1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Trotz Zinstief: Trotz Zinstief: Lohnt sich eine Lebensversicherung überhaupt noch?

Trotz Zinstief Trotz Zinstief: Lohnt sich eine Lebensversicherung überhaupt noch?

Von Gesa Schölgens 06.02.2013, 14:45
Sinkende Renditen, schrumpfende Reserven: Neue Verträge lohnen sich nicht.
Sinkende Renditen, schrumpfende Reserven: Neue Verträge lohnen sich nicht. dpa Lizenz

Wie rentabel ist der Abschluss einer kapitalgebundenen Renten- oder Lebensversicherung überhaupt noch? Diese Frage stellen sich derzeit viele Anleger. Denn der Garantiezins gleicht bei neuen Verträgen nicht einmal mehr die Inflation aus - er liegt nur noch bei 1,75 Prozent. Außerdem drehen die Versicherer auch bei älteren Verträgen an der Sparschraube.

Um die Einzelheiten zu verstehen, hilft es, den Aufbau einer Lebensversicherung zu kennen. Deren gesamte Verzinsung setzt sich aus Garantiezins, laufender Überschussbeteiligung, Schlussüberschuss und der Beteiligung an den Bewertungsreserven zusammen. Da verlieren Kunden schnell den Überblick. Zumal der Gesamtzins nicht auf die Beiträge berechnet wird, sondern lediglich auf den Sparanteil, der nach Abzug der Kosten übrigbleibt. Wie viel das ist, unterscheidet sich je nach Anbieter teils erheblich.

Wo gespart wird

Fast alle Anbieter von Allianz bis Zurich haben in diesem Jahr die Überschussbeteiligung für ihre Kunden gekürzt. So erhalten Kunden des Schweizer Versicherers Zurich ab 2013 nur noch eine laufende Verzinsung von 3,0 Prozent. Es sei denn, sie besitzen einen Altvertrag mit einer Zinsgarantie von 4,0 oder 3,25 Prozent. Damit ist Zurich derzeit das Schlusslicht. Doch auch Marktführer Allianz streicht die laufende Verzinsung von 4,0 auf 3,6 Prozent zusammen. Kunden der DEVK oder der Europa-Versicherung können sich glücklicher schätzen - bei ihnen steht auch 2013 noch eine Vier vor dem Komma.

Zusammen mit dem garantierten Zins ergibt sich für 2013 nur noch eine Gesamtverzinsung von 3,6 Prozent, berichtet Finanztest. Verzinst werde aber nicht der gesamte Beitrag, sondern nur das Guthaben, das nach Abzug von Abschluss-, Verwaltungs- und Risikokosten übrig bleibt. „Die tatsächliche Rendite liegt daher erheblich niedriger“, so die Versicherungsexperten.

Immerhin wird nun doch nicht bei den Bewertungsreserven gespart. Versicherte sollten weniger Anteile davon erhalten - doch die Kürzungspläne scheiterten im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

Keine neuen Verträge abschließen

Wird die klassische Lebensversicherung aus diesen Gründen zum Auslaufmodell? - „Kunden sollten jetzt keine neuen Lebensversicherungen abschließen“, warnt Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten (BdV). Im schlimmsten Fall kann es Jahrzehnte dauern, bis der Vertrag überhaupt den Wert der eingezahlten Beiträge erreicht hat. „Der Neuabschluss einer Kapitallebensversicherung ist nicht mehr attraktiv“, weiß auch Finanztest. Wer jedoch bereits eine Kapitallebensversicherung habe, sei meist besser beraten, den Vertrag durchzuhalten. Denn eine Kündigung oder Freistellung von den Beiträgen sei oft teuer.

Mehr als 50 Prozent der Versicherungsnehmer löst die Lebensversicherung aus finanziellen Gründen vorzeitig auf. Diese Art der Kündigung wird als Rückkauf bezeichnet. Im Kündigungsfall erhält der Versicherte den so genannten Rückkaufswert - sofern dieser vertraglich vereinbart wurde. Wichtig zu wissen: Der Rückkaufswert basiert nicht auf den in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen.

