1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Urteil: Urteil: Erhalten Versicherte Geld?

Urteil Urteil: Erhalten Versicherte Geld?

Von Dorothea Reinert 01.11.2005, 08:18

Halle/MZ. - Dem BGH-Urteil zufolge sind Klauseln in Kapitallebens- und Rentenversicherungen für unwirksam erklärt worden, nach denen der Rückkaufwert bei einer Kündigung mit den Vertragskosten - wie Provisionen und Stornogebühren - verrechnet werden durfte. Laut BGH seien von dem Urteil deutschlandweit zehn bis 15 Millionen Kapitallebens- beziehungsweise Rentenversicherungen betroffen, die zwischen 1994 und 2001 abgeschlossen wurden. Für sie könnten sich Nachzahlungen ergeben.

Beiträge verrechnet

"Das Urteil betrifft selbstverständlich auch alle Versicherten in den neuen Bundesländern, die in diesen Jahren die entsprechenden Versicherungen abgeschlossen haben", bestätigt Arnd Merschky, Rechtsanwalt in Halle auf MZ-Anfrage. Nicht wenige Menschen hätten in den Jahren nach der Wende eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen und wenige Jahre später vorzeitig wieder gekündigt. Obwohl sie monatlich in diese Verträge Beiträge eingezahlt haben, sei ihnen bei Kündigung von den Versicherungsgesellschaften nichts oder nur sehr wenig ausgezahlt worden. Begründung: Die eingezahlten Beiträge machten eine so geringe Summe aus, dass nach Abzug der Stornogebühren und der infolge Vertragsabschluss an den Versicherungsvertreter gezahlten Provision kein Geld übrig geblieben sei - der Rückkaufswert sei also gleich Null.

Höhe von Nachzahlungen

"Die Richter des BGH haben jetzt entschieden, dass eine solche absolute Verrechnung auf Null nicht rechtens gewesen ist", sagt Merschky. Das bedeute jedoch nicht, dass eingezahlte Beiträge in vollem Umfang ausgezahlt werden müssen. Der BGH gesteht zu, dass Versicherungsgesellschaften etwa 15 Prozent der eingezahlten Summe abziehen dürfen. Und zwar für entstandene Verwaltungsgebühren - je nach Versicherungsgesellschaft unterschiedlich - und für Risikolebensversicherungen, die in Kapitallebensversicherungen fast immer enthalten sind. "Nach Abzug dessen muss die Hälfte der eingezahlten Summe zurückgezahlt werden. Geht man - wie oben - davon aus, dass der rechtmäßige Abzug 15 Prozent beträgt, so verbleiben 85 Prozent, von denen mindestens die Hälfte, also mindestens 42,5 Prozent, ausgezahlt werden müssen", erklärt der Anwalt.

Beispielrechnung

Merschky nennt ein Beispiel: Die Kapitallebensversicherung wurde im Januar 1996 abgeschlossen. Monatlich wurde ein Beitrag von 100 Euro eingezahlt. Nach 18 Monaten wurde der Vertrag gekündigt. Bisheriger Rückkaufwert laut Versicherungsgesellschaft null Euro. Rückkaufwert nach dem BGH-Urteil 765 Euro.

Schreiben an Versicherer

Betroffenen rät Rechtsanwalt Merschky, sich unter Berufung auf das BGH-Urteil schriftlich an die betreffende Versicherungsgesellschaft zu wenden. Sie sollten die Bitte äußern, ihnen vorzurechnen, wie der Rückkaufwert von Kapital- oder Lebensversicherung damals berechnet worden ist. In dem Schreiben sollten Beginn, Ende und Nummer der Versicherungspolice stehen sowie die monatlichen Beiträge. Wichtig sei der Satz: "Bitte teilen Sie mir mit, wie hoch die Stornokosten bei Kündigung meines Versicherungsvertrages waren und wie hoch der Mindest-Rückkaufwert nach den Maßgaben des BGH in seinen Urteilen vom 12.10.2005 (Az: IV ZR 162 / 03, 177 / 03 und 245 / 03) wäre." Anhand des Antwortschreibens sei dann ersichtlich, ob Nachzahlungen gefordert werden können.

Ebenso betroffen sind nach Aussage von Merschky Versicherte, die ihre damals abgeschlossenen Kapiltallebens- und Rentenversicherungen in den besagten Jahren vorübergehend beitragsfrei gestellt haben und deren Verträge heute noch laufen.

Bundesgerichtshof, Az: IV ZR 162 / 03, 177 / 03 u. 245 / 03 vom 12. Oktober 2005