Slowaken stellen Weichen Slowaken stellen Weichen: Tatravagonka rettet sächsische Firma Waggonbau Niesky

Halle (Saale) - Wer hätte das gedacht: Am Ende gab es sogar noch ein Bieterwettstreit um den insolventen Güterwagen-Hersteller Waggonbau Niesky (WBN). Sowohl der größte chinesische Schienenfahrzeug-Hersteller CRRC als auch der Branchenriese Tatravagonka waren an einer Übernahme interessiert.
Die Slowaken erhielten von der zuständigen Insolvenzverwalter-Kanzlei Wallner-Weiß den Zuschlag. „Wir haben einen aus unserer Sicht optimalen Käufer gefunden. Damit sind die Arbeitsplätze von rund 300 Mitarbeitern gesichert“, teilte Insolvenzverwalter Jürgen Wallner mit. Noch müssen allerdings die Kartellbehörden zustimmen.
Waggonbauer verzichten für sichere Jobs auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Zufrieden ist auch Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen: „Die Arbeitsplätze wackeln nicht.“ Es sei eine Beschäftigungs- und Standortsicherung für fünf Jahre vereinbart worden, sagte er der MZ. Für sichere Jobs verzichten die Nieskyer Waggonbauer in diesem Jahr auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Sobald aber wieder ein Euro verdient werde, gehe das Geld an die Mitarbeiter. Die Slowaken wollten ursprünglich höhere Lohneinschnitte durchsetzen.
In Niesky werden seit mehr als 100 Jahren Schienenfahrzeuge hergestellt. Im Jahr 2008 verkaufte die Deutsche Bahn das Werk an den Finanzinvestor Quantum Capital. Laut Gewerkschaft gab es jedoch Managementfehler, die zur Insolvenz im Januar 2018 geführt haben.
Unternehmen Tatravagonka gilt als Europas größter Güterwagenproduzent
An Aufträgen mangelt es dem Unternehmen, das spezielle Güterwagen wie Autotransportwagen, Schüttgutwagen und Drehgestelle herstellt, nicht. „Die Auftragsbücher waren voll“, so Otto. Allerdings wurden mit diesen Verluste geschrieben. Insolvenzverwalter Wallner musste nachverhandeln. Einige Erfolge: Der Salz-Konzern K+S orderte 160 Schüttgutwaggons, ein Logistiker 149 neue Autotransportwagen.
Das Unternehmen Tatravagonka, das mehrheitlich dem Finanzinvestor Optifin Invest gehört, gilt mit einem Marktanteil von 30 Prozent als Europas größter Güterwagenproduzent. Im Jahr 2012 übernahmen die Slowaken bereits die Eisenbahnlaufwerke Halle (ELH). Das Unternehmen mit Sitz in Queis (Saalekreis) produziert Drehgestelle für den Einsatz in Güter- und Reisezugwagen. Laut IG Metall werden in dem Werk Löhne nach dem Tarifsystem der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gezahlt, das niedriger liegt als bei den Metallern in Niesky.
Chinesen zu langsam?
Vorerst leer ausgegangen ist der chinesische Schienenfahrzeug-Hersteller CRRC. Der Staatskonzern will ein Schwergewicht auf dem Weltmarkt werden. Der schon heute nach Umsatz größte Bahnbaukonzern ist bislang vor allem im Inland aktiv. Durch die Übernahme von WBN hätte CRRC einen bedeutenden Schritt auf den deutschen Markt machen können. Doch offenbar war der Riese aus dem Reich der Mitte nach Angaben von Beteiligten „zu langsam und unflexibel“. In Niesky musste eine schnelle Lösung gefunden werden, um die Liquidität zu sichern. Doch die chinesischen Delegationen, die mehrmals das Werk besichtigten, konnten offenbar Entscheidungen nicht zügig treffen. (mz)