Versicherte machen bei einem Rückkauf in der Anfangszeit in der Regel Verluste. Bei vielen gekündigten Verträgen bekommen die Kunden weniger zurück, als sie eingezahlt haben. Das liegt auch an den hohen Abzügen. Deswegen hat die Verbraucherzentrale Hamburg gegen mehrere Versicherungen geklagt. Als Folge haben Gerichte einige Vertragsklauseln zur Berechnung der Rückkaufswertes für ungültig erklärt.

Wer eine Kapital-Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung ab Januar 1995 abgeschlossen und seither gekündigt hat, kann von seinem Versicherungsunternehmen Nachschlag fordern. Denn laut Bundesgerichtshof durften diese Verträge nicht mit einem Stornoabzug belastet werden. Die Verbraucher haben Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert. Der beträgt knapp die Hälfte der eingezahlten Beiträge, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Mit einem Musterbrief können Versicherte diesen Betrag einfordern.

Es gibt spezialisierte Anbieter, die Versicherungsnehmern ihre Verträge abkaufen. Sie bieten teilweise bis zu 15 Prozent mehr Geld an als die Versicherungsunternehmen. Allerdings kommt es bei einem Rückkauf durch einen Händler regelmäßig zu langen Wartezeiten zwischen drei bis neun Wochen. Außerdem kann es passieren, dass der Käufer wieder abspringt.

Bevor sie ihre Lebensversicherung kündigen oder auf dem Zweitmarkt verkaufen, sollten Versicherte die Alternativen überdenken. Diese sind:

Modelle ohne teure Garantien

Dabei wäre es vielen Versicherern recht, wenn sie sich von den teuren Garantien befreien könnten. In der Niedrigzinsphase müssen sie insgesamt Milliarden zur Seite legen, um die Verpflichtungen künftig erfüllen zu können. Im Zuge des neuen Regelwerks „Solvency II“ drohen ihnen auch noch schärfere Eigenkapitalanforderungen. Längst bastelt die Branche daher an Vertragsmodellen, in denen die Zinsen nur noch für die ersten 10 oder 15 Jahre der Vertragslaufzeit garantiert sind. Die bisherigen fondsgebundenen Verträge ohne Garantie ließen sich kaum verkaufen, sagt Christian Badorff, Versicherungsexperte bei der Ratingagentur Standard & Poor's.

Widerstand gegen die neuen Pläne kommt von Verbraucherschützern. „Die Umsetzung der Befristung würde das endgültige Ende der klassischen kapitalbildenden Lebensversicherung bedeuten“, urteilt der BdV. Wenn der Zinssatz nach 15 Jahren neu festgelegt werden dürfe, sei dies eine weitere Unsicherheit für die Versicherungsnehmer. Und eine weitere Stellschraube, mit der die Unternehmen an der Gewinnbeteiligung ihrer Lebensversicherten drehen könnten.

Streuen und mischen

Tagesgeld.info hat bei Assekuranzen und Pensionskassen nachgehakt, welche Konsequenzen das aktuelle Marktumfeld für die private und die betriebliche Altersvorsorge hat. Demnach sieht die Versicherungsbranche vorerst keinen Grund zur Sorge. Man wäre nach eigenen Angaben auf einem guten Weg auch künftig Versprechen halten zu können. Welche Strategien gefahren werden, um auch weiterhin eine solide Grundlage zu haben, verraten die Unternehmen nur bedingt. Die Allianz Leben beispielsweise „mischt und streut ihre Kapitalanlagen breit in bis zu 50 unterschiedliche Anlageformen“. Durch den vorausschauenden Anlagemix würden auch in Niedrigzinsphasen Risiken minimiert und auskömmliche Renditen erzielt.

Wem Renten- und Lebensversicherungen nach wie vor nicht sicher genug sind, für den hat die Wüstenrot und Württembergische AG einen Tipp: das Eigenheim. Die Mehrheit der Deutschen habe darin schon immer die sicherste und attraktivste Form der Geldanlage und Altersvorsorge gesehen. (mit Material von dpa)

Privat vorsorgen? Hier können Sie die Kosten ermitteln: