Affäre mit einer Ikone
Halle (Saale)/MZ. - Sie war eine Leinwandgöttin, eine der absoluten Ikonen des Kinos: Marilyn Monroe (1926-1962), Schauspielerin in knapp 40 Hollywoodfilmen, Geliebte von Intellektuellen und Präsidenten, Angeschwärmte von Millionen, Diva, Star, Sexbombe und gemäß dem Geschmack ihrer Zeit eine der schönsten Frauen der Erde.
Wie kann man so jemanden, der im kollektiven Gedächtnis der Lebenden derart fest verankert ist, überhaupt auf der Leinwand spielen, ohne das dies zur schalen Karikatur gerinnt? Man kann, das beweist jetzt Michelle Williams. Williams ist geradezu perfekt in diesem Auftritt, und sie ist der Grund, warum man diesen Film keinesfalls versäumen sollte.
Der britische Regisseur Simon Curtis erzählt in seinem Film "My Week with Marilyn" eigentlich genau das, was der Titel sagt: Von einer Woche mit Marilyn Monroe, aus der Beobachterperspektive eines jungen Mannes. Eine Randnotiz der Filmgeschichte: Im Juli 1956 verbrachte der spätere Schriftsteller und Dokumentarfilmregisseur Colin Clark einige Tage an der Seite von Marilyn Monroe, und schrieb darüber zwei tagebuchartige Erinnerungsbücher, in denen er auch eine Affäre mit dem Star andeutet.
Clark, ein seinerzeit gerade 24-jähriger Jüngling aus besseren Kreisen, war ursprünglich Assistent der Kino- und Theaterlegende Laurence Olivier. Der drehte als Regisseur und Hauptdarsteller mit der Monroe, die gerade zum Weltstar geworden war, in London einen gemeinsamen Film: "The Prince and the Showgirl" ("Der Prinz und die Tänzerin").
Monroe war frisch, aber bereits unglücklich mit dem Schriftsteller Arthur Miller verheiratet, und schon damals ein Nervenbündel: Unsicher, medikamentenabhängig, und am Dreh voller Textfehler. Für den Perfektionisten Olivier war ihre Arbeitsweise eine Zumutung. An einem traumhaften Tag darf sie sich mit ihrem jungen Bewunderer erholen - eine Tour nach Windsor-Castle inklusive Nacktbaden in der Themse. Vor 55 Jahren ging so etwas noch ohne Paparazzi.
In alldem bestätigt der Film alles, was wir uns schon immer unter der Monroe vorgestellt haben. So beweist der Film wider Willen, dass man der Monroe und anderer charismatischer Figuren nicht zuleibe rücken kann, man kann nur die Oberfläche abbilden.
Curtis weiß nicht recht, was ihm zu Marilyn einfallen soll. Was man aber kann: Schauspielerisch perfekte Arbeit abliefern. So ist Kenneth Branagh als Olivier hervorragend - man erkennt, dass sich Branagh schon immer klammheimlich als Reinkarnation Oliviers gefühlt hat. Julia Ormond spielt Oliviers Frau, die Schauspielerin Vivien Leigh, Dougray Scott den Star-Intellektuellen Arthur Miller und Zoë Wanamaker Marilyns Schauspielcoach Paula Strasberg - die hier als ein weiblicher Rasputin erscheint.
Das Zentrum des Films ist aber die 31-jährige amerikanische Schauspielerin Michelle Williams, die Ex-Freundin des verstorbenen Mimen Heath Ledger: Sie spielt Marilyn sehr natürlich, als eine verspielte Katze, leicht zu verunsichern, aber auch leicht zu verführen. Ihr Auftritt überschreitet die reine Mimikry perfekten Makeups: Verwundbar und strahlend, tapfer und furchtsam - Williams kann das alles. Zu Recht wurde sie für diesen Auftritt für einen Oscar nominiert.
My Week with Marilyn
Drama, GB 2011, Regie: Simon Curtis
fsk: ab 6 jahre
Der Film startet u. a. im Lux, Kino am Zoo, Halle, Seebener Str. 172, und in den Passage Kinos in Leipzig.