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Flugausfälle bei Billigflieger Ryanair Flugausfälle: Personalchaos beim irischen Billigflieger

Von Steffen Höhne 18.09.2017, 15:20

Halle (Saale) - „Hat sich Michael  O'Leary  bereits selbst gefeuert? Falls nicht, sollte er es  schnell tun.“ Beim Kurznachrichtendienst Twitter war dieser Tweed noch einer der besonneneren. Viele Fluggäste der irischen Billig-Airline machten ihren Ärger über kurzfristig abgesagte Flüge über die sozialen Netzwerke Luft. Vor allem Ryanair-Chef O’Leary, der stets großspurig die Pünktlichkeit seiner Airline betont und Wettbewerber als Loser verspottet, wird nun  Ziel der Kritik.

Ryanair hat Ende vergangener Woche  überraschend angekündigt, kurzfristig bis zu 50 Flüge täglich zu streichen.  Bis Ende Oktober könnten so rund 2.000 Flüge entfallen. Begründet wurde das damit, dass die Pünktlichkeitsquote der Airline unter 80 Prozent gesunken ist. Die Billigfluggesellschaft verwies darauf, dass das nur zwei Prozent der Flüge im europäischen Netzwerk betreffe. Doch bereits am Wochenende gab es 162 Flugausfälle - 80 am Samstag und 82 am Sonntag.

Als Grund für die Ausfälle kursieren derzeit drei Versionen. Die erste stammt von Ryanair selbst: Danach haben zuletzt Fluglotsenstreiks in Frankreich, schlechtes Wetter und urlaubsbedingte Verschiebungen bei den Crews zu den vielen Verspätungen geführt. Die Fluggesellschaft hatte im Sommer ihr Flugnetz ausgebaut. Dabei sei aber ein Rückstau an Resturlaubstagen bei den Flugbesatzungen entstanden, der bis Jahresende abgebaut werden müsse, teilte Ryanair der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit. Die Urlaubsplanung der Piloten wurde vermasselt, heißt es.  „Wir entschuldigen uns aufrichtig bei einer kleinen Anzahl von Kunden, die von den Ausfällen betroffen sind“, sagte Ryanair-Manager Robin Kiely.

Piloten-Gewerkschaft zur Situation bei Ryanair: „Piloten suchen das Weite“

Eine etwas andere Version vom Mitarbeiter-Mangel liefert die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC): „Ryanair-Mitarbeiter sagen uns, es werden Flüge gestrichen, weil Piloten das Weite suchen“, sagte VC-Sprecher Markus Wahl der MZ. Die irische Billigfluggesellschaft habe eine hohe personelle Fluktuation, weil sie niedrigere Gehälter zahle als die Wettbewerber. „Viele Piloten versuchen, zu anderen Gesellschaften zu wechseln“, so Wahl. Die Iren hätten daher bereits angefangen, auch Piloten aus Südamerika anzuwerben.

Die Einschätzung der Gewerkschaft wird durch einen Bericht der  Zeitung „Irish Independent“ gestützt. Danach habe Ryanair  Einstellungsprobleme und damit angefangen, neuen Piloten eine Antrittsprämie von 10.000 Euro anzubieten. Seit Jahresbeginn verlor die nach Passagieren größte Fluggesellschaft Europas mehr als 140 Piloten an den Konkurrenten Norwegian Air. Ryanair äußerte sich nicht dazu. Sollte die Zahl stimmen, sagt das viel über das Arbeitsklima bei Ryanair aus. Denn auch Norwegian Air wurde zuletzt kritisiert,  das Personal  eher schlecht zu bezahlen.

Die dritte Version zu den Flugausfällen liefern die Luftverkehrsexperten Cord Schellenberg und Gerald Wissel.  Laut Schellenberg könnte sich Ryanair auch auf den möglichen Fall vorbereiten, dass die insolvente  Air Berlin ihren Flugbetrieb aus Geldmangel vorzeitig einstellen muss.   „Ryanair könnte versuchen, dann in  die Lücke zu springen, die Air Berlin hinterlässt.“   Wissel, von der Beratungsgesellschaft Airborne, sagte: „Im Fall eines vorzeitigen „Groundings“ der Air Berlin müssten die begehrten Start- und Landerechte vom zuständigen Koordinator der Bundesrepublik sofort neu vergeben werden.“

Flugasufälle bei Ryanair: In Deutschland nur vereinzelt Flüge betroffen

Den Zuschlag könnten aber nur Gesellschaften erhalten, die dann auch mit entsprechenden Flugzeugen die Strecken tatsächlich fliegen könnten. Dafür wolle Ryanair einige Maschinen in der Hinterhand haben, meinte Wissel. Die irische Gesellschaft hat nach eigenen Angaben nicht für Betriebsteile der Air Berlin geboten. VC-Sprecher Wahl hält es wiederum für unwahrscheinlich, dass Ryanair aus diesem Grund die Verbindungen absagt.

Ryanair hat die Liste mit den gestrichenen Flügen bis Mittwoch ins Internet gestellt. Betroffen sind vor allem die Drehkreuze London-Stansted, Mailand-Bergamo und Brüssel. In Deutschland fallen nur vereinzelt Flüge in Berlin-Schönefeld, Hamburg und Frankfurt-Hahn aus. Dennoch dürfte auch hierzulande ein Imageschaden entstehen.  Auf Twitter schreibt ein Nutzer: „Letzte Woche: Wir arbeiten Wirtschaftlicher als alle andern! Heute: Sorry, Urlaubsplanung verkackt, 50 Flüge pro Tag gestrichen!“ (mz)