Volksbank prescht vor Volksbank Niederschlesien in Sachsen: Strafzinsen für Kleinsparer

Halle (Saale) - Auf der Internet-Seite der Volksbank Niederschlesien aus Görlitz heißt es noch: „Fairer Zinssatz, der mit gespartem Guthaben steigt“ Beworben wird damit das Tagesgeldkonto VR FlexSparen. Doch von Steigen kann keine Rede mehr sein und „fair“ werden zumindest Neu-Kunden die jetzigen Konditionen wohl auch nicht mehr finden.
Strafzinsen für Kleinsparer: Experten sehen Vorgehen der ostsächsichen Volksbank als „Tabubruch“
Als erste Bank in Deutschland sollen bei der ostsächsischen Volksbank nun auch die Sparer draufzahlen, die Summen ab 10.000 Euro anlegen. Wer auf dem „VR FlexGeld“ sein Geld deponiert, erhält darauf Zinsen von derzeit nur 0,01 Prozent pro Jahr – und muss neuerdings auch für die Kontoführung bezahlen. Der Preis richtet sich je nach Höhe der Einlagenhöhe. Bis 25.000 Euro werden fünf Euro monatlich fällig, bis 50.000 Euro zehn Euro im Monat, berichtet das Internet-Vergleichsportal Check 24. Bei einer Anlagesumme von mindestens 10.000 Euro bedeutet das für einen Sparer einen Negativzins von 0,59 Prozent. Die Finanzexperten von Check 24 sehen das Vorgehen der Volksbank als „Tabubruch“ an.
Der Vorstand der Genossenschaftsbank, Sven Fiedler, weist das zurück. Gegenüber der MZ erklärte er am Donnerstag, dass die Gebühren sich nicht gegen die 20.000 Bestandskunden der Bank richten. Nur bei neuen Abschlüssen für das Tagesgeldkonto würden die Konditionen gelten. Die Gebühren sollen als „Barriere gegenüber Anlegern dienen, die ihr Geld nur bei der Volksbank parken wollen und eigentlich bei anderen Banken Kunden sind“, so Fiedler. Gerade größere Investoren suchten derzeit kleinere Institute, bei denen sie ihr Geld ohne Verlust anlegen können. So hat die Commerzbank bereits seit Dezember 2014 eine sogenannte „individuelle Guthabengebühr“ für große Firmenkunden eingeführt. Seit diesem Jahr sind auch Mittelständler betroffen, die einen Jahresumsatz von mehr als 2,5 Millionen Euro erwirtschaften.
Strafzinsen für Kleinsparer: Präsident des Sparkassenverbandes warnt vor Dammbruch
Der Volksbank Niederschlesien geht es wirtschaftlich gut. Anfang 2016 verkündete Fiedler, dass die Volksbank 2015 mit einem Gewinn von 330.000 Euro auf ihr bestes Geschäftsjahr zurückblicken kann. Den Mitgliedern wurde eine Dividende von drei Prozent gezahlt. Offenbar hat Fiedler die Sorge, dass mit einem Zustrom von Geld, das die Genossenschaftsbank selbst nicht gewinnbringend anlegen kann, die Gewinne schrumpfen werden.
Viele Volksbanken und Sparkassen zahlen für kurzfristige Einlagen keine Zinsen mehr. Doch Strafzinsen für Privatleute hatte erstmals in Deutschland die Raiffeisenbank Gmund (Bayern) im September 2016 eingeführt. Die Volksbank Stendal folgte im Oktober. Allerdings bitten beide Institute nur vermögende Kunden zur Kasse. Ein negativer Zins von 0,4 Prozent wird bei Einlagen ab 100.000 Euro verlangt. Begründet wird das mit negativen Zinsen, die die Europäische Zentralbank verlangt, wenn Banken Geld bei der Notenbank kurzfristig anlegen. (siehe: „Erstmals Negativzins“).
Viele Finanzexperten erwarten, dass andere Sparkassen und Banken dem Beispiel der drei Volksbanken folgen. Der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, Michael Ermrich, warnte bereits im August vor einem Dammbruch. „Wir hoffen, dass auch weiterhin der unausgesprochene Konsens unter den Kreditinstituten hält, dass Kunden, die nicht zu den vermögenden zählen, auch weiterhin keine Negativzinsen auf Spareinlagen zahlen müssen“, sagte Ermrich damals. Der Konsens dürfte sich bald erledigt haben. (mz)