50 Jahre «Zum Blauen Bock» 50 Jahre «Zum Blauen Bock»: Schunkeln im hessischen Äbbelwoi-Milieu

Frankfurt/Main/dpa. - Die einfachen Holztische und Bänke für das Apfelweinlokal wurden aufder Frankfurter Funkausstellung aufgebaut. Die Zuschauer sollten, soder spontane Einfall der Verantwortlichen beim Hessischen Rundfunk,zwischen Kinderstunde und Abendprogramm mit hessischem Gebabbel undMusik aus dem Frankfurter Äbbelwoi-Milieu unterhalten werden. Wenigerals eine Million Fernsehgeräte - exakt 947 980 - waren in Deutschlanddamals angemeldet.
Bei der Geburtsstunde des «Blauen Bock» verteilte dann OttoHöpfner als Wirt die «Bembel» zum Ausschenken, wie die großenApfelweinkannen heißen. Die Sendung, die eigentlich nur während derFunkausstellung über die Mattscheibe flimmern sollte, wurde dann zumÜberraschungshit. Der «Blaue Bock» lief 30 Jahre im Fernsehen.
1966 übergab Höpfner, der beim damals noch jungen ZDF Karrieremachen wollte, den «Bembel» an Heinz Schenk. Der für sein«Schlappmaul» bekannte Schenk, der wie Höpfner aus dem(rheinhessischen) Mainz stammte, wurde in der goldenen TV-Ära zueinem der populärsten Entertainer. 21 Jahre lang und 208 Mal lud derehemalige Büttenredner als Wirt und Oberkellner viel Prominenz inseine TV-Wirtschaft ein, zuerst nachmittags und ab 1982 zurallerbesten Sendezeit am Samstagabend.
Bis zur letzten Sendung Ende 1987 wurden rund 125 000 LiterApfelwein und 6500 «Ehrenbembel» an alle Gäste verteilt. Bis zu 20Millionen Menschen - ein Drittel der Republik - schalteten dieSendung ein.
Schenk war stets schlagfertig und locker, er überließ jedochnichts dem Zufall und bereitete die Live-Sendung immer gewissenhaftvor. Nicht denkbar wäre der große Erfolg des «Blauen Bock» ohne LiaWöhr gewesen. Als resolute Wirtin bot sie Heinz Schenk in der SendungParoli. Wöhr war auch Produzentin der Sendung. Wenn Schenk mal wiederdie Sendezeit zu überziehen drohte, stand sie mit dem Bembel nebenihm und knuffte ihn liebevoll in die Seite. Der dritte im Bunde warvor allem in den 70er Jahren Reno Nonsens, der als notorisch schlechtgelaunter Vize-Kellner ein dankbarer Sketch-Partner für Schenk war.
Am 19. Dezember 1987 machte dann das Apfelweinlokal trotzanhaltend guter Quoten zu. Schenk wollte nicht mehr. Zum Finale kamman wie zum Anfang erneut in der Frankfurter Festhalle auf demMessegelände zusammen. Der Wirt des «Blauen Bock» widmete sich dannwieder der Bühne. Schenk, ein oft unterschätzter Schauspieler, wurdezu einer Stütze am Frankfurter Volkstheater. Zu seinen Paraderollengehörte 1991 «De Geizhals», die hessische Version von Molières «DerGeizige».
Der 82-Jährige lebt heute in Wiesbaden. Im Dezember vergangenenJahres, als das hr-Fernsehen die «größten Hessen» wählte, sang ernochmals live vor Publikum. Seine alte Partnerin Lia Wöhr starbbereits 1994 im Alter von 83 Jahren. Auch der erste Wirt der Sendung,Otto Höpfner, ist tot. Er starb 2005 im Alter von 80 Jahren.
Ein Wiedersehen mit dem «Blauen Bock» gibt es am kommendenWochenende. Das hr-Fernsehen strahlt in der Nacht zum Sonntag ab23.15 Uhr vier Folgen aus den 70er und 80er Jahren aus. AmSonntagabend (20.15 Uhr) zieht der Sender in einer Dokumentationnochmals Bilanz.
