17. Februar in Bad Suderode 17. Februar in Bad Suderode: Ein Schirm von der Kanzlerin?
Bad Suderode/MZ. - Im Kurhaus des Bad Suderöder Kurzentrums probt Discjockey Andreas Horn mit dem bunt kostümierten Publikum dreistufige Raketen. Vor dem Saal strecken die jungen Mädchen der Garde noch ihre Beine. Ein paar Kinder tollen aufgeregt in bunten Tüllkostümen herum. "Bad Suderode hat was zu beaten." Das diesjährige Motto des Karnevals in Bad Suderode, der auch in der 29. Session noch Fasching heißt, ist Feststellung und Programm. Bad Suderode hat einen der größten Carnevalsvereine der Region und der hat sich seit Monaten auf den Höhepunkt der Saison, die vier Faschingsveranstaltungen, vorbereitet. Am Sonnabend fanden die beiden ersten mit einem Feuerwerk aus tollen Tänzen, Show und Witz im zwar nicht ausverkauften, aber gut gefüllten Saal statt.
Was Bad Suderode zu bieten hat, war schon in der Bühnendekoration von Gabi Schober zu sehen. Neben der "Beat-Band" war der von Rosen halb zugewucherte Behringer Brunnen mit der Aufschrift "Dornröschen" zu sehen. Der wird von einer Hexe bewacht, aber von Bundeskanzlerin Merkel beobachtet wird - mit einem aufgespannten Rettungsschirm in der einen und noch geschlossenen in der anderen Hand. Reicht es noch neben dem Rettungsschirm für Griechenland für einen zweiten für das Kurzentrum Bad Suderode, ist die Frage der Bad Suderöder Karnevalisten. Doch das Thema der gegenwärtig europaweit laufenden Privatisierungsausschreibung des Kurzentrums wird nur am Rande abgehandelt. Dabei steht und fällt die Existenz des 90 Mitglieder zählenden Vereins, von denen 70, darunter vor allem Kinder und Jugendliche, an diesem Abend aktiv auf der Bühne stehen, mit dem Kurzentrum, sagte Doreen Kollmann, die Vereinspräsidentin der MZ.
Die 29-jährige Vereinschefin ist in diesem Jahr nur selten in der Mitte des seit 1997 traditionell weiblichen Elferrates zu sehen. Schon im ersten Act nach der Auszeichnung von Techniker Andreas Horn und Dolly-Tänzerin Gudrun Brandt, die seit zehn Jahren Vereinsmitglieder sind, tritt sie auf. "Drei Mädchen sind schwanger und eine hat sich verletzt. Und sieben müssen wir sein", begründete sie ihren Einsatz bei den Gardetänzerinnen nach zweijähriger babybedingter Pause. Ihre Schwester Jenny Klein, die jetzt in Stuttgart lebt, konnte nur viermal mit ihnen trainieren. Lars Jakobi (38), den es vor über einem Jahr aus dem Westen wieder zurück nach Bad Suderode gezogen hat, zählt bereits zu den Aktivposten des Vereins. In der Bütt erinnerte er im FDJ-Hemd an vergangene Zeiten zwischen "Seid bereit" und "Freundschaft". Er weckte bei den älteren Suderödern Erinnerungen an viele kleine Läden, beliebte Lokale sowie Konzerte im Kurpark. Er spannte den Bogen aber auch in die Gegenwart, wo im "Warnemünde von Quedlinburg" der neue Brunnen am Markt zur Lebensaufgabe zu werden scheint.
Mit der Finanzkrise und Partnerwechseln der Politiker war dann auch Gabi Schober als Bundestagsfriseurin "flotte Charlotte" trotz Ondulierstab und Haarspray in den Händen vollauf beschäftigt. Mit "Cinzano" in der Hand stand der erst 17-jährige Sören Schröder das erste Mal in der Bütt. Als Stadtstreicher, der sich bis zum Grund der Flasche trinkt, hatte er trotz einer vielleicht noch zu nüchternen klaren Aussprache einen hoffnungsvollen Auftritt als Büttenredner. Zwischen den Rednern verzauberte das Kinderballett als flatterhaftes Ensemble mit blauen Flügeln auf dem Weg nach Shanghai. Anke Wolfgramm, Sybille Rupp und Nora Klemm konnten sich immerhin über vier Neuzugänge in diesem Jahr freuen. Warm wurde das Publikum schließlich, als das Garderegiment mit Sitzungspräsident René Wolfgramm als Tanzmariechen auftrat und es für Lars Jakobi als Jungspund Actimel statt Schnaps zu trinken gab. Gabi Schober und Marion Winderlich philosophierten als Liesbeth und Giselchen, ehe Bernd Schobeß in die Bütt stieg.
Nach Kritik über "zu kopflastige Beiträge" spickte er diesmal Dinge unterhalb der Gürtellinie auf - kommentierte er Zeitungsmeldungen um den Harzer Nacktwanderweg, Strauß-Kahn, Kondome im Bundestag, Missbrauchsfälle in der Kirche oder die Statistik der Körperrasur erfolgreich. Anschließend schimpfte Schobeß als Opa in der Familie Motzke über die Krisenstimmung und empfing einen russischen Anruf zur Kurzentrum-Privatisierung. Sein Glanzpunkt war sicherlich der als markige Sprüche klopfender Jury-Chef a la Dieter Bohlen in "Suderode sucht den Superstar", einem absoluten Highlight des Programms. Leider schaffte es ein Kandidat mit der Gabe, 24 Schlüpfer in einer Minute anzuziehen, nicht ins Recall.
Mit Tänzen trat das Jugendballett unter Leitung von Stefanie Weisel zu Party-Musik auf. Brasilianisches Flair versprühte das stark gewachsene Damen-Ballett in tollen Kostümen von Heike Weisel. Natürlich gab es Raketen und eine Zugabe. Die Dolly ließ es anschließend im Hexen-Outfit zu Rockmusik krachen, und das Männerballett trat nach Personalausfall erstmals mit einer Dame auf. Anke Wolfgramm hatte den Tanz zu "Sieben Sünden" allerdings mit ihrem Mann René sowieso einstudiert. "Am nächsten Freitag steigt Oberbürgermeister Eberhard Brecht in die Bütt", freut sich Vereinsvize Erhard Kachel auf den nächsten Höhepunkt. Für die Veranstaltung am 17. Februar gibt es noch Karten im Lotto-Markt Wuttig, Friedrichsdorfstraße 2.
Kartenanfrage unter Telefon 039485 / 66 81 61 .