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Sektkellerei Freyburg Sektkellerei Freyburg: Generationswechsel bei Rotkäppchen-Mumm gelungen

Von Steffen Höhne 01.10.2014, 18:26
Der Rotkäppchen-Mumm-Chef Christof Queisser lobt die Verbundenheit der Mitarbeiter mit den Marken.
Der Rotkäppchen-Mumm-Chef Christof Queisser lobt die Verbundenheit der Mitarbeiter mit den Marken. dpa Lizenz

Freyburg - Eine weiße Schreibtischplatte, darauf ein Computer und ein paar Akten. Auf einem kleinen Wandschrank steht eine einzelne Topfpflanze. Dazu ein runder Konferenztisch, an dem vier Personen Platz haben - das ganze auf höchstens 15 Quadratmetern. Das Freyburger Büro von Christof Queisser sieht nicht unbedingt so repräsentativ aus, wie man sich die Chefetage bei Deutschlands größter Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm vorstellt. Seit mehr als einem Jahr führt Queisser nun die Geschäfte. Doch ist er auch bei Ostdeutschlands Vorzeigeunternehmen angekommen?

"Die kurzen Wege erleichtern die Arbeit"

Das Klosterzimmer erklärt sich gleich zweifach: Zum einen hat Queisser, anders als der langjährige Unternehmenschef Gunter Heise, seinen Dienstsitz am hessischen Standort Eltville. Zum anderen entschied sich Queisser nach eigenen Worten bewusst für das Büro, da er so dicht an seinen Mitarbeitern sitzt. „Die kurzen Wege erleichtern die Arbeit und ermöglichen schnellere Entscheidungen“, sagt Queisser.

Mit dem 44-Jährigen ist Rotkäppchen-Mumm nach Einschätzung des Branchenexperten Manfred Vossen von der „Lebensmittelzeitung“ ein erfolgreicher Generationswechsel gelungen. „Herr Queisser setzt auf den Ausbau des Auslandsgeschäfts und Qualitätsprodukte“, sagt Vossen. Das sei der richtige Weg. In dem neu geschaffenen Beirat fungiere Heise als eine Art Kontrolleur. Im Hintergrund stehe zudem Mehrheitseigner Harald Eckes mit viel Erfahrung und der nötigen Finanzkraft zur Seite.

Heise ist von Haus aus Ingenieur, Queisser Betriebswirt. In ihren Auftreten ähneln sie sich allerdings. Beide Manager hören ihrem Gegenüber genau zu. Ihre Meinung bringen sie eher leise, aber bestimmt zum Ausdruck. Sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, ist nicht ihre Sache - wobei Heise die Erfolgsgeschichte des Ost-Unternehmens immer mit seiner Person auch medial vertrat.

Marktanteil von über 50 Prozent

Heise und Eckes machten Rotkäppchen in den vergangenen 20 Jahren zum deutschen Sekt-Primus, der auch im Spirituosen-Geschäft (Echter Nordhäuser, Chantré) und bei Weinen (Blanchet) kräftig mitmischt. Rotkäppchen, Mumm, MM Extra erreichen im Handel einen Marktanteil von über 50 Prozent. Viel Luft nach oben bleibt da nicht. Im vergangenen Jahr fiel der Umsatz der Gruppe erstmals leicht um 3,8 Prozent auf 823,1 Millionen Euro.

Queisser soll Rotkäppchen-Mumm zu neuen Ufern führen , ohne dabei große Risiken einzugehen. Sein erstes Jahr dürfte dabei recht erfolgreich verlaufen. Im Frühjahr führte das Unternehmen die sogenannten Fruchtsecco ein. Dabei greift Rotkäppchen einen Trend aus der Gastronomie auf, die Prosecco und Holunderblüten-Sirup als Mix-Getränk „Hugo“ verkauft. Der kommt vor allem bei weiblichen Gästen gut an. „Wir konnten unsere Kunden mit der Qualität und dem Geschmack überzeugen“, sagt Queisser nun. Absatzzahlen nennt er nicht, doch Rotkäppchen-Mumm ist auch in diesem noch kleinen Segment auf dem Weg, deutscher Marktführer zu werden. Nach MZ-Informationen sollen die Freyburger im Sommer teilweise mit der Produktion kaum nachgekommen sein. Laut Firmenchef sollen weitere Sorten auf den Markt kommen.

Weitere Informationen zu Christof Queisser lesen Sie auf Seite 2.

Mit Queisser hat sich die Sektkellerei einen Vertriebsprofi ins Haus geholt. Jahrelang war der Manager unter anderem für den Sekt- und Weineinkauf des Handelskonzerns Tengelmann verantwortlich. Heute sitzt er bei den Jahresgesprächen, die alle Handelsriesen mit ihren Lieferanten führen, seinen ehemaligen Kollegen gegenüber. „Es ist sicher kein Nachteil, wenn man beide Seiten gut kennt“, sagt Queisser. Bei der Einführung neuer Produkte wie den Fruchtsecco „braucht der Handel das Vertrauen, dass es ein Erfolg wird.“ Dann würden die Ketten die Hersteller auch bei der Markteinführung unterstützen.

Umsetzung der „Strategie 2025“ als Herausforderung

Die größte Herausforderung für Queisser dürfte allerdings die Umsetzung der „Strategie 2025“ werden. Rotkäppchen-Mumm hat sich vorgenommen, künftig vor allem durch den Export zu wachsen. In Deutschland ist die Sektkellerei ein Riese, im Ausland ein Zwerg. Von den im vergangenen Jahr abgesetzten 234 Millionen Flaschen Sekt, Wein und Spirituosen wurde nur ein Prozent im Ausland verkauft. Doch eine Expansion über die Landesgrenzen ist alles andere als einfach. Die deutschen Konkurrenten Wachenheim und Henkell haben bereits die Märkte in Osteuropa besetzt. In Frankreich, Spanien und Italien gibt es starke nationale Sekt- und Wein-Hersteller. Rotkäppchen-Mumm zieht es daher auf weiter entfernte Märkte wie Russland, China und Nordamerika. „Wir werden hier Schritt für Schritt vorgehen“, so Queisser. Dieses Geschäft brauche Zeit zur Entwicklung. Anders als französischer Champagner müsse Sekt der Marke Rotkäppchen in Russland erst bekannt gemacht werden.

Queisser ist überzeugt, dass dies gelingen kann. „Nach meinem Antritt hat mich am meisten fasziniert, wie sehr die Mitarbeiter im Haus mit den Marken verbunden sind“, sagt er. „Das führt zu einer hohen Motivation - auch bei mir selbst.“ Aus der Region erhält der Unternehmenschef Lob. Weinbaupräsident Siegfried Boy sagt: „Herr Queisser unterstützt den Verband etwa beim Winzerfest und das Weinanbaugebiet Saale-Unstrut - das passt.“ Queisser ist bei Rotkäppchen-Mumm angekommen. (mz)