Reisen Tourismus im Krisenmodus: Auf Corona folgt Hochwasser
Die Hoffnung der Tourismusbranche war groß nach dem Corona-Lockdown. Jetzt stürzt die Hochwasserkatastrophe Hoteliers, Gastwirte und Campingplatzbetreiber in betroffenen Regionen in die nächste Krise.
Berlin/Bad Kreuznach - Verwüstete Campingplätze, zerstörte Ferienhäuser und Hotels, beschädigte Brücken, Gleise und Straßen: Die Hochwasserkatastrophe vor allem im Westen Deutschlands trifft den Tourismus in den betroffenen Gebieten hart.
„Für die Gastgeber, die nach dem langen Corona-Lockdown nun im schlimmsten Fall ihre Existenzgrundlage verloren haben, ist es eine absolute Katastrophe“, berichtete Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbandes. Insbesondere die Regionen im ländlichen Raum seien dringend auf den Tourismus angewiesen.
„Das ganze Ausmaß der Flut und die Effekte auf den Tourismus lassen sich derzeit allerdings noch nicht abschätzen“, sagte Schwefel. Unklar sei wie viele Beherbergungsbetriebe von der Flut betroffen seien und wie viele Urlauber aktuell ihre Reise nicht antreten könnten. Die Vulkaneifel und die Moselregion sind beliebte Urlaubsziele.
Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Rheinland-Pfalz gibt es beispielsweise im stark betroffenen Kreis Ahrweiler so gut wie keine Wirtshäuser oder Hotels, die innerhalb der kommenden zwölf Monate wieder Gäste bedienen könnten. „Die zerstörte Infrastruktur, die kaputten Gebäude aber beispielsweise auch die fehlende Gasversorgung geben wenig Anlass zur Hoffnung“, sagte Dehoga-Präsident Gereon Haumann.
Viele Stornierungen
Zahlreiche Urlaubsgäste würden ihre Buchungen auch in Landesteilen stornieren, die überhaupt nicht von den Überflutungen betroffen waren, wie beispielsweise Rheinhessen oder die Pfalz. „Wir gehen davon aus, dass trotz Hochsaison Tausende von Betten leer bleiben“, sagte Haumann. Das liege daran, weil das Bundesland insgesamt als Katastrophengebiet betrachtet werde. Dabei seien selbst Urlaubsgebiete entlang der Mosel mittlerweile schon wieder auf Gäste eingestellt.
Nach ersten Schätzungen des Bundesverbandes der Campingwirtschaft (BVCD) in Deutschland sind vier Campingplätze in Nordrhein-Westfalen und elf in Rheinland-Pfalz so verwüstet, dass sie auf unbestimmte Zeit nicht öffnen können. Bundesweit gibt es mehr als 3000 Campingplätze, die in der Regel etwa 70 Prozent ihres Umsatzes in den Ferienmonaten Juli und August machen. „Hoffnung macht, dass es bisher überdurchschnittlich viele Buchungen für September gibt“, sagte BCD-Geschäftsführer Christian Günther. „Wir sehen Corona-Nachholeffekte.“
Auswirkung auf Gesamtbilanz noch unklar
Die Folgen für Anbieter von Flusskreuzfahrten halten sich nach Einschätzung des Reiseverbandes DRV in Grenzen. „Es ist nicht zu so vielen Absagen gekommen wie zunächst befürchtet“, sagte Benjamin Krumpen, Mitgeschäftsführer von Phoenix Reisen. „Wir haben immer wieder mit den Folgen von Hoch- und Niedrigwasser zu kämpfen. Die Reedereien können damit grundsätzlich umgehen.“ Einige Kreuzfahrten mussten abgesagt werden, bei anderen der Fahrplan geändert. Es werde damit gerechnet, dass die Donau ab Passau zum Wochenende wieder befahrbar sei, ebenso die Mosel und die gesamte Rheinstrecke.
Welche Auswirkungen die Katastrophe auf die Gesamtbilanz des Deutschland-Tourismus hat, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Besonders beliebt bei Urlaubern aus dem Inland sind in Deutschland traditionell die Ost- und Nordsee, die nicht betroffen sind, sowie Bayern. Zwar hatten Hochwasser-Fluten und Erdrutsche am Wochenende im Berchtesgardener Land Verwüstungen angerichtet. Touristenunterkünfte blieben aber offenbar weitgehend verschont. „Sie können anreisen!“, schreibt der Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden auf seiner Internetseite.