Andreas Range Andreas Range: Teufel unter der Kanzel
Halle/MZ. - Denn jener Mann, der im Kirchenschiff nun den Teufel spielen wird, hat vor seiner Bühnen-Karriere immerhin drei Jahre Theologie studiert - und im Repertoire des neuen theaters Halle ("Andorra", "Besuch der alten Dame") seit 1990 schon mehr als einmal den Pfarrer gegeben. Generell aber, sagt der in Ballenstedt aufgewachsene Range, habe er "immer eher den Bruder des Helden" gespielt - was vielleicht auch die Differenz zwischen seiner Bühnen-Präsenz und deren öffentlicher Wahrnehmung erklärt.
Dabei hat der 42-Jährige beispielsweise als asketischer Moralist Robespierre in "Dantons Tod" oder unlängst als junger Mann in Ingrid Lausunds "Hysterikon" gezeigt, dass sich die Spiellust seinem Instinkt ebenso wie seinem Intellekt verdankt. Mit dieser seltenen Mischung wäre aus ihm wohl auch ein guter Pfarrer geworden - wenn er sich denn Mitte der 80er Jahre nicht für eine Eleven-Ausbildung am Theater Eisleben entschieden hätte. Nach diversen Rollen und einem fünfjährigen Fernstudium an der Schauspielschule Leipzig hatte Andreas Range dann pünktlich zur deutschen Wiedervereinigung sein Schauspiel-Diplom - und wenig später einen Vertrag mit dem neuen theater Halle in der Tasche, dem er bislang treu geblieben ist.
Und nun also tritt er als gefallener Engel an die Seite des ganz und gar irdischen Hilmar Eichhorn, dessen immense Verdrängungskraft auch für seinen Mit- und Gegenspieler Range eine Herausforderung darstellt. Als "erstes Opfer der Spaßgesellschaft" will Regisseur Wekwerth seinen Faust verstanden wissen, der dem Ensemble wohl auch darin als Nachfolger für die erfolgreiche Parabel vom "Jedermann" am gleichen Ort dienen soll.
Auf seinem Gang in die Tiefe lässt er sich auch von jenem Begleiter nicht bremsen, der am Anfang durchaus warnend auf das Ende des Weges deutet und dann zunehmend zum gemeinen Kistenteufel verkommt. Solche Kunst der Anverwandlung, die Mephostophilis eher als Menschenfreund erscheinen lässt, ist für Andreas Range eine dankbare Aufgabe, für die er sich in der Maske zudem das Zitat einer anderen Traumrolle gönnt. Der Samiel aus dem "Black Rider" von Tom Waits stand bei jenen düster verschatteten Augen Pate, die am Freitagabend im Dom den unaufhaltsamen Abstieg des Doktor Faust beobachten - nicht auf, aber immerhin nahe der Kanzel.