Altstars Altstars: Die kommen immer wieder
Halle/MZ. - Nur Minuten später bricht die Internetseite zusammen, noch der Vorverkauf für seine Konzerte überhaupt gestartet ist.
Elvis hat das Gebäude verlassen, aber alle anderen sind noch da. 55 Jahre nachdem der King mit "That's All Right Mama" das Geburtsständchen der modernen Popmusik sang, steht die einstige Jugendkultur voll im Saft. Kaum eine Band, die es nicht mehr gibt. Kaum eine Kapelle, die nicht irgendwie, irgendwo, irgendwann ausholt zum Comeback: Noch einmal spielen sie die alten Hits, wenn nicht in Hallen, dann eben im Dorfsaal. Manchmal kann der Sänger nicht mehr kommen oder Gitarrist nicht mehr mitmachen. Aber inzwischen ist Popmusik wiederaufführbar. Wo die Originale fehlen, füllen Nachfolger die Löcher: Im Falle von Karat vertritt Sohn Claudius Dreilich Vater Herbert. Die Werke Frank Zappas bringt Sohn Dweezil auf die Bühne. Bei Led Zeppelin trommelt Jason Bonham, Sprössling des 1980 gestorbenen John.
Rockgeschichte in zweiter Generation. Einst lösten sich Bands auf, wenn ein Mitglied starb oder eine Solo-Karriere plante. Heute würden die Beatles ohne Paul McCartney weitermachen, Led Zeppelin ohne Bonham ins Studio gehen. Auch The Sweet würden nicht aufhören, nur weil Brian Connolly erst geht und dann stirbt.
Haben sie ja auch nicht. The Sweet vervielfachten sich, eine künstlerische Kernspaltung, nach der heute neben Andy Scotts Sweet, der Band des Gitarristen, auch BC Sweet, die Band des toten Sängers, und Steve-Priest-Sweet, die Gruppe des Bassisten, "Fox On The Run" singen.
Hinterm Lebenswerk geht es weiter, das bewies zuletzt Altmeister Udo Lindenberg. Nach Jahren künstlerischer Absenz landete Lindenberg mit "Stark wie zwei" einen Überraschungserfolg - bis auf Carl Carlton ist seine Band wieder die der großen Jahren von "Odysee".
Damals waren die Haare voll, die Nächte lang, die Bäuche flach. Nach damals wollen sie alle zurück. Mick Box von Uriah Heep spielt derzeit schon mit dem vierten neuen Sänger "Lady in Black" , bei Slade singt der zweite Nachfolger von Noddy Holder einigermaßen täuschend echt "Cum on feel the noize". Auch Smokie sind immer noch unterwegs. Während Ex-Frontmann Chris Norman gerade wieder die gemeinsamen "Greatest Hits" in die Hitparade gehievt hat, pflegt Mitgründer Terry Uttley das Erbe mit Hilfe von Nachfolger Mike Craft. Ersatzmann Numemr 1 war bei einem Autounfall verunglückt.
Zeit, die nie vergeht, Legenden, die ewig leben. Viel zu wertvoll sind die großen Pop-Marken, als dass sie einfach aufgegeben werden könnten. Namen sind nicht Schall und Rauch, sondern alles, was zählt. Axl Rose von Guns'N'Roses, hatte das früh begriffen: Während seine Kollegen den Erfolg genossen, ließ er sich die Marke Guns'n'Roses schützen. Heute ist er die Band, und keinen interessiert, wer neben ihm Gitarre spielt oder am Schlagzeug sitzt.
Neuer Wein in alten Schläuchen, das gilt für deutsche Rocklegenden von Puhdys bis Renft wie für internationale Stars wie AC / DC und Ten Years After. Bei den Puhdys ist Ersatzschlagzeuger Klaus Scharfschwerdt dreimal so lange im Amt wie Mitgründer Günther Wosylus; auch AC / DC-Sänger Brian Johnson ist mit fast drei Jahrzehnten in der Gruppe länger dabei als Bon Scott, den er ersetzt hat. Michael Jackson hingegen ist unersetzlich, er kann, bei allem Bemühen, nicht aus seiner Haut. Wie lange er den maladen Körper noch durch eine Bühnenshow zu quälen vermag, weiß er selber nicht. "Das ist der letzte Aufruf, bevor der Vorhang fällt", kündigt er an. Klingt endgültig und ist gut für den Vorverkauf. Doch am Ende kommen sie alle immer wieder. Denn nach dem Comeback ist vor dem Comeback.