Waschmittelwerk Genthin stellt Produktion ein Waschmittelwerk Genthin stellt Produktion ein: Großteil der Mitarbeiter seit heute arbeitslos
Genthin - Im März 1923 nahm Henkel in Genthin die Produktion des Waschmittels Persil auf. Am 1. Juli 2015 könnte der Betrieb des traditionsreichen Waschmittelwerks endgültig enden. „Der Großteil der 132 Mitarbeiter ist ab Mittwoch von der Arbeit freigestellt“, sagte Betriebsratschef Olaf Thiele der MZ. Die Produktion werde vorerst wohl eingestellt, die Anlagen sollen aber betriebsbereit gehalten werden. „Viele Mitarbeiter arbeiten seit über 30 Jahren in dem Werk. Es ist für uns alle ein Schlag.“ Nach Worten von Thiele müssten sie sich jetzt arbeitslos melden.
Das Waschmittelwerk hatte Anfang Mai 2015 Insolvenz beantragt, es gehört zur Gemini-Gruppe, einem Nachfolgeunternehmen der Hansa Group. Die Mitarbeiter hatten bereits im April keinen Lohn mehr erhalten. Nun lief das von der Agentur für Arbeit gezahlte Insolvenzgeld aus, das die Lohnzahlungen für drei Monate sichert.
Ata wurde ab 1923 im Henkel-Werk zur Produktion von Wasch- und Reinigungsmitteln in Genthin (Sachsen-Anhalt) hergestellt. Da das Produktionsgebiet für Ata nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sowjetischen Zone lag, wurde die Produktion von der DDR übernommen. Das Werk Genthin ging als Volkseigentum an die Provinz Sachsen-Anhalt über.
IMI war von 1929 bis 1998/1999 eine Marke für ein Waschmittel des Henkel-Konzerns sowie des VEB Waschmittelwerk Genthin in der DDR. IMI gilt als das erste Waschmittel, das Natriumphosphat enthielt.
Spee ist seit der Deutschen Wiedervereinigung eine Marke für Waschmittel von Henkel. Die Marke steht für Spezial-Entwicklung. Spee war eine der wenigen ostdeutschen Marken, die sich nach der Wende in den westlichen Bundesländern durchsetzen konnte. Bereits 1966 hatte das „VEB Waschmittelwerk Genthin“ das Warenzeichen Spee für ein neues Waschmittel angemeldet, das dann seit 1968 produziert und vertrieben wurde.
Ab März 1923 wurde auch im Werk in Genthin, für das am 4. August 1921 der Grundstein gelegt wurde, Persil hergestellt. In der DDR produzierte das 1921 gegründete Henkel-Werk Genthin bis 1968 ein ebenfalls Persil genanntes Waschmittel. Nach Einführung der neuen Genthiner Marke Spee im Jahre 1968 wurde dieses schnell zum meistverkauften Waschmittel der DDR. Die Produktion von „Persil“ wurde dann in der DDR eingestellt.
Dublex war ein Waschmittel aus dem VEB Waschmittelwerk Genthin.
Gentina Spezial war ein Haushaltswaschmittel des VEB Persil-Werk Genthin.
Milwok war ein Waschmittel für die Haushaltswäsche aus dem VEB Waschmittelwerk Genthin.
Pulax war ein Scheuermittel aus dem VEB Waschmittelwerk Genthin (ab 1969).
REUWA war ein Waschmittel für Wäsche aus Chemiefasern aus dem VEB Waschmittelwerk Genthin.
Rix war ein Reinigungsmittel für Fensterscheiben und andere Oberflächen aus dem VEB Persil-Werk Genthin im Jahre 1954. Der Preis betrug für damals 0,60 M für 100 Gramm.
WOK war (Waschen ohne Kochen) ein Waschmittel aus dem VEB Waschmittelwerk Genthin.
Der vorläufige Insolvenzverwalter Sebastian Henneke aus Duisburg war am Dienstag auf MZ-Anfrage nicht erreichbar. Es liefen weiterhin Gespräche mit möglichen Investoren, um den Standort noch zu retten, sagte eine Unternehmenssprecherin.
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) erklärte: „Bis zuletzt haben auch wir gehofft, dass eine Freistellung aller Beschäftigten abgewendet werden kann.“ Jetzt sei ein „strukturierter Investorenprozess gefragt, der dem Waschmittelwerk eine Perspektive gibt“. Ob sich das Land einbringt, ließ er offen. Das Wirtschaftsministerium hat nach der Insolvenz eine Arbeitsgruppe mit dem Betriebsrat, der Chemie-Gewerkschaft und privaten Insolvenzexperten gebildet, um Handlungsoptionen für das auszuloten.
Ein Neustart dürfte allerdings nicht einfach werden. Wegen nun bereits zwei Insolvenzen in kurzer Zeit sind nach Angaben des Betriebsrates Kunden abgesprungen. Bisher gelang es offenbar nicht, diese wieder zurückzugewinnen.
Ohnehin verlor der Waschmittelstandort in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung. In der DDR lief in Genthin das Waschmittel Spee vom Band. Rund 1.700 Beschäftigte zählte damals das Werk noch. Im November 1990 erwarb Henkel den Betrieb von der Treuhand zurück und investierte eine dreistellige Millionensumme in die Modernisierung. Mit 300 Mitarbeitern wurde unter anderem Spee und Persil hergestellt. Im Jahr 2009 verlagerte der Waschmittelkonzern überraschend die Produktion in das Stammwerk nach Düsseldorf. Als Retter in der Not übernahm die Duisburger Hansa-Group den Standort und investierte 50 Millionen Euro in eine neue Tensid-Anlage. Tenside werden in Waschmittel eingesetzt, sie unterstützen das Ablösen von Schmutzpartikeln aus festen Stoffen. Doch der erhoffte Aufschwung blieb aus. Im Juli 2014 wurde Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Ein Neubeginn im Herbst 2014 mit einer neuen Firma misslang.
Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen zwei Geschäftsführer wegen des Verdachts des Kredit- und Subventionsbetruges. Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt schließt Ansprüche gegen handelnde Personen nicht aus, teilte die Förderbank im Mai mit. Das Land hatte Investitionen von Hansa mit 9,1?Millionen Euro gefördert. Die Mittel seien mit der Insolvenz zurückgefordert worden, so die Investitionsbank. Das Verfahren laufe noch. (mz)