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Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Gerald Fiedler träumt von König Lear

Von Kai Agthe 02.01.2017, 11:00
Er wollte schon als Kind Theaterschauspieler werden: Gerald Fiedler
Er wollte schon als Kind Theaterschauspieler werden: Gerald Fiedler Lutz Sebastian

dessau-rosslau - Als Hugo Junkers hatte er hochfliegende Pläne, als Schlomo Herzl nimmt er einen gewissen Adolf Hitler unter seine Fittiche – und als Gesprächspartner ist Gerald Fiedler ein sehr angenehmes Gegenüber.

In diesem noch jungen Jahr feiert der Dessauer Schauspieler sein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Was denkt er heute über die Schauspielerei? „Es ist immer noch mein Traumberuf“, betont 57-Jährige.

Inszenierung von Dominique Horwitz im Februar wieder im Anhaltischen Theater

Den legendären Flugzeugkonstrukteur Junkers verkörperte er 2013 in „Der fliegende Mensch – Eine Junkers-Saga“, den Schlomo Herzl in George Taboris „Mein Kampf“ gibt Fiedler in der aktuellen Spielzeit des Anhaltischen Theaters.

Das von Dominique Horwitz inszenierte Tabori-Farce, die ab Februar wieder auf dem Spielplan steht, sei eine echte Herausforderung gewesen, sagt Fiedler, der als erfahrener Bühnenakteur seit drei Jahrzehnten eigentlich große Herausforderungen gewohnt ist.

Den aus dem Weimar-„Tatort“ und als Chanson-Sänger bekannten Dominique Horwitz habe er vor dem Tabori-Stück auch nur aus den Medien gekannt. Nach der ersten Begegnung in Dessau wusste Fiedler aber sofort: „Wir sprechen die gleiche Sprache.“ Das merkt man der tollen Inszenierung auch an.

Gerald Fiedler: Vom Nationaltheater Weimar ans Schiller-Theater Berlin

1987, vor genau 30 Jahren, begann Fiedlers Bühnenlaufbahn in Frankfurt (Oder). Im Einheitsjahr ging er an das Deutsche Nationaltheater Weimar und von dort, gemeinsam mit dem Regisseur Leander Haußmann, ans Schiller-Theater in Berlin, das 1993 ebenso kurzfristig wie endgültig seine Pforten schloss.

Das nahm der aus Sangerhausen gebürtige Regisseur Einar Schleef (1944-2001) zum Anlass, seine für die West-Berliner Bühne erarbeitete „Faust“-Inszenierung einfach vor dem Schiller-Theater aufzuführen. Auf die Frage, ob er den Bühnenberserker geltenden Schleef kennengelernt habe, sagt Fiedler: „Nur nebenbei. Er war ein angenehmer Mensch, aber ein anstrengender Theatermann.“

Traumatischer Grundwehrdienst bei der NVA

Das früheste Zeugnis seines Wunsches, Schauspieler werden zu wollen, datiert aus seiner Schulzeit, erklärt Fiedler. Im Zuge des „Berufslenkungsprozesses“ habe der Achtklässler wahrheitsgemäß die Angabe gemacht: Schauspieler oder Schriftsteller.

Den entsprechenden Zettel bekam er mit dem Hinweis zurück, er möge „etwas Ordentliches“ als Berufswunsch notieren: Chemiefacharbeiter oder Journalist habe er dann angegeben. Doch nach dem traumatisch empfundenen Grundwehrdienst bei der NVA habe er auch davon Abstand genommen, ein Mathematik-Physik-Lehrer-Studium zu beginnen.

Erfolgreiche Aufnahmeprüfung an der Ernst-Busch-Hochschule

Fiedler arbeitete kurzzeitig in seinem erlernten Beruf als Elektronikfacharbeiter und als Toningenieur an einem Ost-Berliner Theater, wusste aber immer, dass er auf der Bühne stehen wollte. Die Aufnahmeprüfung an der nach Ernst Busch benannten Hochschule für Schauspielkunst bestand er auf Anhieb. Die heute vor allem aus dem Fernsehen bekannten Schauspieler Jan Josef Liefers, Götz Schubert und die seit 1992 als RTL-Wetterfee tätige Maxi Biewer, die Ende der 80er Jahre auch als Gast am damaligen Landestheater Dessau zu erleben war, gehörten damals zu Gerald Fiedlers Studienjahr.

Ein Ausgleich zur schweißtreibenden Bühnenarbeit ist für den Schauspieler das nicht minder anstrengende Paddeln auf der Elbe. Wenn es das Wetter zulässt, fährt er gern einige Kilometer gegen den Strom, um sich dann, dabei gern eine Zigarette rauchend, zum Ausgangspunkt zurücktreiben zu lassen. „Man kann auch im Winter paddeln, so lange sich kein Eis bildet“, sagt der passionierte Sportler im Schauspieler, der im Schnitt 1 000 Kilometer pro Jahr auf dem Wasser unterwegs ist. Auch die 66 Flusskilometer nach Magdeburg habe er schon mehrfach auf der Elbe zurückgelegt.

In der Landeshauptstadt ist Gerald Fiedler gern gesehener Gast an den Freien Kammerspielen, wo er im Sommertheater-Projekt „Olvenstedt probiert’s“ mitwirkt, in dessen Rahmen alljährlich ein neues, von dem Magdeburger Dramatiker Dirk Heidicke geschriebenes Stück zur Aufführung kommt. „In den Inszenierungen spielen wir Schauspielprofis Laien, die versuchen, professionell Theater zu spielen. Allein schon daraus resultiert zu einem großen Teil die Komik dieser Stücke“, erklärt Fiedler, der zwischen 1997 und 2001 auch als Regisseur an den Freien Kammerspielen in Magdeburg tätig war.

Ob er befürchte, dass es nach dem Auslaufen des Vertrages zwischen den Theatern Sachsen-Anhalts und dem Land 2018 und dessen Neuverhandlung ähnliche Kürzungen wie im Jahr 2013 geben werde? Für ausgeschlossen halte er es nicht, hoffe aber auf das Gegenteil: Dass es mehr Geld für die Bühnen geben möge. „Selbst wenn die finanzielle Unterstützung durch das Land gleich bliebe, würde das für die Theater nicht ausreichen, da die laufenden Kosten einer Bühne mit jedem Jahr steigen“, sagt Fiedler, der der Stadt Dessau großen Respekt zollt, weil sie an ihrem Anhaltischen Theater als Vierspartenhaus festhält.

König Lear ist sein Traum

Welche Figur möchte er unbedingt noch verkörpern? Gerald Fiedler, der in drei Jahrzehnten viele Stücke aus dem Stadttheater-Repertoire absolvierte, überlegt kurz: „König Lear, aber der hat noch etwas Zeit“, sagt er mit Blick auf den Umstand, dass Shakespeares von Herrschsucht und Eitelkeit geblendeter König Lear als Glanzrolle für gestandene Schauspieler gilt, die ihre Bühnenlaufbahn gern mit einer großen und tragischen Figur beenden wollen.

Aber jetzt ist Gerald Fiedler erst einmal in „Mein Kampf“, im Musical „Sugar“ sowie in Kiplings „Dschungelbuch“ zu erleben. Darüber hinaus wird er im März in „Nathans Kinder“ und im Mai in „Faust“ mitwirken. (mz)