1. MZ.de
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. 50 Jahre «Felix Krull»: 50 Jahre «Felix Krull»: Ein Schelmenroman als Autobiografie

50 Jahre «Felix Krull» 50 Jahre «Felix Krull»: Ein Schelmenroman als Autobiografie

Von Eva-Maria Mester 16.08.2004, 08:00
Ein Besucher betrachtet am Donnerstag (12.08.2004) im Buddenbrookhaus in Lübeck die Ausstellung «50 Jahre Thomas Manns Felix Krull - Szenen einer schönen Welt». Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. Oktober 2004. Sie zeigt akribisch, wie sich Thomas Mann auf seinen letzten großen Roman vorbereitet hat. Mann arbeitete fast 50 Jahre an dem Roman. (Foto: dpa)
Ein Besucher betrachtet am Donnerstag (12.08.2004) im Buddenbrookhaus in Lübeck die Ausstellung «50 Jahre Thomas Manns Felix Krull - Szenen einer schönen Welt». Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. Oktober 2004. Sie zeigt akribisch, wie sich Thomas Mann auf seinen letzten großen Roman vorbereitet hat. Mann arbeitete fast 50 Jahre an dem Roman. (Foto: dpa) dpa

Lübeck/dpa. - Einem Hochstapler kann man irgendwie nichtrichtig böse sein. Er hat nicht einfach schnöde betrogen, er hatseine Mitmenschen hinters Licht geführt, und die haben es ihm mitihrer Leichtgläubigkeit leicht gemacht. «Die Welt, diese geile unddumme Metze will geblendet sein», schrieb Thomas Mann in seinenNotizen zu seinem letzten Roman «Bekenntnisse des Hochstaplers FelixKrull», der vor 50 Jahren erschienen ist. Der Autor war selbsterstaunt über den Erfolg seines Buches, das neben «Buddenbrooks» seinbekanntestes ist. Mann fürchtete, ein belangloses, ausuferndesAlterswerk geschrieben zu haben. Doch drei Monate nach dem Erscheinenim September 1954 waren schon 50 000 Exemplare über den Ladentischgegangen. Bis heute hat der S. Fischer Verlag mehr als 1,1 Millionen Exemplare verkauft, der Roman wurde in 15 Sprachen übersetzt.

Manns Notizen umfassen rund 200 Blätter und mehr als 500Zeitungsausschnitte. Sie sind fast vollständig im Züricher Thomas-Mann-Archiv erhalten und belegen die akribische Vorgehensweise desAutors, der an seinem «Felix Krull» fast 50 lang arbeitete. Dieersten Notizen stammen aus dem Jahr 1905. Damals hatte Mann dieMemoiren des Hochstaplers Georges Manolescu gelesen. Bis 1913arbeitete er immer wieder an dem «Hochstapler-Roman», brachtezwischen 1911 und 1923 mehrere Kapitel als Bruchstücke heraus. Docherst 1951 nahm er die Arbeit am «Felix Krull» wieder auf.

«Es ist selbst für Thomas Mann ungewöhnlich, dass er mit derArbeit zu dem Roman immer wieder neu angesetzt hat», sagt der Leiterdes Lübecker Buddenbrookhauses, Hand Wißkirchen. «Herausgekommen istein Schelmenroman, der mit abgeklärter Altersweisheit geschriebenist.» Das Buddenbrookhaus widmet «Felix Krull» seine diesjährigeSommerausstellung. «50 Jahre Thomas Manns Felix Krull - Szenen einerschönen Welt» heißt die Ausstellung, die noch bis zum 31. Oktober inder Hansestadt zu sehen ist. Sie zeigt, wie akribisch sich ThomasMann auf seinen letzten großen Roman vorbereitet hat.

Das Geheimnis des Erfolgs sei, dass «Felix Krull» dieunterschiedlichsten Lesergruppen anspreche, heißt es im Vorwort desKataloghefts zur Ausstellung. Dies wiederum hänge entscheidend damitzusammen, dass das Buch eine versteckte Autobiografie sei und ThomasMann darin viele seiner Träume und Sehnsüchte gestaltet habe.Wißkirchen hat noch eine andere Erklärung: «Das Thema Hochstapeleifasziniert die Menschen immer wieder, das zeigen auch aktuelle Filme,wie "Catch me if you can" oder "Der talentierte Mr. Ripley"», sagter.

Die in Zusammenarbeit mit dem Thomas-Mann-Archiv entstandeneLübecker Ausstellung, die von Mitte November bis Januar 2005 auch imLiteraturhaus in München gezeigt werden soll, greift die heiter-satirische Stimmung des Romans auf und spielt mit demWerkstattcharakter der fast lebenslangen Arbeit an dem Buch. So kannder Besucher im nachgebildeten Arbeitszimmer Manns in Mappen vollerMaterialien blättern, die für eine nie zu Stande gekommeneFortsetzung gedacht waren. Dazu gibt es die schönsten Szenen aus denbeiden Verfilmungen des Buches aus den Jahren 1957 und 1981 zu sehen.