Woolworth Deutschland vor dem Aus
Frankfurt/Main/dpa. - Die Billigkaufhauskette Woolworth Deutschland steht vor dem Aus. 11 000 Mitarbeiter in Deutschland und Österreich müssen um ihre Jobs bangen, seit das Traditionsunternehmen am Samstag Insolvenzantrag stellte.
Das Frankfurter Amtsgericht bestellte am Dienstag Rechtsanwalt Ottmar Hermann zum vorläufigen Verwalter über das Vermögen der Kette. Knapp drei Stunden später, um kurz vor 14.00 Uhr, fährt Hermann an der Woolworth-Zentrale in Frankfurt am Main vor: Er will sich bei einem ersten Gespräch mit der Unternehmensführung selbst ein Bild von der Lage des Unternehmens machen. Mit dabei hat der Frankfurter Anwalt etwa ein halbes Dutzend Experten.
Noch während das Gespräch läuft, lässt Hermann per Pressemitteilung versichern: «Wir möchten in dieser außerordentlich schwierigen Situation alles versuchen, Arbeitsplätze zu sichern und möglichst viele Standorte zu erhalten.» Der Betrieb laufe zunächst uneingeschränkt weiter. Die Kette hat 311 Filialen in Deutschland und 12 Filialen in Österreich.
Eine drohende Zahlungsunfähigkeit trieb die DWW Woolworth Deutschland GmbH & Co. KG am Ostersamstag zum Insolvenzantrag. Als Gründe führt Hermann das schleppende Weihnachtsgeschäft, zunehmende Konkurrenz und starken Umsatzrückgang bei Discount-Warenhäusern an. Über einen Mangel an flüssigem Kapital hatte das «manager-magazin.de» am Karfreitag berichtet. Der neue Chef der Billigkaufhauskette, Stefan Rohrer, hatte Anfang April nach nur vier Wochen im Amt aufgegeben. Auch ein Sanierungskurs des britischen Finanzinvestors Argyll Partners, der im Oktober 2007 das operative Geschäft übernahm, und der damit verbundene Optimismus halfen nicht - auf der Woolworth- Homepage heißt es: «Woolworth hat ab sofort einen neuen Eigentümer mit viel Erfahrung im Einzelhandelsgeschäft».
Mehr als 80 Jahre Warenhausgeschichte stehen nun auf der Kippe: Bis 1926 reichen die Wurzeln des Unternehmens mit dem roten Logo in Deutschland zurück. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) sieht zwar keine generelle Krise für das Geschäftsmodell Warenhaus. Doch ist Woolworth keineswegs das einzige Traditionshaus der Branche, das in Schieflage geraten ist. Der insolventen Kaufhauskette Hertie droht die Schließung, sollte nicht umgehend ein Investor eine Kaufabsichtserklärung vorlegen. Für 19 der 73 deutschen Filialen hatte Hertie Mitte Februar das Aus verkündet.
Auch die Modekette SinnLeffers hatte Ende Februar bundesweit knapp die Hälfte ihrer 47 Filialen geschlossen. Fast 1300 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, weil das Unternehmen wegen der schwierigen konjunkturellen Lage im Textileinzelhandel und aufgrund hoher Mieten ins Trudeln geraten war. SinnLeffers hatte im August 2008 ein sogenanntes Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung beantragt, um das Unternehmen zu sanieren und den Fortbestand zu sichern. Inzwischen ist die Sanierung nach Unternehmensangaben erfolgreich abgeschlossen. Auch bei Karstadt liefen die Geschäfte zuletzt schlecht. Im vergangenen Jahr waren Stellenstreichungen vereinbart worden, um Kosten in den Griff zu bekommen. Zehntausende Mitarbeiter verzichteten auf Teile ihres Lohns, um das Unternehmen zu retten.
«Man sollte nicht alles in einen Topf werfen, auch wenn im Moment einige prominente Unternehmen auf der Kippe stehen», mahnt HDE- Sprecher Hubertus Pellengahr. «Der HDE ist fest überzeugt, dass das Warenhaus als Vertriebskonzept eine Zukunft in Deutschland hat.» Hausgemachte Probleme vieler Häuser wurden nach Einschätzung des HDE noch verstärkt durch «deutlich zu hohe Mieten» der in der Regel von den Kaufhausketten angemieteten Immobilien. Die Umsätze des Handels hingegen bewegten sich noch in etwa auf Vorjahresniveau.
Die Schwestergesellschaft DWLogistics GmbH & Co. KG mit Sitz in Bönen (Nordrhein-Westfalen) und die österreichischen Gesellschaften sind nach Angaben Hermanns nicht von dem Insolvenzantrag betroffen. Das Amtsgericht stellte klar, seine Entscheidung stelle noch keine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dar, hierüber werde noch entschieden.
Hermann ist als Unternehmensretter gefragt: Er soll den insolventen Cabrio-Spezialisten Karmann (Osnabrück) sanieren, auch in den Insolvenzverfahren für das Europageschäft des Luxusartikelherstellers EganaGoldpfeil und für den Baukonzern Philipp Holzmann spielt Hermann eine führende Rolle.
Die britische Kaufhauskette Woolworths war bereits 2008 Opfer der Wirtschaftskrise geworden. Da kein Käufer für das fast 100 Jahre alte Unternehmen gefunden werden konnte, schlossen bis Anfang Januar alle 807 Filialen, 27 000 Voll- und Teilzeitkräfte verloren ihre Jobs.