Pegida-Effekt Tourismus in Dresden geht zurück - Stadt kämpft auch mit Imageproblem

Berlin - Fremdenfeindlichkeit wirkt, wenn Fremde wegbleiben. Genau das ist im Freistaat Sachsen und insbesondere in der Landeshauptstadt Dresden 2015 der Fall gewesen. Die Zahl der Übernachtungen in sächsischen Hotels, Gasthöfen und Pensionen ging um ein Prozent auf 18,7 Millionen zurück, in Dresden belief sich das Minus sogar auf drei Prozent.
Demgegenüber erzielte der deutsche Inlandstourismus im vergangenen Jahr mit 436,4 Millionen Übernachtungen ein Rekordergebnis. „Es gibt offensichtlich einen Pegida-Effekt“, sagt Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Dresden Marketing GmbH, die sich neben dem Fremdenverkehr auch um eine Stärkung der Elbmetropole als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts bemüht.
Es gab Wachstum, bis Pegida kam
Dieser Effekt wird besonders deutlich, wenn man die Entwicklung des Dresden-Tourismus über längere Zeiträume und im Vergleich zu anderen beliebten Stadtreise-Zielen betrachtet. Zum einen war die Zahl der Übernachtungen in Dresden vor dem jüngsten Rückgang um drei Prozent zwischen 2010 und 2014 Jahr für Jahr angestiegen, insgesamt um gut 25 Prozent. Es gab also Wachstum, bis Pegida kam. Zum anderen legten acht der zehn beliebtesten deutschen Städte auch 2015 deutlich zu. Berlin an der Spitze meldete ein Übernachtungsplus von 5,4 Prozent, auf den Plätzen folgen München, Hamburg, Frankfurt am Main und Köln mit Wachstumsraten zwischen 4,3 und 7,9 Prozent. Auch Stuttgart, Nürnberg, Leipzig und Hannover verzeichneten mehr Besucher. Einzig Düsseldorf musste ein Minus von zwei Prozent hinnehmen – und eben Dresden.
„Die Stadt hat weltweit ein hervorragendes Image, leidet derzeit aber unter den ausländerfeindlichen Äußerungen im Rahmen der Montagsdemonstrationen und der damit verbundenen andauernden negativen Berichterstattung“, sagt Bunge. Daher entscheide sich mancher Kurzurlauber für andere Ziele. Dresden habe das Problem, dass „lautstarke Menschen mit rassistischem Äußerungen unsere schöne Stadt mit großer Geschichte permanent als Bühne“ nutzten, um damit mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen. „Das macht es uns schwer, mit der Botschaft durchzudringen, dass Dresden selbstverständlich eine bunte, weltoffene Stadt mit einer toleranten und gastfreundlichen Bevölkerung ist.“
Stadtoberen bleiben optimistisch
Optimismus beziehen die Stadtoberen aus der Tatsache, dass wenigstens die Zahl ausländischer Besucher 2015 gestiegen ist, um immerhin 6,1 Prozent. Allerdings machen sie nur ein Fünftel aller Gäste aus. Daher fällt der Rückgang der Inlandsgäste um 5,1 Prozent viel stärker ins Gewicht. Außerdem zeigt die nähere Betrachtung der Daten, dass der Pegida-Effekt durchaus auch auf ausländische Reisende durchschlägt: Aus der Mehrzahl der europäischen Länder kamen 2015 weniger Gäste als zuvor, etwa aus Österreich, den Niederlanden, Belgien, Italien, Frankreich und Dänemark.
Starke Zuwächse gab es bei Besuchern aus den USA (plus 9,4 Prozent) und China (plus 43,4 Prozent). Trotz einiger Ausnahmen wie Spanien - von dort kamen 2015 fast 89 Prozent mehr Touristen nach Dresden als 2014 – lässt sich feststellen: Je weiter weg des Herkunftsland, desto geringer der Pegida-Effekt. Man darf vermuten, dass dies mit den in Übersee vergleichsweise spärlichen Informationen über fremdenfeindliche Demonstrationen zusammenhängt.
Sorge auch um Imageverlust
Mehr noch als der Rückgang der Gästezahlen bereitet Bunge der Imageverlust der Stadt als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Sorge. Die technische Universität Dresden sei die einzige Exzellenzhochschule in den neuen Bundesländern und die Stadt ein herausragender Wissenschaftsstandort: „Alle großen deutschen Forschungsinstitute – Fraunhofer, Leibniz, Helmholtz, Max-Plank – sind in Dresden prominent vertreten. Wir stehen mit im Wettbewerb um die besten Wissenschaftler weltweit. Dass rassistische Äußerungen und fremdenfeindliche Demos dem Wissenschaftsstandort Dresden schaden, steht leider außer Frage.“
Was bleibt ist die Hoffnung, dass die 2016 anstehenden Konferenzen, Festivals und Jubiläen - von den Feiern zu 800 Jahren Dresdner Kreuzchor bis zum Evangelischen Posaunentag – allmählich die negativen Schlagzeilen verdrängen.