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Autor und Fernsehmoderator Autor und Fernsehmoderator: Roger Willemsen im Alter von 60 Jahren gestorben

08.02.2016, 14:15
Roger Willemsen am 31.102009 im Zuschauersaal des Kinos Babylon in Berlin.
Roger Willemsen am 31.102009 im Zuschauersaal des Kinos Babylon in Berlin. dpa Lizenz

Hamburg/Frankfurt - Der Bestsellerautor und frühere Fernsehmoderator Roger Willemsen ist tot. Dies bestätigten am Montag sein Büro in Hamburg und der Verlag S. Fischer in Frankfurt. Willemsen starb demnach am Vortag im Alter von 60 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung in seinem Haus in Wentorf bei Hamburg.

Willemsen gehörte zu den bekanntesten deutschen Intellektuellen.

„Darüber kann ich nichts wissen, und das betrübt mich nicht.“
Roger Willemsen auf die Frage nach einem Leben nach dem Tod

„Abweichende Meinungen werden immer dann unterdrückt, wenn sie besonders wichtig sind.“

„Da wir das Leben nicht verlängern können, müssen wir es verdichten.“

„Entweder ich lasse mich bekochen, oder ich esse Wackersteine“
Roger Willemsen über seine Kochkunst

„Ein Buch, das einem keine Lebenszeit stiehlt, sondern sie bereichert. Ein Buch, das sinnliche und geistige Erkenntnisse fördert. Ein Buch, das den Protest gegen gesellschaftliche Missstände auf den Begriff bringt und so dem Urteil des Lesers hilft. Wichtig ist ein Buch, das die Raffinesse der Sprachbeherrschung mehrt.“

Roger Willemsen über die Frage, was ein wichtiges Buch ist

„Bestimmten Verhältnissen dem Leben gegenüber ist Radikalität das einzig Vernünftige, was Humanität noch rettet.“

„Zu der Zeit war ich sehr unattraktiv, hatte langes Haar, das sich wie angewestes Sauerkraut auf die Schultern runterbewegte. Wenn meine Nase das Haar mal scheitelte, dann holten die Leute die Kinder von der Straße.“
Roger Willemsen über sein Aussehen als Jugendlicher

„Soziale Fragen löst man, indem man asozialen Fragern den Lebensraum entzieht.“

„Viele, die sich auf den Weg der Selbstfindung machen, sind ängstlich, sie könnten ankommen.“

„Ich finde mich bis heute nicht sexy. Das Einzige, was ich tun kann, ist Frauen besinnungslos quatschen.“

Roger Willemsen über die Frage, ob er sich als Erwachsener attraktiv findet

Die Leute adoptieren ziemlich schnell ein Berufs-Ich. Der klassische Vorwurf gegen einen Intellektuellen lautet: Der hat Wirklichkeitsverlust, lebt im Elfenbeinturm. Jetzt erfährt man plötzlich: Der ist ganzkörpertätowiert, hat uferlosen Sex, geht ins Bordell, macht sich der Kleinkriminalität schuldig… Da möchte man am liebsten sagen: Der ist kein Intellektueller mehr! Dabei ändert das die Qualität seines Denkens nicht.

Roger Willemsen über Intellektuelle

„Der Exzess der Nichtigkeit aber erreicht seinen Höhepunkt, wo Heidi Nazionale mit Knallchargen-Pathos und einer Pause, in der man die Leere ihres Kopfes wabern hört, ihre gestrenge Entscheidung mitteilt und wertes von unwertem Leben scheidet. Da möchte man sechs Sorten Scheiße aus ihr herausprügeln – wenn es nur nicht so frauenfeindlich wäre.“

Roger Willemsen über Heidi Klum und die Sendung „Germany‘s Next Topmodel“

Es gibt unter Menschen die Lebenden und die Erloschenen. Die letzteren tun das Erwartbare, sagen das Erwartbare, überfordern keinen und fühlen sich wohl in Stereotypen. Die Lebenden dagegen sind unvorhersehbar, abrupt, anstrengend. In der Welt der Schaulust sind die Erloschenen eigentlich untragbar, denn sie langweilen, es gibt wenig an ihnen zu beobachten. Aber man kann mit ihnen Panel-Shows und öffentlich-rechtliche Partyspielchen aus den Siebzigern bestücken, also Primetime-Entertainment. Da schaden sie nicht, gefährden niemanden durch Originalität oder Spontaneität und sind rasch vergessen.

Roger Willemsen über das Dschungelcamp (Süddeutsche Zeitung)

Bekannt wurde er vor allem mit essayistischen Reisebüchern („Die Enden der Welt“). Zuletzt landete er mit seinem Buch „Das Hohe Haus“ (2014) einen Bestseller. Dafür hatte er ein Jahr lang das Geschehen im Bundestag von der Tribüne als Zuhörer verfolgt.

Im Fernsehen machte sich der Autor vor allem in den 90er Jahren mit der ZDF-Talksendung „Willemsens Woche“ einen Namen. Im Schweizer Fernsehen moderierte er den „Literaturclub“.

Die Krebserkrankung war bei Willemsen im August vergangenen Jahres - wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag - festgestellt worden. Daraufhin sagte er alle öffentlichen Veranstaltungen ab. (dpa)