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Ausstellung in Aschersleben Ausstellung in Aschersleben: Ehepaar Neo Rauch und Rosa Loy gemeinsam

Von Kai Agthe 02.06.2018, 09:57
Rosa Loy und Neo Rauch: „Am Saum“ (2018), Gouache, Courtesy Kohn Gallery, Los Angeles; Galerie Kleindienst, Leipzig; Gallery Baton, Seoul; Galerie Eigen+Art, Leipzig; David Zwirner, New York
Rosa Loy und Neo Rauch: „Am Saum“ (2018), Gouache, Courtesy Kohn Gallery, Los Angeles; Galerie Kleindienst, Leipzig; Gallery Baton, Seoul; Galerie Eigen+Art, Leipzig; David Zwirner, New York Uwe Walter/© VG bild kunst, Bonn, 2018

Aschersleben - Jongleure und Akrobaten, Pilzmenschen und Außerirdische bevölkern jenen dunklen Märchenwald, der, „Am Saum“ betitelt, am Anfang der Jahresausstellung der Grafikstiftung Neo Rauch Aschersleben zu sehen ist. Die Zeichnung darf programmatisch verstanden werden, zeigt die Schau doch Arbeiten auf Papier des Leipziger Malerstars und seiner Frau Rosa Loy.

„Am Saum“ macht aus dem Neben- ein Miteinander, da das Künstlerpaar die Arbeit gemeinsam ausgeführt hat. Dass die Ausstellung den zunächst wenig aufregenden Titel „Die Strickerin“ trägt, erklärt sich mit dem gleichnamigen Motiv, dem Loy (60) und Rauch (58) auch unabhängig voneinander einige Blätter widmen.

Neo Rauch: Ausstellung, die Arbeiten verknüpft mit Werken anderer Künstler

Neo Rauch verdankt der Stadt Aschersleben, in der er Kindheit und Jugend verbrachte, viel, weshalb er sich 2012 zur Gründung der Grafikstiftung entschloss. Die sammelt seither, was Rauch an Drucken fertigt - und sie veranstaltet jährlich eine Ausstellung, die Rauchs Arbeiten verknüpft mit Werken anderer Künstler. Im vergangenen Jahr sah man Zeichnungen und Grafiken Rauchs zusammen mit Arbeiten seines Leipziger Lehrers und väterlichen Freundes Arno Rink. Es war eine der letzten, wenn nicht gar die letzte Ausstellungen zu Lebzeiten Rinks, der im vergangenen September mit 76 Jahren starb.

Die Jahresausstellung 2016 war, nicht weniger berührend, Arbeiten von Vater und Sohn Rauch gewidmet. Seinen Vater Hanno hat Neo so wenig kennenlernen können wie seine Mutter Helga. Die Eltern des Künstlers starben vier Wochen nach der Geburt des Sohnes bei einem Zugunglück in Leipzig. So kam Neo Rauch 1960 nach Aschersleben, wo er bei den Großeltern mütterlicherseits aufwuchs. Deshalb kann der als „Majoran-Stadt“ bekannte Ort einen der wichtigsten Gegenwartskünstler einen seiner berühmtesten Söhne nennen. Keine Frage: Für die Außenwirkung Ascherslebens ist Neo Rauch unbezahlbar.

Ausstellung in Aschersleben: Vor allem aktuelle Arbeiten

Das mag auch für seine Arbeiten gelten, die für kleines Geld schon lange nicht mehr zu haben sind. Umso schöner, dass die jüngste Produktion des Zeichners und Grafikers Rauch alljährlich in der Stiftung zu sehen ist. Auch der überwiegende Teil der Arbeiten Rosa Loys datiert aus den Jahren 2017 und 2018, so dass man beiden Künstlern fast so nahe ist, als stände man ihren Ateliers.

Das Ehe- gehört als Künstlerpaar zur Neuen Leipziger Schule, wie sie die Hochschule für Grafik und Buchkunst hervorbrachte. Bei allen Gemeinsamkeiten in Formen und bei Themen gibt es, wie die Schau zeigt, doch ein Unterscheidungsmerkmal zwischen Rauch und Loy: Sie ist so konsequent, auf ihren Werken nur Frauen zu zeigen. Das sind oft der Schwerkraft entzogene Wesen wie auf dem Bild „Himmelsmantel“. Die hier schwebende Frau, die eine kleinere Frau umarmt, trägt einen Umhang, auf dessen Innenseite der bestirnte Nachthimmel zu sehen ist. Das Weibliche ist - so könnte eine These über ihr Werk lauten - bei Loy auch immer das Gefährdete.

Neo Rauch und Rosa Loy: Surreale spielt eine wichtige Rolle

In beider Werk spielt das Surreale eine wichtige Rolle, wobei die Neigung zum Übernatürlichen und Alptraumhaften bei Rauch stärker ausgeprägt ist als bei Rosa Loy, deren Arbeiten aber ähnlich poetisch sind wie die ihres Mannes.

„Wir machen eine Notiz, Neo Rauch macht eine Zeichnung“, sagt Christiane Wisniewski, die Leiterin der Grafikstiftung, bei Betrachtung jener als Block gehängten Auswahl von 33 Zeichnungen Neo Rauchs, die allesamt 2017 und 2018 entstanden sind. Darunter befinden sich ausgearbeitete Blätter, aber auch Werke, die Skizzencharakter haben. Unter diesen wiederum überrascht das Blatt „Bergsee“, das - ungewöhnlich für Rauch, der ja nicht primär Landschaftsbildner ist - eine alpine Felsformation zeigt.

Neo Rauch: Je ein Druck für Aschersleben

Der vorletzte Druck einer jeden Auflage von Rauchs Grafiken geht automatisch in den Bestand der Stiftung über. Die Einrichtung kann sich, dank der rasanten Produktion des Künstlers, neben zahlreichen, in diesem Jahr entstandenen Lithografien zumindest auch über eine Radierung freuen - eine grafische Technik, die Rauch, wie Wisniewski weiß, eher selten nutzt. Rauchs feinlinige Radierung „Die Herrin“ zeigt zwei Männer, die sich ehrfürchtig einer Frauen-Statue nähern, deren puppenhaft erstarrtes Gesicht ebenso verstört wie ihr von zahllosen Lanzenspitzen durchdrungener Leib.

Von Aschersleben führt für Rauch und Loy nun der nächste Weg auf Richard Wagners Grünen Hügel: Die Leipziger gestalten in diesem Jahr das Bühnenbild für die „Lohengrin“-Inszenierung von Yuval Sharon bei den Bayreuther Festspielen. Neo Rauch und Rosa Loy sind damit beim Gesamtkunstwerk angekommen.

››Rosa Loy und Neo Rauch: „Die Strickerin“, bis 28. April 2019, Grafikstiftung Neo Rauch Aschersleben, Wilhelmstr. 21, Mi-So 11-17 Uhr. Der Katalog (29,95 Euro) wird am Erscheinungstag, dem 13. Oktober, mit einer Veranstaltung in der Grafikstiftung vorgestellt. (mz)

Künstler- und Ehepaar: Neo Rauch und Rosa Loy
Künstler- und Ehepaar: Neo Rauch und Rosa Loy
dpa