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"Ärgernis abgeschafft" Visa Mastercard Girocard Überweisung Lastschrift: Händler dürfen keine Gebühren mehr auf Zahlungsarten verlangen

Von Thorsten Knuf 12.01.2018, 14:01
Händler dürfen künftig keine Gebühren mehr auf Kreditkarten-Bezahlung verlangen. (Symbolbild)
Händler dürfen künftig keine Gebühren mehr auf Kreditkarten-Bezahlung verlangen. (Symbolbild) dpa

Berlin - Gute Nachricht für Verbraucher: Ab sofort dürfen Händler und Dienstleister keine Gebühren mehr verlangen, wenn ihre Kunden mit gängigen Kreditkarten wie Visa oder Mastercard bezahlen wollen. Das gleiche gilt bei Bezahlung per Girocard, Überweisung oder Lastschrift. An diesem Samstag ist ein neues Bundesgesetz in Kraft getreten, das derartigen Praktiken einen Riegel vorschiebt. Es gilt gleichermaßen bei Einkäufen in stationären Geschäften wie im Internet.

Elektronische Bezahldienste wie Paypal sind davon nicht erfasst. Allerdings hat dieses Unternehmen gerade seine Nutzungsbedingungen geändert und untersagt Online-Händlern fortan ebenfalls, von den Kunden eine Zusatzgebühr zu verlangen.

„Ärgernis für viele Verbraucher“ abgeschafft

Mit den gesetzlichen Änderungen schaffe man „ein Ärgernis für viele Verbraucher ab“, meint der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium,  Ulrich Kelber (SPD). Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs will die Umsetzung scharf überwachen. Die Institution hat dafür eine Beschwerdestelle eingerichtet, an die sich Konsumenten wenden können (www.wettbewerbszentrale.de). Notfalls wollen die Marktwächter die gesetzlichen Vorgaben per Klage durchsetzen.

Bislang kam es immer wieder vor, dass Anbieter von ihren Kunden für bestimmte Zahlungsarten einen Zuschlag forderten – etwa beim Buchen von Flügen, bei der Online-Bestellung von Medikamenten oder dem Erwerb sonstiger Produkte an der Ladenkasse. Der Grund: Elektronische Zahlungsmittel sind für die Gewerbetreibenden selbst nicht kostenlos. Sie müssen ihrerseits Gebühren an die Dienstleister abführen, die dahinter stehen, also etwa an Kreditkartenfirmen. Die Höhe hängt von der Kaufsumme ab.

Umsetzung einer EU-Richtlinie

Beim Handelsverband Deutschland (HDE) heißt es, dass Aufpreise für bestimmte Zahlungsarten aus Sicht der Branche „eines der letzten verbliebenen Instrumente zur Steuerung von Zahlarten“ gewesen seien. Sie dienten demnach als eine Art Drohkulisse für allzu hohe Entgeltforderungen der Zahlungsdienstleister. „Ohne dieses so genannte Surcharging bleibt dem Handel nur, künftige Kostensteigerungen der Zahlungsarten auf die Preise aufzuschlagen, so dass künftig alle Kunden die Entgelte mittragen müssen, eben auch Barzahler“, sagt HDE-Experte Ulrich Binnebößel.

Der Bundestag hatte die Neuregelung im vergangenen Sommer mit breiter Mehrheit beschlossen. Es handelt sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Sie ist sehr umfassend und berührt auch zahlreiche Themen, die insbesondere für die Finanzbranche von Belang sind. Ziel der Richtlinie ist es, einen einheitlichen Rahmen für Zahlungsdienste in Europa zu schaffen und den Wettbewerb zu stärken.

„Der ganz große Wurf ist es nicht“

Verbraucherschützer begrüßen die neuen Regelungen im Grundsatz. Das gesamte Gesetz sei aber nur ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Markus Feck, Bankjurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Der ganz große Wurf ist es nicht.“

So ist beispielsweise auch geregelt, dass Kunden bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen – etwa nach Kartendiebstählen – nur noch mit 50 Euro haften müssen und nicht mehr wie bisher mit 150 Euro. Feck sagt dazu: „Da stelle ich mir als Verbraucherschützer die Frage: Warum überhaupt noch 50 Euro?“ In anderen EU-Ländern gebe es einen vergleichbaren Selbstbehalt nicht. Wichtig ist, dass der Verbraucher nicht grob fahrlässig gehandelt hat, also etwa seine Karte nicht offen herumliegen ließ. Andernfalls bleibt er womöglich auf den gesamten Kosten sitzen. Die Geldinstitute können ein solches Fehlverhalten jedoch nicht einfach unterstellen. Sie müssen es vielmehr nachweisen.

Umstrittene Regelung bei „Sofortüberweisung“

Neu ist jetzt auch, dass Dienstleister wie Hotels oder Autovermieter bei Reservierungen nur noch dann einen Betrag auf der Kreditkarte eines Kunden blockieren können, wenn dieser dem vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Bei Lastschriften konnten Verbraucher bereits bisher binnen acht Wochen ihr Geld zurückfordern, und zwar ohne Angabe von Gründen. Dies war allerdings vertraglich zwischen Bank und Kunde geregelt, jetzt steht es im Gesetz. Banken und andere Zahlungsdienstleister sind künftig verpflichtet, bei Geschäften im Internet eine starke Kundenauthentifizierung zu verlangen. Konkret müssen die Kunden mindestens zwei von drei Kriterien erfüllen: Sie müssen das Passwort kennen, eine Girokarte haben oder sich mit ihrem Fingerabdruck ausweisen.

Umstritten ist eine Regelung, die neuen Finanzdienstleistern Zugang zu Kundendaten verschaffen kann. Dabei geht es um Anbieter, die etwa Zahlungsvorgänge wie die „Sofortüberweisung“ auslösen oder Kunden mit mehreren Konten bei diversen Banken einen Gesamtüberblick über alle Konten verschaffen. Auch Konzerne wie Apple oder Amazon bieten inzwischen eigene Zahlungsdienste an.

Willigen die Kunden ein, müssen ihre Banken den Dienstleistern künftig Zugang zu ausgewählten Daten gewähren. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz rät: „Selbstverständlich sollten Verbraucher nach wie vor sorgfältig abwägen, wem und in welchem Umfang sie den Blick auf ihre persönlichen Kontoinformationen ermöglichen.“  Grundsätzlich werden die neuen Finanzdienstleister künftig reguliert und der staatlichen Finanzaufsicht unterstellt.