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Verbundnetz Gas AG Verbundnetz Gas AG: Ostdeutsches Gasnetz steht zum Verkauf

Von Steffen Höhne 12.03.2013, 12:59
Das Logo der Verbundnetz Gas AG am Hauptsitz des VNG-Konzerns in Leipzig
Das Logo der Verbundnetz Gas AG am Hauptsitz des VNG-Konzerns in Leipzig dpa Lizenz

Leipzig/MZ - Ein bis zwei Meter unter der Erdoberfläche schlummert der Schatz: 7 200 Kilometer Hochdruck-Gasleitungen durchziehen ganz Ostdeutschland. Diese gehören dem Leipziger Konzern Verbundnetz Gas AG (VNG). Das Unternehmen ist nun offenbar im Begriff, den Schatz „zu versilbern“.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, will VNG seinen Gasnetzbetreiber Ontras verkaufen. Die Leipziger haben die britische Bank Barclays damit beauftragt, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. VNG könne für die Tochter zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro erlösen. Eine Sprecherin des Gas-Konzerns sagte gestern lediglich: „Marktgerüchte kommentieren wir nicht.“ Ein Dementi sieht anders aus.

Ein möglicher Verkauf käme für viele überraschend. Bei einem kommunalen Anteilseigner der VNG hieß es am Dienstag: „Wir wissen davon nichts. Das wurde bisher nicht kommuniziert.“ Auch der Betriebsrat sagte, er wisse von nichts. VNG-Vorstandschef Karsten Heuchert hatte erst Anfang März auf der Bilanzpressekonferenz das Gasnetz als Kerngeschäft bezeichnet. Heuchert sagte: „Ein wichtiger Teil der VNG-Gruppe ist das zweitgrößte deutsche Ferngasnetz ... Es leistet stabile Ergebnisbeiträge.“

Doch warum will der Gaskonzern nun das Tafelsilber verkaufen? Gasmarktexperte Heiko Lohmann sieht dafür mehrere Gründe: Durch eine strenge Regulierung habe das Netz an strategischem Wert verloren. So sei Ontras verpflichtet, Erdgas von jedem Gas-Unternehmen durch die Leitungen zu transportieren. Die Bundesnetzagentur habe zudem die Rendite für den Gasnetzbetreiber auf maximal neun Prozent festgesetzt. Auch musste VNG die Netzsparte in eine selbstständige Gesellschaft, die Ontras, auslagern. Selbst bei Personalentscheidungen hat die Mutter nur noch begrenzten Einfluss. „Das Ferngasnetz verliert damit an Attraktivität“, so Lohmann.

In den vergangenen zwei Jahren hatten sich daher bereits die deutschen Energieversorger RWE und Eon von ihren Ferngasleitungen getrennt. Anfang 2011 verkaufte RWE ihr 4 100 Kilometer langes Gasnetz an einen Fonds der australischen Investmentbank Macquarie. Die Australier erwarben im vergangenen Jahr auch das 12 000 Kilometer lange Gasnetz von Eon für 3,2 Milliarden Euro.

Zu den potenziellen Interessenten für Ontras gehören neben Macquarie auch der Allianz-Konzern, die Münchener Rück sowie die Investoren Global Infrastructure Partner (GIP) und der kanadische Pensionsfonds Borealis. Diese Fonds sind auf der Suche nach stabilen Erträgen, die etwa Staatsanleihen in Europa oder den USA nicht mehr garantieren.

Nach Ansicht des Gasexperten Lohmann benötigt VNG allerdings auch frisches Kapital, um in die eigene Gasförderung in Norwegen zu investieren. Seit Jahren sucht VNG vor der Küste Norwegens nach Öl und Gas. Dazu wurden bereits 28 Produktionslizenzen erworben. Die Gassuche ist teuer und mögliche Erträge fließen erst in einigen Jahren. VNG-Chef Heuchert hält an dem Ziel fest, zehn Prozent des Absatzes in Zukunft aus eigenen Quellen zu gewinnen.

Verkauft VNG das Ferngasnetz, verliert das Unternehmen allerdings auch an materieller Substanz. Der Konzern, der auch Erdgasspeicher betreibt, würde damit immer mehr zum reinen Handelshaus. Die Leipziger beliefern Großabnehmer wie Stadtwerke und Industriebetriebe mit Erdgas. Dieses wird vor allem aus Russland, Norwegen und über Handelsmärkte bezogen.