Sachsen-Anhalt Sachsen-Anhalt: Russland-Sanktionen machen Wirtschaft zu schaffen

Sangerhausen - Es sind keine guten Nachrichten, die Heiko Koschmieder aus Russland mitgebracht hat. Die Ergebnisse seiner gerade beendeten Gespräche fasst der Geschäftsführer der Feag Sangerhausen GmbH (Fertigungscenter für elektrische Anlagen) in zwei Aussagen zusammen. Erstens: Der Kursverfall des Rubel treibt die Preise in Russland nach oben, teils um 30 Prozent und mehr. Zweitens: Die russische Nachfrage sinkt rapide, weil viele Investitionen wegen der politischen Unwägbarkeiten auf der Kippe stehen.
Schmerzliche Umsatzeinbußen kaum noch abzuwenden
Der Unternehmer aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz fürchtet eine neue politische und wirtschaftliche Eiszeit zwischen dem Westen und Russland. Damit steht Koschmieder nicht allein. Daten einer Umfrage unter Betrieben der Industrie- und Handelskammer Halle Dessau stützen seine Auffassung. Danach schrauben die Manager im südlichen Sachsen-Anhalt ihre Erwartungen an Aufträge aus Russland deutlich herab, um minus 11,1 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.
Bei stark auf den Export orientierte Firmen wie die Feag sind schmerzliche Umsatzeinbußen kaum noch abzuwenden. Ohne die Sanktionen hätte der Wert der Lieferungen nach Russland in diesem Jahr vier Millionen Euro betragen.
Jetzt rechnet Geschäftsführer Koschmieder mit einem Rückgang von 15, wenn nicht gar bis zu 25 Prozent. Den Risiken wolle man eine Doppelstrategie entgegen setzen. Zum einen würden sämtliche abgeschlossenen Verträge erfüllt, zum Termin und in bester Qualität. Dazu gehörten beispielsweise Ausrüstungen für Umspannwerke. Koschmieders Hoffnung: So bleibt die Tür nach Osten weiter offen. Zum anderen muss sich die Feag neu orientieren, andere Märkte erschließen, um die Ausfälle mittelfristig ausgleichen zu können.
Nicht abwarten, sondern aktiv werden. So will das Unternehmen Leuna Euro-Kommerz, das Spezialchemikalien exportiert, die Schwierigkeiten meistern. Auch wenn die Bedingungen nicht wirtschaftsfreundlich seien, so Geschäftsführer Matthias Keller, würden bestehende Beziehungen weiter intensiv gepflegt und neue Kontakte in Russland und verstärkt auch in der Ukraine angebahnt. Dabei erweise sich die eigene Repräsentanz in Moskau als wichtige Brücke. Trotz eines Umsatzrückgangs von 30 Prozent, den Leuna Euro-Kommerz in Folge der Sanktionen verzeichne, bestehe mit den Partnern im Osten eine große Übereinstimmung: „Wir müssen jetzt zwar überwintern, aber es gibt ein Leben nach der Krise“, so Müller. Allerdings gehe das, wie sich zeigt, mit Verlusten an der Substanz einher. So arbeite Leuna Euro-Kommerz im Russland-Geschäft mittlerweile auf Rubel-Basis und trägt damit auch ein nicht geringes Währungsrisiko. Um aber im Geschäft zu bleiben, so Müller, bleibe ihm gar keine andere Wahl: „Im Endeffekt müssen wir günstiger verkaufen.“
Obstbauern sind große Verlierer der Sanktionen
Zu den größten Verlierern der Sanktionen gehören die Obstbauern. Udo Jentzsch, Geschäftsführer des Verbandes „Sächsisches Obst“, der auch den Berufsstand aus Sachsen-Anhalt vertritt, beklagt: „Nicht einen einzigen Apfel haben wir nach Russland verkaufen können.“ Da die Polen gleichfalls auf ihren Früchten sitzen geblieben seien, herrsche ein enormes Überangebot - verbunden mit Preisverfall. Viele Apfelbauern müssten draufzahlen, um die Ernte in den Handel und in die Mostereien bringen zu können. „Eine ruinöse Situation“, so Jentzsch. Die Hilfsprogramme der EU hätten bislang keine Wirkung. Nicht einmal die kostenlose Verteilung von Äpfeln an Schulen und in Kindergärten funktioniere reibungslos. (mz)