Blätterteig-Gebäck gilt als magisch Schweineohr wird Welthit: Warum das Blätterteig-Gebäck der Bäckerei Schwerdtner als "magisch" gilt

Halle (Saale)/Löbau - Was haben die Sängerin Helene Fischer, der Komiker Jan Böhmermann und sächsische Schweineohren gemeinsam? Videos mit ihnen werden im Internet millionenfach geklickt. Bei den beiden Prominenten lässt sich das leicht nachvollziehen. Doch Blätterteig mit Schokolade?
Ganz im Osten Deutschlands, im sächsischen Löbau, hat die Bäckerei Schwerdtner ihren Sitz. Seit 80 Jahren werden in dem Familienbetrieb Brote, Brötchen und Gebäck hergestellt. Das Unternehmen hat 43 Filialen und 380 Mitarbeiter. „Dennoch werden die meisten Backwaren bei uns in Handarbeit hergestellt“, sagt Produktionschefin Jana Pfennig.
„Bei uns stehen Bäcker in der Backstube und keine angelernten Kräfte am Fließband.“ Damit sich die Kunden davon ein Bild machen können, ließ der Betrieb Videos drehen, die auf Flachbildschirmen in den Filialen gezeigt werden.
Zu sehen ist unter anderem auch, wie Pfannkuchen und Schweineohren hergestellt werden. Der Film sammelte auf der Video-Plattform Youtube über mehrere Jahre 2,2 Millionen Klicks.
5,2 Millionen Klicks für Schweineohr-Video
Zum Internet-Hype wurde das ganze jedoch erst Mitte Januar. Das aus London betriebene Internet-Portal „Super-Viral TV“ stellt mehr oder weniger nützliche Clips ins Netz, wie man beispielsweise ein Holz-Spielehaus für Kinder baut oder seinen Kamin mit einer Steinwand verschönert.
Die Social-Video-Plattform wurde auf den Schweineohr-Film aufmerksam und veröffentlichten Teile neu unter dem Titel „Magical German Pastry Processing“ - zu deutsch: „Magische Deutsche Gebäck-Verarbeitung“. Vermerkt wurde auch der deutschen Hersteller.
Die sächsische Bäckerei wusste davon nichts, bekam jedoch auf einmal Anfragen aus Kanada, ob es einen Online-Shop gebe, in dem man das Gebäck kaufen könne. Der dreiminütige Film, der bisher 5,2 Millionen Mal angeschaut wurde, fand offenbar vor allem in den USA viele Fans. „Könnten Sie sich vorstellen, dass ich dort arbeite? Zahlen Sie mir nichts. Ich tue es kostenlos“, „Es wäre so cool, nach Deutschland zu fahren.“, „Wo kann ich das lernen“, schreiben Zuschauer in ihren Kommentaren. „Wir freuen uns natürlich, dass der Clip so viel Aufmerksamkeit bekommt“, sagt Produktionschefin Pfennig.
„Am Ende besteht der Blätterteig aus mehr als 100 Schichten“
Dabei sei die Herstellung der Schweineohren, die fünf bis sechs Stunden dauere, alles andere als trivial. Das liege am Blätterteig. In dem Grundteig aus Mehl, Salz und Wasser werde durch mehrfaches Ausrollen und Zusammenschlagen Ziehfett eingearbeitet. „Am Ende besteht der Blätterteig aus mehr als 100 Schichten“, erklärt sie. Diese würden dann noch geformt, gezuckert und in Schokolade getaucht. „Dazu braucht es Übung.“
Deutsche Backwaren sind weltweit beliebt. „Geschätzt ist vor allem das Brot, das als besonders gesund gilt“, sagt Bernd Kütscher, Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim. Mit etwa 3 200 Sorten gebe es hierzulande die weltweit größte Auswahl. Ein weiterer Punkt sei, dass Deutschland viele Touristen anzieht, die hiesige Backwaren kennenlernen. Die Akademie unterstütze den Trend auch dadurch, dass ausländische Bäcker eingeladen werden. „Wir geben viele Kurse, um unser Backhandwerk bekanntzumachen“, so Kütscher.
Exporte ins Ausland steigen
Das Interesse an den Backwaren zeigt sich auch in der Exportbilanz: Nach Angaben des Verbandes Deutscher Großbäckereien wurden im Jahr 2016 mehr als 1,3 Millionen Tonnen Brot und Backwaren ins Ausland geliefert. Deutschlands Nachbarn, die Niederlande und Frankreich, sind die größten Abnehmer.
Größere Mengen gehen aber auch in die USA und Norwegen. „Das steigende Interesse im Ausland beweist die hohe Qualität der in Deutschland hergestellten Brot- und Backwaren“, sagt Verbandschef Armin Juncker. Das Familien-Unternehmen Schwerdtner beabsichtigt jedoch nicht, künftig Schweineohren zu exportieren. „Wir besitzen nicht einmal einen Schockfroster, der dazu nötig wäre“, sagt Pfennig.
Auch so habe der Betrieb mit der Produktion der täglich 600 bis 1 200 Schweineohren ausreichend zu tun. Der Internet-Erfolg nützt der Firma dennoch. „Wir sind durch mediale Berichte im Gespräch der Leute, sicher gewinnen wir in der Region neue Kunden“, so Pfennig. „Es zeigt sich, dass neue Medien auch für traditionelle Handwerker bedeutend werden.“ (mz)