Ausstellung Ausstellung: Der Zweck heiligt die Mittel
Halle (Saale)/MZ. - Ist das nun eine Drohung oder schwacher Trost: "Im Anfang war die Erde / wüst und leer", steht auf der Predella des kleinen Klappaltars, "Aber blühend und voll / wird sie sein / während du sie / verläßt." Das Gedicht von Ernst Jandl hat sich Lutz Kaudelka 1983 als Motto seiner Studienarbeit in der Metallklasse von Irmtraud Ohme an der halleschen Burg Giebichenstein gewählt. Nun steht die Emailarbeit neben vielen anderen Sakralarbeiten in der Ausstellung "Dem Glauben dienend", die vom Kunstverein Talstraße passend zur Zeit des Advents und Jahreswechsels veranstaltet wird. Es sind die heiligen Geräte, die im Mittelpunkt dieser mit liturgischen Gesängen beschallten und durch schöne Schwarz-Weiß-Fotografien von Sigrid Schütze-Rodemann begleiteten Schau stehen. Vortragekreuze für katholische Prozessionen und Monstranzen, in denen gesegnete Hostien zur Verehrung durch die Gemeinde ausgestellt werden, finden sich ebenso wie Leuchter und kleine Altäre, Abendmahlskelche und Taufschalen. Auffallend ist dabei vor allem die gestalterische Demut, die viele der Exponate zur Schau stellen: Anders als in Werken zu weltlichen Themen nehmen sich die Künstler in diesen Arbeiten oft zurück und richten das Augenmerk auf die konkrete gottesdienstliche Funktion ihrer Arbeit. So heiligt der Zweck im wahrsten Sinne des Wortes die Mittel: bei Beatrice Neumanns mattblauen und weißen Gefäßen für den Chorraum der Kirche St. Peter am Petersberg oder bei Irmtraud Ohmes getriebener Aluminium-Schale für die Kirche in Saxdorf, bei Rudolf Bottes dickwandiger Bergkristall-Dose oder bei der Wernigeröder Messingmonstranz von Adolf und Sohn. Immer ist es hier auch die Materialität, der die Aufmerksamkeit gilt und die behutsam betont wird.
Kreuze und Altäre
Dass man sich bei der Arbeit an Gerätschaften für den spirituellen Gebrauch allerdings nicht verleugnen muss, zeigen andere Arbeiten: So ist das in den 1960er Jahren ebenfalls für die Kirchengemeinde Petersberg angefertigte Kreuz von Karin Riebensahm ein Musterbeispiel für das Spiel mit der Ästhetik altrussischer Ikonen in moderner Email-Technik. Auch das Standkreuz aus der Katholischen Pfarrei Santa Anna in Stendal. das Dora und Hubert Kleemann zur selben Zeit mit blutroten Karneolen verzierten, ist im Dialog zwischen der starren Balkenform und dem schmerzlich verbogenen Korpus aus Messing eine ganz eigene Lesart des zentralen christlichen Motivs. Und Karl Müllers Taufbecken mit Taufkanne, die aus den Beständen des Landeskunstmuseums Moritzburg in Halle entliehen wurden, stellen in ihrer klaren geometischen Strukturierung die Entstehung um die Mitte der 1920er Jahre deutlich aus: Hier wird im Geiste des Bauhauses getauft. Dass der gleiche Künstler 40 Jahre später einen Hausaltar schuf, auf dem zwei Engel in naivem Gestus das Alpha und Omega als Zeichen für Anfang und Ende neben den Fuß des Kreuzes halten, belegt die lange Entwicklungslinie seiner Handschrift.
Dass Emaille ein bevorzugtes Material in der sakralen Gebrauchskunst des 20. Jahrhunderts ist, sieht man auch an dem Kelch aus der Kustodie der Burg Giebichenstein Halle, den Lili Schulz um 1921 geschaffen hat - ein wunderschönes Objekt, das in seiner delikaten, lichten Farbgebung an die biblischen Bilderwelten des Marc Chagall erinnert. Manfred Küggner separiert bei seiner Hostienschale für die Bonifatius-Gemeinde Wernigerode die liturgischen Farben Rot, Grün und Violett durch das unschuldige Weiß und bettet so den symbolischen Leib Christi in den Kreislauf des Kirchenjahres.
Kleiner Katechismus
Während die Entdeckung solcher Details theologische Grundkenntnisse voraussetzt, sind die Leuch-terfiguren von Lutz Holland aus dem Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg auch dem Laien zugänglich: Figürliche Ensembles sind dies, die das Halten und Bewahren des Lichtes demonstrieren und und so auf ganz direkte Weise Glauben erhellen. Auf ähnliche Weise gelingt dies auch dem unstrittig größten mitteldeutschen Kirchenkünstler des 20. Jahrhunderts: Heinrich Apel, der u. a. das Franziskus-Geländer im Naumburger Dom gestaltet hat, ist in der Schau mit einem Taufsteindeckel aus Staßfurt vertreten. Hier sieht man das Paradies, den Auszug aus Ägypten, die Gesetzestafeln des Moses und den Messias als Winzer und Sämann - ein kleiner Katechismus für Täufling wie für Paten.
Ausstellung bis zum 26. Februar, Di-Fr 14-19, Sa / So 14-17 Uhr