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Unister-Insolvenz als Wirtschaftskrimi Unister-Insolvenz: Nach Thomas Wagners Tod entsteht Kriminalfall um das Internetunternehmen.

Von Thilo Streubel 20.07.2016, 19:00
Unister-Chef Thomas Wagner kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Unister-Chef Thomas Wagner kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. dpa

Leipzig - Das Leipziger Internet-Unternehmen Unister zerfällt nach dem Tod des Gründers und Geschäftsführers Thomas Wagner in seine Einzelteile. Nachdem die Unister Holding am Montag die vorläufige Insolvenz beantragt hatte, folgten der Holding und dem Reiseveranstalter Urlaubstours nun u-deals.de und die Unister GmbH.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Lucas Flöther bestätigte das der MZ am Mittwoch. Er beruhigte allerdings alle Kunden, die bereits Flüge oder Reisen bei Unister-Portalen gebucht haben: „Wir können jetzt sicherstellen, dass alle Buchungen über die Reiseportale sicher sind. Kunden können sowohl ihre Urlaubsreisen antreten als auch in Zukunft die Reisen und Flugtickets von Portalen wie fluege.de oder ab-in-den-urlaub.de bedenkenlos in Anspruch nehmen.“

Flöther teilte außerdem mit, dass es eine höhere zweistellige Zahl an potenziellen Interessenten am Unternehmen gebe. Namen nannte Flöther nicht, es befänden sich aber „namhafte branchennahe Unternehmen“ darunter.

Wurden Thomas Wagner Blüten untergejubelt?

Die Umstände der Venedig-Reise des tödlich verunglückten Unister-Chefs entwickeln sich derweil immer mehr zu einem Wirtschaftskrimi. Viele Dinge liegen noch im Dunkeln. Was aber feststeht: Wagner wollte mit der Reise sein kriselndes Unternehmen retten.

Dafür benötigte er wie so oft frisches Geld. In Venedig soll Wagner einen potenziellen Geldgeber getroffen haben. Finanzberater Heinz B., der bei dem Flugzeugabsturz ebenfalls ums Leben kam, hatte diesen wohl vermittelt.

Beweise dafür gibt es nicht, aber viele Indizien. Der Wirtschaftsjournalist Heinz-Roger Dohms kennt die Branche und hat sich oft mit Unister beschäftigt. Im Manager Magazin rekonstruierte er das schicksalhafte Treffen in Venedig.

Der Inhalt liest sich wie das Drehbuch zu einem Wirtschaftskrimi. Bei einem Treffen mit B. und anderen Bankern im Juni in Hannover wurde ein Investor aus Italien als möglicher Darlehenskandidat ins Spiel gebracht.

Am Mittwoch vergangener Woche charterte B. laut Manager Magazin ein Flugzeug, flog von Dortmund nach Leipzig und holte dort Wagner und Unister-Mitgesellschafter Oliver Schilling ab. Das Geschäft in Venedig lief aber anders als gedacht.

Laut einem Sprecher der slowenischen Polizei habe man im Wrack des abgestürzten Flugzeugs Dokumente gefunden, die darauf hinweisen, dass Wagner in Venedig um eine hohe Geldsumme betrogen worden ist. Außerdem fand die Polizei 10 000 Franken.

Journalist Dohms erfuhr aus Branchenkreisen, dass Wagner und Schilling einen Koffer mit über einer Million als Sicherheitsleistung für einen Kredit mit sich führten. Der MZ liegt ein Mustervertrag für diesen Kredit vor.

In Venedig sollen die Unister-Vertreter mit dem venezianischen Geschäftsmann die Koffer getauscht haben. Später bemerkten Wagner und Schilling, dass unter den echten Geldscheinen Blüten seien. Sie erstatteten Anzeige gegen den Mann, der daraufhin unauffindbar war. Die Behörden in Italien und Slowenien sowie die Staatsanwaltschaft in Dresden ermitteln in dem Fall.

Noch ist auch die Absturzursache nicht endgültig geklärt. Rechtsmediziner müssen auch noch die Identität der stark verbrannten Leichen aus dem Flugzeug feststellen. (mz)

Teile der ausgebrannten Maschine an der Absturzstelle in Slowenien.
Teile der ausgebrannten Maschine an der Absturzstelle in Slowenien.
dpa