern. Garten und Werkstattflügel wirken leidlich gepflegt, aber Gartenmauern brechen ein und das Wohnhaus steht leer. Einst im Landes-Programm „Gartenträume“ aufgenommen, ist die Anlage schon längst nicht mehr vorzeigbar.

Im sogenannten Architektenhaus birgt das Innere unter einem Mehltau von Staub und Dreck ein Chaos an verwahrlostem Hausrat und zerfledderten Akten und Büchern. Einzig das Eckzimmer mit der bilderbuchreifen Aussicht über das Saaletal erinnert mit den Wandtafeln zur Biografie des Erbauers noch an die Zeiten des Neu-Gründers der Stiftungen, Bernd Romswinkel, dessen unseriöse Amtsführung zu seiner förmlichen Absetzung führte.

Von dem Kuratorium, das sich 2008 zur Neuausrichtung der Stiftungen, im Grunde zu einem völligen Neuanfang, zusammen fand, ist anscheinend nur noch der damals gewählte Vorsitzende Wolfgang Voigt als Ansprechpartner übrig geblieben. Der stellvertretende Direktor des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt lässt am Telefon denn auch keinen Zweifel, dass er für das Projekt kaum noch Hoffnung sieht.

Das Projekt ist zum Beispiel durch die Verbindlichkeiten belastet, die die Stiftung unter dem Versagen ihres vormaligen Leiters in Form von 30 000 Euro Grundschuld hinterlassen hat. Sie ist daher nicht aufgelöst, da das Land als Stiftungsaufsicht die Schulden übernehmen müsste.

Die Lösung bestünde dann darin, Haus und Grundstück an den Immobilienmarkt zu bringen oder zu versteigern. Unter einem neuen Eigentümer gäbe es aber keinen öffentlichen Einfluss mehr auf die mögliche Nutzung. Angesichts der Geschichte des Hauses, das einst Hitler und etliche Nazigrößen zu seinen Besuchern zählte, aber auch des Ortes Saaleck, wo die Rathenau-Mörder ihr Ende fanden, ist nicht auszuschließen, dass es Kaufinteresse aus unliebsamen Kreisen fände.

Die Stadt Naumburg, zu der Bad Kösen neuerdings eingemeindet ist, kennt die Probleme recht genau. „Wir hätten das Haus gerne“, sagt der Kösener Ortsbürgermeister Gerd Forster, „aber es gibt für eine kulturelle Nutzung keinen Spielraum.“ Die Stadt ist in der Haushaltskonsolidierung, aber das ist nicht die alleinige Hürde. Denn nach wie vor fehlt jede Idee, wie das Saalecker Erbe Paul Schultze-Naumburgs kulturell aufzubereiten wäre. Überlegungen dazu hat schon das Kuratorium intensiv angestellt, aber nichts davon ist ausgereift. Reizvoll erscheint Voigts eigener Vorschlag, der braunen Aura des Ortes offensiv zu begegnen und etwa Walther Rathenau zum Gegenstand einer Gedenkstätte zu machen.

2015 will sich Sachsen-Anhalt aus Anlass des 90-jährigen Jubiläums des Dessauer Bauhauses als „Land der Moderne“ präsentieren. Als authentischer Ort der Gegen-Moderne werden die „Saalecker Werkstätten“ von Bauhaus-Totengräber Paul Schultze-Naumburg wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken. Dem Land wird nichts anderes übrig bleiben als sich zu positionieren und für das schwierige Erbe eine Lösung zu finden.