50 Jahre «Star-Club» 50 Jahre «Star-Club»: Wie der Rock'n'Roll nach Hamburg kam
Hamburg/dapd. - Vor der Großen Freiheit 39 in Hamburg steht heuteein schwarzer Gedenkstein mit goldener Gitarre. Er markiert einender wichtigsten Orte für den Rock'n'Roll in Deutschland. Hiereröffnete am 13. April 1962 der «Star-Club». «Das war was vollkommenNeues, wir hatten jeden Abend vier Bands», erinnert sich der ersteGeschäftsführer des Lokals, Horst Fascher. «Nicht umsonst haben wirdamals auf das Eröffnungsplakat geschrieben 'Die Not hat ein Ende.Die Zeiten der Dorfmusik sind vorbei'.»
Zwar habe es mit Lokalen wie dem «Trichter», dem «Kaiserkeller»und dem späteren «Top Ten» bereits Live-Musik-Läden in Hamburggegeben, aber nirgends sei der Rock'n'Roll so zu hören gewesen, wieman ihn vom britischen Soldatensender BFN kannte, erklärt Fascher.
Dabei stieß die Eröffnung eines Rock'n'Roll-Clubs im HamburgerVergnügungsviertel nicht überall auf Gegenliebe. «Die Polizei hatteuns ständig auf dem Kieker. Die wollten dem Club die Konzessionentziehen. Bloß keinen Rock- oder Beatclub auf St. Pauli», sagt dergebürtige Hamburger. Die Musik und ihre Klientel galten in denfrühen 1960er Jahren als anrüchig.
Nach damaligen Polizeiberichten wurde der Club als «gefährlicherOrt» eingestuft. Bereits drei Wochen nach der Eröffnung wurde diePolizei der Davidwache durch das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitteum eine «verstärkte Bestreifung und Kontrolle» gebeten. Vor allemVerstöße gegen das Jugendschutzgesetz und Schlägereien waren lautArchivunterlagen der Polizei an der Tagesordnung, was für St. Paulidamals wie heute nicht ungewöhnlich ist.
Fascher selbst hatte bereits eine Kiezkarriere hinter sich, eheer den Club mitgründete. Nach einer Lehre als Schiffszimmermann undBootsbauer saß er aufgrund einer Schlägerei mit Seeleuten zunächsteine Haftstrafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge ab. Danacharbeitete er als Kellner in verschiedenen Lokalen entlang derReeperbahn, wo er die Kiezgröße Manfred Weissleder kennenlernte.
Zwtl.: Die Beatles spielten zur Club-Eröffnung
Dem gefiel Faschers Idee eines Rock'n'Roll-Clubs mit imStundentakt wechselnder Live-Musik. Weissleder bot Fascher an, einenTeil des Sternkinos zum Club auszubauen, und schickte ihn nachEngland, um Bands für den neuen Laden zu buchen. Bereits vor derEröffnung buchte Fascher gegen Barzahlung 17 Bands für die neueSpielstätte.
«Mit Tony Sheridan hatte ich ja sowieso zu tun. Die Beatles hatteich schon vorher aus Hamburg gekannt und ich wollte sie unbedingtzur Eröffnung für den 'Star-Club' haben», sagt Fascher. Die «FabFour» suchten gerade ein Studio für ihre erste Platte «Love Me Do»und hatten ihr erstes Radiokonzert bei der BBC hinter sich, als sichder Vorhang im «Star-Club» das erste Mal hob.
Jeden Abend spielten vier Bands. Jede Gruppe spielte eine Stundevor und eine Stunde nach Mitternacht. «Damit hatten die Jungs einenviel besseren Drive. In anderen Läden spielte eine einzige Band von20.00 bis 04.00 Uhr morgens durch. Da hatten die Zuschauer dannvollkommen müde Recken auf der Bühne stehen», erklärt Fascher.
Zwtl.: Türsteher gab es damals noch nicht
Insgesamt gaben die Beatles 1962 drei Gastspiele im «Star-Club».Von Mitte April bis Ende Mai, im November und im Dezember traten diePilzköpfe jeden Abend in dem Lokal in der Großen Freiheit auf. Trotzdes Erfolges ging es in dem Lokal mitunter rau zu. «So etwas wieTürsteher gab es damals noch nicht auf St. Pauli», sagt Fascher.Wenn Gäste den Portier des Hauses bei Seite schoben, musste sich derGeschäftsführer um das Rausschmeißen kümmern. Nach knapp drei Jahrenhatte der ehemalige Hamburger Boxmeister Fascher achtKörperverletzungen angehäuft und bekam eine Bewährungsstrafe mit St.Pauli-Verbot.
Der «Star-Club» erlangte rasch über die Grenzen der Hansestadthinaus Bekanntheit und wurde zu einer Institution. Fats Domino,Jimmy Hendrix, Little Richard und Bill Haley spielten in demTanzlokal. Schließlich schloss der Club am 31. Dezember 1969 wegenfinanzieller Probleme. Das Gebäude brannte 1987 ab. Horst Fascherverließ Deutschland und ging Mitte der 1960er Jahre als Musikmanagerfür die US-Steitkräfte nach Vietnam. Heute lebt der 76-Jährigewieder in seiner Geburtsstadt Hamburg.