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Mission für DDR-Agenten Amazon-Serie "Deutschland 86" erzählt von Stasi-Spionen in der ganzen Welt

Von Torsten Wahl 30.10.2018, 09:00
DDR-Agenten unter sich: Lenora Rauch (Maria Schrader) und Martin Rauch (Jonas Nay)
DDR-Agenten unter sich: Lenora Rauch (Maria Schrader) und Martin Rauch (Jonas Nay) Anika Molnar/Amazon 2018/dpa

Halle (Saale) - Drei Jahre nachdem der junge DDR-Kundschafter Martin Rauch (Jonas Nay) verhindert hat, dass sich die Spannungen zwischen Ost und West in einem Atomkrieg entladen, sitzt er in einem Kinderheim in Angola und spielt auf einem Klavier. Hier gewinnt ihn seine Stasi-Tante Lenora (Maria Schrader) für eine neue Mission.

„Deutschland 83“ war vor drei Jahren weltweit ein Überraschungserfolg und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet - doch das RTL-Publikum verschmähte die temporeiche Agenten-Serie. Deshalb haben die Erfinder Anna und Jörg Winger und die UFA Fiction für die Fortsetzung „Deutschland 86“ mit Amazon Prime einen neuen Partner gefunden. RTL wird die Serie später zeigen, heißt es.

„Deutschland 86“ schildert verzweifelte Lage der DDR

Die Startfolge ist zunächst etwas sperrig. Martin soll Lenora helfen, eine Ladung westdeutscher Waffen im Auftrag der Stasi an das südafrikanische Apartheid-Regime zu verkaufen. Das klingt erstmal komplett abwegig, und nicht nur, weil die elegante Tante bislang als Kulturattaché in Bonn zu sehen war.

Um Martin und den Zuschauer vom Sinn dieser seltsamen Mission zu überzeugen, betont Lenora, wie verzweifelt die Lage 1986 in der DDR sei: Die Menschen stünden „kurz vor dem Hunger“. Ältere Zuschauer dürften sich an Mangelwirtschaft erinnern - aber an Hunger 1986?

„Deutschland 86“ - Auftaktfolge mit Action in Afrika

Martin mag sich nicht auf die fragwürdigen Geschäfte einlassen: Er kapert die Waffen, um sie den Freunden von der angolanischen MPLA zu bringen. Zusammen mit Tante Lenora heuert er einen abgebrühten Söldner (Jonathan Pienaar) an, der sie im Truck nach Angola fährt. Doch der Rassist verrät sie an die verfeindeten Unita-Banden, was zu Schießereien und Explosionen führt - bis das schnöde Geld über einem Berg Leichen schwebt.

Auf ganz andere Weise widerspiegeln die Szenen aus der Berliner Stasi-Zentrale die Absurdität der Devisenjagd. Die ominöse Abteilung Kommerzielle Koordinierung (KoKo) wird hier als eine Kommission Komik vorgeführt. Wie unbefangen die Autoren mit der DDR-Geschichte spielen, demonstriert vorbildlich Anke Engelke, die als löwenmähnige Koko-Chefin die Rolle von Alexander Schalck-Golodkowski einnimmt und mit dem Tapeten-Vergleich von Kurt Hager argumentiert.

„Deutschland 86“ - die Stasi kauft das Traumschiff

Putzige Auftritte hat auch Sylvester Groth als Stasi-Offizier Schweppenstette, der dem ZDF das Traumschiff abkauft, um illegale Waren zu schmuggeln und der daheim mit einem Glasbecher an der Wand seinen amerikanischen Nachbarn belauscht. Regisseur Arne Feldhusen hat schon in Serien wie „Der Tatortreiniger“ seinen Sinn für eigenwillige Komik bewiesen, während Florian Cossen in Südafrika zeigt, dass er Action-Szenen beherrscht.

Die weiteren Deutschland-Szenen von 1986 wirken trotz 80er-Sound und Kostümen recht pflichtschuldig. In Westberlin herrscht Aids. Der schwule Alex Edel (Ludwig Trepte), der wie andere Figuren von 1983 wieder auftaucht, sitzt bei Freunden im Krankenhaus und demonstriert gegen Pharmakonzerne, die wiederum für Devisen in der DDR Medikamente testen lassen, was die Ärztin (Fritzi Haberlandt) so empört, dass sie aufbegehrt und einen Ausreise-Antrag stellt.

„Deutschland 86“ - dritte Staffel ist fest eingeplant

Inzwischen haben Ufa Fiction und Amazon eine dritte Staffel „Deutschland 89“ verabredet. Vermutlich wird Martin Rauch dafür sorgen, dass die Demonstrationen im Herbst ’89 nicht gewaltsam beendet werden und womöglich schiebt er Günter Schabowski heimlich einen Zettel zu.

„Deutschland 86“, zehn Folgen, bei Amazon Prime abrufbar

(mz)