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Strafzinsen für Kleinsparer Strafzinsen für Kleinsparer: Kreissparkasse Stendal: Tabubruch in Sachsen-Anhalt

Von Steffen Höhne 28.11.2019, 05:00
Die Kreissparkasse Stendal prescht mit Negativzinsen vor.
Die Kreissparkasse Stendal prescht mit Negativzinsen vor. dpa

Halle (Saale) - Als erste Sparkasse in Sachsen-Anhalt hat die Kreissparkasse Stendal auch Strafzinsen für Kleinsparer eingeführt. Auf ihrer Homepage weist das Institut darauf hin, dass für ihr S-Tagesgeldkonto „für Guthaben ab 0,01 Euro ein Verwahrentgelt berechnet wird“. Verwahrentgelt ist ein anderes Wort für Negativzinsen. Details dazu sind im Preisaushang allerdings nicht zu finden. Auf MZ-Anfrage war der Sparkassenvorstand am Mittwochnachmittag nicht erreichbar. Der Negativzins gilt laut dem Finanzportal Biallo nur für Neukunden, die kein Girokonto bei der Sparkasse besitzen.

Ostdeutscher Sparkassenverband hatte Strafzinsen für Kleinsparer ausgeschlossen

Dennoch ist das ein Tabubruch. Der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, Michael Ermrich, hatte Ende August 2019 Strafzinsen für Kleinsparer in Ostdeutschland ausgeschlossen. Bis 100.000 Euro müssten sich Sparer keine Gedanken machen, sagte Ermrich damals dem MDR. „Auch Verheiratete nicht, sie können dann ja zwei Konten führen.“

Banken müssen bereits seit 2014 Strafzinsen zahlen, wenn sie ihr Geld kurzfristig bei der Europäischen Notenbank lagern. Erst im September 2019 erhöhte die EZB diesen Minuszins auf 0,5 Prozent. Auch wenn es neuerdings Freibeträge für bestimmte Summen gibt, bleibt dies für die Branche eine Milliardenbelastung. Immer mehr Banken in Deutschland geben diese Kosten weiter und berechnen ihren Kunden Negativzinsen.

150 von 1.400 Banken und Sparkassen kassieren bereits „Verwahrentgelte“

Nach Angaben des Finanzportals Biallo kassieren in Deutschland bereits 150 von 1.400 Banken und Sparkassen ein sogenanntes Verwahrentgelt. Betroffen sind zumeist Firmen und Kommunen, die große Summen anlegen. Bei 52 dieser Institute sind auch Privatkunden betroffen, zumeist mit Guthaben ab 100.000 Euro. Laut Biallo gilt bei vier Geldhäusern der Strafzins ab dem ersten Euro. Finanzexperten gehen davon aus, dass weitere Institute in den kommenden Monaten folgen werden.

CSU-Chef Markus Söder fordert für Bankkunden einen steuerlichen Ausgleich von Negativzinsen. Es brauche einen „großen Master-Plan, wie man die Sparer schützt und von Negativzinsen befreit“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Passauer Neuen Presse“ „Wenn ein Verbot nicht möglich sein sollte, muss es einen Ausgleich geben.“ Der Staat solle Sparern gezahlte Negativzinsen darüber zurückgeben, dass diese steuerlich geltend gemacht werden können, forderte Söder.

Strafzinsen für Privatleute hatte erstmals in Deutschland die Raiffeisenbank Gmund (Bayern) im September 2016 eingeführt. Die Volksbank Stendal folgte im Oktober 2016. Allerdings bitten die beiden Institute nur vermögende Kunden zur Kasse. (mz)