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Tarifkonflikt der GDL Tarifkonflikt der GDL: Lokführer wollen mehr als vier Tage streiken

04.11.2014, 14:04
Bahnkunden müssen sich auf fast 100 Stunden Streik einstellen.
Bahnkunden müssen sich auf fast 100 Stunden Streik einstellen. dpa Lizenz

Berlin - Auf die Kunden der Deutschen Bahn kommt der längste Streik in der Geschichte des Unternehmens zu. Von Donnerstag, 2.00 Uhr, an wollen die Lokführer im Personenverkehr bundesweit für vier Tage die Arbeit niederlegen. Betroffen sind Fern- und Regionalzüge sowie die S-Bahnen der Deutschen Bahn. Im Güterverkehr beginnt der Ausstand schon am Mittwochnachmittag um 15.00 Uhr. Das Ende des Streiks ist für Montag, 10. November, um 4.00 Uhr geplant.

Es ist der sechste Streik im laufenden Tarifkonflikt und der längste seit Gründung der Deutschen Bahn AG im Jahr 1994. „Dieser Streikaufruf macht nur noch sprachlos und ist reine Schikane“, kritisierte Personalchef Ulrich Weber. Bahnchef Rüdiger Grube hatte die Gewerkschaft noch am Dienstag zur Mäßigung aufgerufen.

Betroffen sind auch die Feiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls am Wochenende in Berlin, wo bislang Hunderttausende Gäste erwartet wurden. Die Tourismusbranche in der Hauptstadt sprach von einer „egoistischen Entscheidung von einigen Wenigen auf Kosten sehr Vieler“.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) begründete die Aktion mit der Weigerung der Bahn, über einen eigenständigen Tarifvertrag auch für Berufsgruppen zu verhandeln, die nicht Lokführer sind. Ein Einigungsversuch beider Seiten war am Sonntag gescheitert. Dabei ging es um Spielregeln für die künftige Zusammenarbeit zwischen der Bahn, der GDL sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

GDL-Chef Claus Weselsky sagte, man wolle und müsse für alle Mitglieder Tarifverträge aushandeln: „Dieses Grundrecht ist in Gefahr und damit die Funktion von Gewerkschaften an sich.“

Hauptstreitpunkt ist die Forderung der GDL, nicht nur für Lokführer, sondern auch für das übrige Zugpersonal Tarifverträge aushandeln zu dürfen. Der von der Bahn vorgelegte Vertragsentwurf sieht ein Verhandlungsmandat der GDL auch für die Zugbegleiter vor.

Sollten sich beide Gewerkschaften aber nicht über Tarifregelungen für diese Berufsgruppe verständigen, soll letztlich das Ergebnis der Verhandlungen mit der EVG gelten. Weselsky sprach daher von einer „Scheinzuständigkeit für Zugbegleiter“, die die GDL nicht akzeptieren könne.

Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner griff Weselsky an. „Er schadet nicht nur der Bahn, er schadet der Gewerkschaftsbewegung, weil er eine andere Gewerkschaftslandschaft haben will“, sagte Kirchner im Hessischen Rundfunk. Die EVG sieht aber auch ein von der Bundesregierung geplantes Gesetz zur Tarifeinheit kritisch. „Es mag Bereiche und Branchen geben, wo das Gesetz hilft, Konflikte zu befrieden, bei der Eisenbahn wird das nicht der Fall sein“, sagte Kirchner am Dienstag bei einem Kleinen Gewerkschaftstag in Fulda.

Die Deutsche Bahn richtet eine kostenlose Hotline ein. Unter der Telefonnummer 08000-996633 können sich Bahnfahrer über Zugausfälle und Verspätungen informieren. Zusätzlich können sich Bahnreisende auf der Seite www.bahn.de/aktuell informieren. Meldungen für Ausfälle in NRW finden Reisende hier, für Sachsen-Anhalt hier. Die Bahn rät zusätzlich, kurz vor Beginn der Fahrt den DB-Navigator aufzurufen unter reiseauskunft.bahn.de.

Ja. Bei einer Stunde Verspätung muss das verantwortliche Bahnunternehmen 25 Prozent des Fahrpreises erstatten. Bei zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Maßgeblich ist dabei immer die Ankunftszeit am Zielort: Verpasst ein Bahnkunde durch die nur fünfminütige Verspätung eines ersten Zuges seinen Anschluss, so dass er erst nach einer Stunde am Ziel anlangt, erhält er eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises. Wird eine Übernachtung nötig, muss die Bahn die Kosten für ein Hotelzimmer tragen. Der Aufpreis für den ICE-Sprinter wird schon ab 30 Minuten Verspätung des Sprinters erstattet.

Besitzer von Streckenzeitkarten erhalten bei Verspätungen von einer Stunde und mehr pauschale Entschädigungen. Bei Zeitkarten im Nahverkehr gibt es in der zweiten Klasse 1,50 Euro. Dabei gilt allerdings eine Bagatellgrenze von vier Euro. Bahn-Kunden mit Zeitkarten im Nahverkehr erhalten also nur eine Entschädigung, wenn mindestens drei Verspätungen von mindestens 60 Minuten im Gültigkeitszeitraum der Fahrkarte nachgewiesen werden. Grundsätzlich werden bei Zeitkarten maximal 25 Prozent des Fahrkartenwertes erstattet. Im Fernverkehr werden pauschal fünf Euro gezahlt.

Zeichnet sich eine Verspätung von mehr als einer Stunde ab, kann der Reisende auf die Fahrt verzichten und den kompletten Fahrpreis zurückverlangen. Ebenso kann er die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt beginnen und dann auch eine andere Streckenführung wählen.

Das Beschwerdeformular ist in den Servicezentren der Deutschen Bahn oder im Internet unter www.fahrgastrechte.info erhältlich. Das Formular können Reisende in den Fahrkarten-Verkaufsstellen an den Bahnhöfen einreichen. Die Bahn muss Beschwerden von Fahrgästen nach spätestens einem Monat bearbeitet haben. Bei Streitfällen vermittelt die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) zwischen Kunden und Unternehmen. Entschädigungen muss die Bahn auf Wunsch bar auszahlen, ansonsten per Gutschein oder Überweisung.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei Streiks im Luftverkehr höhere Gewalt vorliegt. Also gilt die EU-Fluggastrechteverordnung, die Entschädigungen vorsieht, nicht. Im Bahnverkehr ist das anders: Die Bahn kann bei Streiks oder Unwettern keine höhere Gewalt geltend machen. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus September 2013 ist sie dazu verpflichtet. Bahnchef Rüdiger Grube hat sich vergeblich um eine Änderung bemüht.

In dem Tarifkonflikt bei der Bahn geht es auch um mehr Geld für die Beschäftigten. Die GDL fordert fünf Prozent mehr Lohn und zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit. „Es muss Schluss damit sein, dass die Kollegen wegen maßloser Überstunden schon im September ihre Jahresarbeitszeit erfüllt haben und ihnen zustehende Freizeit dauerhaft entzogen wird“, sagte Weselsky.

Die Busunternehmer reagierten erfreut auf die Streik-Ankündigung. Sie bereiteten sich auf einen Ansturm der Reisenden vor, wie der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer mitteilte. Einzelne Fernbus-Betreiber kündigten schon zusätzliche Fahrten an. (dpa)