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Abschied ARD-Urgestein Peter Merseburger gestorben

Manchen Konservativen war der „Panorama“-Moderator Peter Merseburger ein Dorn im Auge, obwohl er einst für die CDU ins Gefängnis ging. Nun starb er mit 93 und hinterlässt ein wichtiges publizistisches Werk.

Von Christof Bock, dpa 17.02.2022, 09:26
Peter Merseburger ist im Alter von 93 Jahren in Berlin gestorben.
Peter Merseburger ist im Alter von 93 Jahren in Berlin gestorben. Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Berlin - Der Journalist und Autor Peter Merseburger ist tot. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Kreis der Familie. Merseburger starb demnach bereits am Dienstag im Alter von 93 Jahren in Berlin.

Der frühere ARD-Korrespondent und politische Publizist gehörte zu den prägenden Gestalten der westdeutschen Medienlandschaft in der Nachkriegszeit, in den 60er und 70er Jahren etwa als Moderator des ARD-Magazins „Panorama“. Seine Berichte und Kommentare lösten teils heftige politische Reaktionen im konservativen Lager aus.

Dabei hatte der in Zeitz (Sachsen-Anhalt) geborene Journalist als junger Mann für die Ost-CDU Plakate geklebt und war dafür in DDR-Haft gekommen. Nach 14 Tagen kam er dank Intervention aus dem Westen frei. Später merkte er gegenüber dem damaligen CDU-Chef Helmut Kohl an, er habe anders als dieser für die Union im Gefängnis gesessen.

Vom „Spiegel“ beeindruckt

Nach dem Wechsel in den Westen kam Merseburger über mehrere Zwischenstationen - darunter beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ - zum Norddeutschen Rundfunk (NDR) nach Hamburg. „Vor allen Dingen das Antiautoritäre hat mich gereizt“, sagte er noch 2021 Deutschlandfunk Kultur. „Es kamen auch die ersten Versuche des investigativen Journalismus, Stichwort Bestechung von Abgeordneten bei der Wahl Bonns zur Bundeshauptstadt. Der Stil des „Spiegel“ beeindruckte mich, wenn ich das mit den deutschen langweiligen Tageszeitungen verglich.“

1967 übernahm Merseburger Leitung und Moderation des TV-Magazins „Panorama“, dessen Gesicht und Stimme er wurde. Mit seinen Beiträgen über die Schattenseiten des ausgehenden Wirtschaftswunders erreichte „Panorama“ ein großes Publikum. Die Quoten lagen oft bei mehr als 30 Prozent. „Panorama“ zeigte Sympathien für die Studentenbewegung und für Willy Brandts Ostpolitik und artikulierte den Wunsch junger Leute nach gesellschaftlicher Liberalisierung. Als durch massive politische Intervention ein Beitrag von Alice Schwarzer über die Abtreibung nicht gesendet wurde, verweigerte Merseburger die Moderation.

„Wir hatten die höchsten Einschaltquoten von Magazinen, aber haben uns immer gefreut, dass darunter Leute waren, die uns nur eingeschaltet haben, um sich zu ärgern“, erinnerte sich Merseburger im Radio-Interview vom vergangenen Jahr. „Wir haben damals versucht, den Vätern zu erklären, warum ihre Söhne auf die Straße gehen und demonstrieren. Da sind wir zwischen verschiedene Feuer gekommen.“

Korrespondent in Ost-Berlin

1975 gab Merseburger Leitung und Moderation von „Panorama“ ab und ging 1977 als ARD-Korrespondent nach Washington - nicht resigniert, wie er beteuerte, aber in Sorge um den „zu ideologischen und parteiischen Journalismus“ der Bundesrepublik. Einen nachhaltigen Eindruck hinterließ er ab 1982 als Korrespondent in Ost-Berlin.

Mit der Sendereihe „Deutsches aus der anderen Republik“ zeichnete Merseburger ein im Westen bisher unbekanntes Bild vom Alltag der DDR. Aber auch viele Ostdeutsche erfuhren aus den Reportagen unbekannte Tatsachen aus dem eigenen Staat. Seine Erfahrungen aus diesen Jahren fasste er in seinem 1988 erschienenen Buch „Grenzgänger“ zusammen.

Anfang Juli 1987 - knapp zwei Jahre vor dem Fall der Mauer - löste Merseburger in London Wolf von Lojewski als ARD-Korrespondent ab. Anfang 1991 ging er als 63-Jähriger vorzeitig in den offiziellen Ruhestand, um als freier Publizist weiter zu arbeiten. Er verfasste von der Kritik hochgelobte Biografien unter anderem über den „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein und den SPD-Politiker Willy Brandt.

NDR-Intendant Joachim Knuth würdigte Merseburgers Qualitäten. „Rhetorisch brillant, streitbar und mutig hat er viele politische Diskussionen der noch jungen Bundesrepublik mit geprägt“, sagte Knuth laut Sendermitteilung. „Seine Leidenschaft, sein Scharfsinn und seine Widerstandskraft bleiben unvergessen.“