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Annekathrin Bürger Annekathrin Bürger: Geliebte Ostsee

Von MARLENE KÖHLER 29.04.2011, 17:03

Halle (Saale)/MZ. - Plötzlich ist dieses Gefühl wieder da, diese Freude, die man schon als Kind empfand, wenn man es nach vielen Monaten wiedersah: das Meer. Wenn der unverwechselbare Geruch in die Nase fuhr, manchmal schon, bevor sich das Wasser zeigte. Das Geschichten- und Gedichte-Buch "Geliebte Ostsee", das die Schauspielerin Annekathrin Bürger (74) gemeinsam mit ihrer Schwägerin Christine Rammelt-Hadelich (55) geschrieben hat, weckt solche Erinnerungen. Die Illustrationen aus dem Skizzenbuch des Malers und Zeichners Olaf Rammelt (56), Bruder der einen und Ehemann der anderen Autorin, verstärken die Sehnsucht nach Rückkehr an die Orte weiter Horizonte.

Man ist mit dem Einfachen zufrieden, erzählen die Texte. Die Eltern - der Bildhauer Martin und die Schriftstellerin Irmela Hadelich sowie der Tiermaler Heinz Rammelt mit seiner Frau Anne - genießen in den fünfziger und sechziger Jahren in Ahrenshoop und Born die Diskussionen mit den Künstlerkollegen, die Treffen mit Malern, Illustratoren, Schriftstellern, Kunsthandwerkern, Wissenschaftlern in entspannter Atmosphäre. Später, als Christine und Olaf längst ihre eigene Familie gegründet haben, bleiben sie der Ostsee treu, und auch Annekathrin Bürger und ihr Mann, der Schauspieler Rolf Römer, reisen jedes Jahr in den Theaterferien an den Darß oder aufs Fischland.

In dem Büchlein findet das Hochgefühl unbeschwerter Sommer auf unterschiedliche Art Ausdruck: mal besinnlich, wenn Christine Rammelt-Hadelich über das "Steine sammeln" nachdenkt, mal ironisch, wenn sie in der "Strandlounge Warnemünde" Leute beobachtet und dies in klugen Versen festhält, mal voller Selbstironie, wenn Annekathrin Bürger vom damals so üblichen Nacktbaden und der "Eitelkeit" der Schauspielerin erzählt. Diese Lieblingsgeschichten der beiden Autorinnen finden bei Lesungen jedes Mal vergnügte Zuhörer.

"Seit ich denken kann, liebe ich die Ostsee", sagt Christine Rammelt-Hadelich, die sich bisher vor allem als Bildhauerin und Keramikerin einen Namen gemacht hat. Obwohl, festgehalten, was um sie herum passiert, habe sie schon immer, sagt die Dessauerin, die Mutter habe ihr wohl das Schreib-Gen vererbt. Doch erst mit ihrem Gedichtband "...was zu betrachten lohnt" von 2008 und ihren Kinderbüchern, die 2009 in der familieneigenen Feder Edition erscheinen, tritt sie als Autorin in die Öffentlichkeit. "Mit Büchern erreicht man mehr Menschen als mit Plastiken, Malerei und Grafik". Zu dem Ostseebuch aber kommt es eher zufällig, durch Anregung einiger Küstenbewohner.

"Während eines Urlaubs haben wir unsere Kinderbücher in Buchhandlungen angeboten. Die Händler fragten, ob wir auch etwas Küstentypisches hätten. Wir erzählten von den Ostsee-Texten und fanden auch gleich den Titel - Geliebte Ostsee. Die Buchhändler meinten, dass sie das unbesehen nehmen würden", sagt Christine Rammelt-Hadelich. Dann wird rangeklotzt, zusammengestellt, neu gedichtet. Olaf Rammelt fordert seine Schwester Annekathrin, die gerade an einem Beinbruch laboriert, auf: "Du hast doch jetzt Zeit. Schreib mal ein paar Ostsee-Episoden auf. Nach deiner Biografie (Der Rest, der bleibt) muss mal wieder was Neues kommen".

Erst will die Bürger nicht, doch dann landet ein Stück nach dem anderen aus Berlin im Dessauer Faxgerät. Im August 2010 erscheint die erste Auflage mit 300 Exemplaren, stolz verteilen die Rammelts die Bücher, u. a. an die "Bunte Stube" in Ahrenshoop. "Als wir wieder nach Hause kamen, wurde per Mail schon Nachschub geordert", sagt Olaf Rammelt. Also kommt es im vorigen September zur zweiten Auflage mit 500 Exemplaren. Und auch diese läuft gut, wird in Thalia-Filialen angeboten, in der Dessauer Fachbuchhandlung Hein, wird per Internet direkt bestellt bei der Feder Edition oder per Telefon aus Hamburg, Berlin oder München.

Dankbar sei sie ihrer Familie, sagt Annekathrin Bürger, dass sie sie aufgerüttelt und einbezogen habe. Und dass im Juli alle zusammen an die Ostsee fahren; sie das erste Mal wieder seit dem Tod ihres Mannes. Für die charismatische Schauspielerin bringt der Buch-Erfolg neue Arbeit mit sich. Denn neben Auftritten mit ihrem aktuellen musikalischen Programm "Liebe heißt das schönste Gift", in dem sie Liebeslieder und Lyrik von Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten vorträgt (am 7. Oktober im Ständehaus Merseburg geplant) und neben den Dreharbeiten zur ARD-Serie "Die Stein"- in der sie die Mutter einer Lehrerin spielt - ist sie mit Lesungen aus "Geliebte Ostsee" unterwegs.